Persönliche Grenzen

Grenzen setzen: So lernst du Nein zu sagen, um dich vor emotionaler Ausbeutung zu schützen

Julia Großmann

Ob in einer Freundschaft, im Job oder in deiner Partnerschaft: Es ist wichtig, sich seinen eigenen Grenzen bewusst zu sein und sich für diese einzusetzen. So lernst du Grenzen zu setzen.

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Der*die Chef*in verlangt schon wieder von dir, dass du Überstunden machst? Dein*e Partner*in neigt dazu, dich zu bevormunden? In Beziehungen mit anderen kann es immer wieder dazukommen, dass du ungerecht behandelt wirst. Doch um das zu verhindern, ist es erforderlich, dass du nicht alles mit dir machen lässt.

Doch vielleicht ist dir gar nicht bewusst, dass es in manchen Beziehungen an klaren Grenzen fehlt. Gerade wer gerne in Harmonie lebt und Streit vermeiden möchte, neigt eher dazu, zu allem Ja zu sagen und die eigenen Bedürfnisse hinten anzustellen. Doch wenn du dir deiner persönlichen Grenzen nicht bewusst bist und diese nicht setzt, wird es immer Menschen geben, die das ausnutzen, deine Grenzen überschreiten und dich emotional aussaugen.

Erfahre mehr darüber, wieso es so wichtig ist, Grenzen zu setzen, welche Tipps dir dabei helfen und in welchen verschiedenen Situationen in deinem Leben klare Grenzen notwendig sind.

Was bedeutet es, Grenzen zu setzen?

Zunächst einmal bedeutet Grenzen setzen, dass du weißt, welche Dinge für dich in Ordnung sind und welche nicht und im Folgenden dafür zu sorgen, dass keiner diese Grenzen überschreitet.

Welche Worte, Handlungen und Dinge Grenzen darstellen, ist sehr individuell. Während eine Person sich darüber freut, dass der*die Partner*in leicht eifersüchtig ist, fühlt sich eine andere Person dadurch eingeschränkt.

Daher ist es unumgänglich, dass du dir einmal bewusst machst, wo deine Grenzen liegen. Zusätzlich kann es helfen, dich zu fragen, was deine Bedürfnisse in verschiedenen Beziehungen sind und ob diese erfüllt werden.

Grenzen setzen: Warum fällt es uns so schwer, Nein zu sagen?

Eine Grenze zu setzen hat oftmals mit einem lauten „Nein“ zu tun. Häufig fällt es uns eher schwer, Nein zu sagen. Aber warum ist das eigentlich so? Ein Nein wird leicht mit Ablehnung verwechselt. Dabei ist ein Nein vielmehr eine klare Haltung und die Fähigkeit, zu den eigenen Möglichkeiten, Grenzen und Bedürfnissen zu stehen. Du kannst es nicht jedem Recht machen und das musst du auch gar nicht!

Wenn du aus Angst vor Streit oder Unverständnis deines Gegenübers Ja zu etwas sagst, zu dem du eigentlich Nein sagen willst, dann lässt du zu, dass die Meinung anderer wichtiger ist als deine eigene. Welche Tipps dir im Speziellen helfen, damit dir egal wird, was andere von dir denken, liest du hier:

Persönliche Grenzen setzen: Diese Tipps können dir helfen

  • Beschäftige dich mit deinen persönlichen Werten, Zielen und Vorstellungen in und vom Leben. Wie möchtest du behandelt werden? Wie behandelst du andere? Wie sollte die bestmögliche Kommunikation mit anderen aussehen? Nur wenn du dir bewusst machst, was dir wirklich wichtig ist, kannst du dann Grenzen setzen, um diese Werte zu schützen.

  • Wann hast du das letzte Mal zu etwas Ja gesagt, obwohl du Nein sagen wolltest? Versuche dich bewusst zu erinnern, wann du jemals das Gefühl hattest, nicht für dich eingestanden zu sein und deine (nicht klar vorhandenen) Grenzen überschritten wurden. Warum hast du dich so verhalten? War es aus Angst, aus Unsicherheit?

  • Mache dir bewusst, dass du der wichtigste Mensch in deinem Leben bist. Natürlich gibt es bestimmte Regeln und Momente, in denen wir nicht immer unseren Willen durchsetzen können. Aber wenn du dir mehr Arbeit und Termine auflädst, als du schaffen kannst, dann ist es dein gutes Recht, deinem*r Chef*in, deinem*r Partner*in oder deinen Freund*innen zu sagen, dass es zu viel ist. Was ist das Schlimmste, was passieren kann? Dass eine Person sauer auf dich ist? Dann ist es so. Dass du gefeuert wirst? Das wäre natürlich nicht gut. Aber willst du wirklich in einem Job arbeiten, in dem dir viel mehr Aufgaben gegeben werden, als du schaffen kannst, in dem du Überstunden machen musst?

  • Lerne Nein zu sagen: Wenn du das nächste Mal den Impuls verspürst, Nein zu sagen, dann traue dich und kommuniziere deine Grenzen klar und selbstbewusst. Das bedeutet nicht, dass du zu deinem Gegenüber unfreundlich werden sollst. Indem du selbstbewusst sagst, was du willst oder nicht willst, zeigst du, dass du dich für dich selbst starkmachst. Im besten Fall wirst du merken, dass deine Grenzen für die Person gar kein Problem ist und sie dir mit Verständnis begegnet. Und wenn sie doch verärgert ist, dann akzeptiere auch das, bleibe standhaft und freue dich darüber, dass du für dich selbst eingestanden bist.

