Kommunikation in der Beziehung

Paarkommunikation verbessern: Nur noch Streit oder Anschweigen? Diese Tipps helfen

Julia Großmann

Dein Partner oder deine Partnerin hört dir nie richtig zu? Ihr streitet ständig? Häufige Szenarios, Fehler und wie ihr eure Paarkommunikation verbessern könnt.

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Hast du das Gefühl, dass du und dein*e Partner*in ständig aneinander vorbeiredet? Irgendwann gibst du es vielleicht auf und eure Kommunikation nimmt immer mehr ab. Oder aber jedes Gespräch endet in einem Streit?

Eine offene und ehrliche Kommunikation ist der Schlüssel für eine funktionierende Beziehung. Wenn Bedürfnisse, Sorgen oder Probleme gar nicht oder nicht richtig kommuniziert werden, kann das zur Zerreißprobe für eure Partnerschaft werden.

Die psychologische Online-Beraterin Theresa Feulner, Expertin für Dating und Beziehungen, erklärt in diesem Gastbeitrag, welche Fehler bei der Kommunikation auftreten können und welche Tipps helfen, um eure Paarkommunikation zu verbessern.

Paarkommunikation verbessern: Die vier apokalyptischen Reiter von John Gottman

Theresa Feulner: Der amerikanische Paartherapeut und Forscher John Gottman erforschte den Einfluss von negativen Kommunikationsmustern auf Paare. Er kommt auf vier sogenannte „apokalyptische Reiter“, die bei ungesunder Paarkommunikation auftreten.

Ich möchte diese Muster anhand von Anja und Nils veranschaulichen, ein Paar, dass sich gerade streitet, weil Anja meint, dass Nils auf der Geburtstagsfeier von gemeinsamen Freunden mit anderen Frauen geflirtet hat:

  • Der erste dieser vier apokalyptischen Reiter ist die verallgemeinernde Kritik. Der Forscher unterscheidet zwischen spezifischer Kritik, die okay ist, und allgemeiner Kritik gegen die Person, die zu dem apokalyptischen Reiter gehört. Die allgemeine Kritik sieht in Anjas Situation so aus: „Du bist immer so flirty mit anderen Frauen! Nie denkst du an mich und wie es mir damit geht! Es ist doch immer das Gleiche.“

  • Der zweite apokalyptische Reiter ist die Verachtung. Verachtung kann z. B. durch Augenrollen, Sarkasmus oder Beleidigungen ausgedrückt werden. So könnte eine Reaktion von Nils aussehen: „Ich flirte mit anderen? Du spinnst wohl! Ich kann es nicht glauben, dass du mir so etwas vorwirfst. Weißt du was, das willst du doch hören: Klar, ich stehe eigentlich auf Sabine. Gut, dass du das jetzt endlich herausgefunden hast. Bist du jetzt zufrieden“? (Augenrollen)

  • Der dritte apokalyptische Reiter ist die Abwehr. Der*die Partner*in fühlt sich angegriffen und reagiert darauf dann mit Verteidigung. Dabei wird oft keine eigene Verantwortung anerkannt, sondern die Schuld auf die andere Person geschoben. Nils: „Das stimmt überhaupt nicht, was du hier behauptest. Außerdem, ich will dich nur mal daran erinnern, dass du mich vor zwei Monaten auf einer Feier den ganzen Abend ignoriert hast. Kein Wort hast du mit mir gewechselt! Glaubst du, ich fand das toll?“

  • Der vierte apokalyptische Reiter steht für Mauern. Dabei handelt es sich um ein Ignorieren, Schweigen oder Weglaufen des Partners oder der Partnerin. Er*sie kann die Situation nicht ertragen und verlässt einfach den Raum. Beispiel: Anja läuft daraufhin weg und schaltet den Fernseher im Zimmer nebenan ein.