  • Grenzen setzen kann auch bedeuten, dass du einer Person mitteilst, welches Verhalten dich stört. Hierbei ist es wichtig, dass du sagst, was du dir in Zukunft wünschen würdest. Ein*e Freund*in kommt immer zu spät zu euren Verabredungen? Für dich ist Pünktlichkeit eine Sache von Respekt und sein*ihr Zuspätkommen vermittelt dir, dass ihm*ihr eure Freundschaft nicht so wichtig ist. Doch aus Angst um eure Freundschaft sagst du nichts. Versuche es doch das nächste Mal zum Beispiel damit: „Ich würde mir wünschen, dass du beim nächsten Mal pünktlich kommst oder mir zumindest rechtzeitig Bescheid gibst, wenn es später wird, dann kann ich mich danach richten.“

  • Lerne deine Grenzen stets zu verteidigen. Wenn du merkst, dass bestimmte Menschen deine Grenzen nicht achten, obwohl du sie vermehrt darauf hingewiesen hast, dann solltest du dir womöglich die Frage stellen, ob es dir guttut, diese Personen in deinem Leben zu haben? Grenzen setzen, Nein sagen ist im Grunde nichts anderes als Selbstliebe. Und Selbstliebe bedeutet manchmal auch, schwere Entscheidungen zu treffen und Menschen loszulassen, die dir schaden. In deinem Leben bist du vor allem einer Person Rechenschaft schuldig und das bist du selbst. Also nehme deine Grenzen ernst und setze dich für dich selbst ein!

Grenzen setzen in Beziehungen

Gerade in zwischenmenschlichen Beziehungen ist es wichtig, Grenzen zu setzen. Sei es in der Partnerschaft, in der Beziehung mit deiner Mutter oder deinem Vater oder einem*r Freund*in. Menschen, die uns nahestehen und viel bedeuten, wollen wir in der Regel nicht enttäuschen oder verletzten. Hinzu kommen Wünsche nach Anerkennung und Liebe.

In der Kindheit hast du vielleicht gelernt, dass du etwas leisten musst, um geliebt zu werden. Wenn du gute Noten nach Hause gebracht hast, waren deine Eltern stolz. Sah dein Zeugnis schlecht aus, gab es Ärger. Doch dieser Glaubenssatz aus deiner Kindheit führt dann auch heute noch dazu, dass du Angst hast, etwas falsch zu machen, weil du fürchtest, dann nicht mehr genug zu sein und nicht mehr geliebt zu werden.

Wahre Liebe ist bedingungslos. Du machst Fehler, hast andere Meinungen und sagst Nein, setzt Grenzen und trotzdem wirst du geliebt. Denn wenn dich jemand nur anerkennt, schätzt und liebt, wenn du dieser Person alles Recht machst, dann hat das einen hohen Preis. Wie du Glaubenssätze aus deiner Kindheit erkennst, auflöst und dein inneres Kind heilst, liest du hier:

Auch kann es zu Grenzüberschreitungen kommen, weil dein*e Partner*in toxische Verhaltensweisen aufzeigt. In einer gesunden Beziehung sollten beide Partner*innen versuchen, die Grenzen des jeweils anderen zu wahren. Doch in toxischen Beziehungen kann es dazukommen, dass ein*e Partner*in den anderen emotional manipuliert, aussaugt und emotionale Grenzen überschreitet. Woran du das erkennst und wie du dich in einer solchen Partnerschaft verhalten kannst, liest du hier:

Grenzen setzen im Job

Doch nicht nur in Beziehung fällt es schwer, Grenzen zu setzen. Auch im Job kann es schnell passieren, dass Grenzen überschritten werden. Du brauchst deinen Job vermutlich, um dein Leben zu finanzieren. Würde er also einfach wegfallen, wärst du vor ein Problem gestellt. Die Angst, etwas falsch zu machen und den Job dadurch aufs Spiel zu setzen, kann dazu führen, dass du eher bereit bist, Dinge zu tun, die du eigentlich nicht tun möchtest.

Natürlich sollte man bei der Arbeit auch bereit sein, Aufgaben zu übernehmen, die vielleicht nicht zu den Lieblingsbeschäftigungen zählen. Doch wenn dein*e Chef*in dir immer wieder kurz vor Feierabend neue Aufgaben zuteilt, die (sofort) erledigt werden müssen, du unbezahlte Überstunden machst oder ein*e Kolleg*in deine Hilfsbereitschaft ausnutzt und dich seine*ihre Arbeit machen lässt, dann läuft etwas schief. Denn auch wenn es schön und wichtig ist, in deinem Beruf alles zu geben, so solltest du dich auch hier fragen, wo du persönliche Grenzen ziehen solltest.

Denn ohne Grenzen im Job kann es dazukommen, dass du irgendwann ein Burnout bekommst. Um das zu verhindern, solltest du Warnsignale frühzeitig erkennen und Grenzen setzen.

Fazit: Grenzen setzen und emotionale Ausbeutung verhindern

Wenn du keine persönlichen Grenzen setzt, dann wird es immer wieder Menschen geben, die dein Verhalten ausnutzen. Sei es dein Arbeitgeber, der dir mehr zumutet als angemessen oder dein*e toxische*r Partner*in, der*die dich emotional ausbeutet.

Wenn du weißt, wer du bist, was dir wichtig ist, wie du behandelt werden möchtest, dann kannst du die für dich richtigen und wichtigen Grenzen leichter setzen. Wenn du dich selbst liebst und achtest, dann wirst du gar nicht erst zulassen, dass jemand deine Grenzen überschreitet.

Artikelbild und Social Media: fizkes/iStock