Kommunikationsprobleme in der Beziehung: Weitere Ursachen und Fehler

  • Neben den apokalyptischen Reitern zählt jeglicher Ausdruck von Gewalt als Anzeichen für eine ungesunde Paarkommunikation. Dazu gehören verbale Gewalt wie Schreien, physische Gewalt wie gegen Wände zu schlagen, etwas zu zerstören oder den*die Partner*in zu schlagen.

  • Zusätzlich ist es problematisch, wenn Paare im Zuge des apokalyptischen Reiters der Verteidigung immer wieder Situationen aus der Vergangenheit anführen. Wenn ein*e Partner*in sehr nachtragend ist und keine Fehler verzeihen kann, sondern immer wieder alte Geschichten aufrollt.

  • Auch ein „Gewinnen wollen“ ist in Konflikten schwierig. Wenn niemand nachgeben oder sich entschuldigen kann, weil jeder recht haben will, ist das keine gesunde Form der Paarkommunikation.

  • Wenn eine Person nicht auf die andere zugehen, sich nicht entschuldigen oder keine Kompromisse eingehen kann, ist das problematisch. Denn diese Fähigkeiten sind notwendig, um sich wieder zu versöhnen.

Nicht mehr aneinander vorbeireden: Wie Paare ihre Kommunikation verbessern können

Doch wie schafft ihr es, eure Kommunikation wirklich zu verbessern? Tipps von Expertin Theresa Feulner:

Paarkommunikation kann im ersten Schritt dadurch verbessert werden, dass ihr euch damit beschäftigt und darüber sprecht, wie eure Kommunikation aussieht und wie es euch damit geht. So kann sich ein Paar z. B. gegenseitig daran erinnern, wenn es in das Muster einer der vier apokalyptischen Reiter fällt.

Außerdem kann ich jedem Paar empfehlen, die Fähigkeiten gesunder Kommunikation zu trainieren, das kann jeder lernen. Wie man in Konflikten miteinander spricht lehrt die Methode der gewaltfreien Kommunikation. Daneben ist das aktive Zuhören besonders wichtig.

Gewaltfreie Kommunikation: Methode um eure Paarkommunikation zu verbessern

Die Methode der gewaltfreien Kommunikation besagt, dass wir selbst für unsere Gefühle verantwortlich sind. Man sieht daher davon ab, den anderen zu beschuldigen oder anzuklagen. Die Haltung ist wertschätzend, es soll darum gehen, den anderen zu verstehen. Konkret sieht die Methode so aus:

Wenn du einen Konflikt mit deinem*r Partner*in hast oder etwas ansprechen möchtest, was dich stört, solltest du die Situation möglichst objektiv, ohne Wertung beschreiben. Denn wir interpretieren oft falsche Absichten in das Verhalten des anderen hinein. Es ist wichtig zu lernen, eine Beobachtung von einer Interpretation zu trennen! Im nächsten Schritt geht es darum, deine Gefühle in Ich-Botschaften zu kommunizieren. Wie fühlst du dich? Was macht das mit dir? Dann kannst du auch deine Bedürfnisse und Wünsche kommunizieren.

Wie könnte sich Anja also in dem ausgedachten Szenario verhalten? Statt: Du flirtest immer (Bewertung). Besser: Wenn ich sehe, dass du dich viel mit anderen Frauen unterhältst und wir uns an dem Abend nicht unterhalten (Beobachtung), dann fühle ich mich traurig und allein (Gefühl). Denn ich brauche deine Nähe und Wertschätzung, auch wenn wir mit anderen Menschen zusammen sind (Bedürfnis). Könntest du nächstes Mal mehr Zeit mit mir verbringen, wenn wir zusammen auf einer Feier sind oder mir durch andere Gesten und Worte zu verstehen geben, dass ich dir wichtig bin und du mich liebst (Wunsch)?

Generell ist es wichtig, dass beide versuchen, Verständnis und Akzeptanz für die Perspektive des anderen zu zeigen, und sich entschuldigen können, wenn sie den anderen verletzt haben.

Noch mehr zum Thema empathisch Kommunizieren liest du hier:

Paarkommunikation verbessern: Mit aktivem Zuhören

Beim aktiven Zuhören ist folgendes wichtig: Versuche nicht schon während der andere spricht, deine Antwort vorzubereiten. Frage dich, welche Gefühle und Bedürfnisse bei dir ankommen. Versuche, den anderen zu verstehen, und frage nach, wenn du etwas nicht verstanden hast. Wiederhole gerne das, was du verstanden hast, in deinen Worten. Die Grundhaltung ist geprägt durch Interesse, Verständnis und Offenheit gegenüber deinem*r Partner*in.

Beispiel von Nils: „Wenn ich dich richtig verstanden habe, dann bist du traurig, weil ich viel Zeit mit anderen Frauen verbracht habe. Verstehe ich richtig, dass dir besonders Nähe und Wertschätzung wichtig ist? Oder gibt es noch etwas anderes, was du in der Situation gebraucht hättest? Es tut mir leid, wenn dich das traurig gemacht hat. Ich kann verstehen, dass die Situation für dich schwierig war. Lass uns gerne zusammen überlegen, wie wir in solchen Situationen in Zukunft miteinander umgehen können, damit du dich von mir wertgeschätzt fühlst.“

Weitere Tipps für die Kommunikation in der Beziehung findest du hier:

„Wir streiten nur noch“: Was hilft, wenn ein Paar besonders viel streitet?

Theresa Feulner: Wenn ein Paar besonders viel streitet, dann kann es hilfreich sein, die Dynamik dahinter zu verstehen. Geht es immer um dieselben Themen nur in verschiedenen Facetten? Oder reagieren beide immer ähnlich, egal, welches Thema behandelt wird? Diese Muster können dann verstanden und bearbeitet werden, zum Beispiel in einer Paarberatung.

Aber die Konflikte und Meinungsverschiedenheiten sind tatsächlich oft nicht das Problem. Es geht darum, wie die Konflikte in der Partnerschaft ausgetragen werden. Daher würde ich sehr konfliktreichen Paaren auch raten, zu lernen, wertschätzender in Konflikten miteinander umzugehen.

Außerdem ist entscheidend, in welchem Verhältnis negative zu positiven Interaktionen auftreten. Der Paartherapeut John Gottman hat herausgefunden, dass eine 5:1 Regel erforderlich ist, um eine glückliche, stabile Partnerschaft zu führen. Das bedeutet, dass auf eine negative Interaktion wie z. B. ein hitziger Streit fünf positive wie z. B. Interesse zeigen, Wertschätzung ausdrücken etc. kommen müssen, um sie auszugleichen.

Wenn ein Paar sehr viel streitet, dann kann dieses Verhältnis ins Ungleichgewicht geraten und dazu führen, dass beide unzufrieden werden und die Beziehung irgendwann zerbricht. Daher ist es wichtig, die Balance zu halten und nach einem Konflikt auch wieder Zuneigung, Interesse und Wertschätzung auszudrücken.

„Er redet nicht mit mir“: Wenn die Kommunikation eingeschlafen ist

Kann man die Paarkommunikation verbessern, wenn man das Gefühl hat, ein*e Partner*in kommuniziert gar nicht mehr mit der anderen Person?

Theresa Feulner: Wenn ein*e Partner*in gar nicht mehr kommuniziert, dann ist der erste Schritt, das offen anzusprechen. Wie fühlst du dich damit, dass der andere sich so zurückgezogen hat? Dann geht es darum, zu verstehen, wieso der andere sich so verhält: Bist du vielleicht immer anklagend und kritisierend, dein*e Partner*in möchte Streit aber vermeiden?

Im nächsten Schritt geht es dann darum, zu schauen, wie ihr gemeinsam die Situationen verbessern und verändern könnt, die dazu führen, dass sich einer so zurückgezogen hat. Auch hier kann es helfen, mit aktivem Zuhören und gewaltfreier Kommunikation an eurer Paarkommunikation zu arbeiten.

Mehr Tipps für gute Gespräche und tiefgründige Gesprächsthemen findest du hier:

Artikelbild und Social Media: fizkes/iStock