Bin ich beziehungsunfähig? Wie Bindungsangst entsteht!
Bin ich beziehungsunfähig? Wie Verlustangst und Bindungsangst entstehen und was dir helfen kann, doch noch eine liebevolle Beziehung zulassen zu können.
- Diagnose Beziehungsunfähigkeit – Gibt es die überhaupt?
- Was Bindungsangst und Verlustangst gemeinsam haben
- Wie gefährliche Schutzstrategien dich am Lieben hindern
Beziehungsunfähig? Wie Angst dich am Lieben hindert
Charmant, intelligent, attraktiv – und dennoch Single: Kein Wunder, dass sich viele Frauen fragen, ob irgendetwas nicht mit ihnen stimmt. Eine Erklärung, die dann häufig folgt, lautet: „Ich bin dann wohl beziehungsunfähig.“
Bin ich beziehungsunfähig? Der Begriff allein sorgt schon für Unbehagen, denn er klingt so unveränderlich und so trostlos. Wie die Diagnose einer schlimmen Krankheit.
Doch Eric Hegmann, Paarberater und Parship-Coach, stellt klar: „Jeder Mensch ist zu einer tiefen Bindung fähig, aber nicht jede Beziehung tut auch gut“. Wie Bindungsangst und Verlustangst entstehen und uns am Lieben hindern, erklärt er hier:
"Beziehungsunfähig ist ein Unwort. Vor allem aber ist es keine Diagnose. Kein seriöser Arzt, Psychologe oder Fachmann würde dir jemals eine solche Diagnose stellen.
Zugegeben, nicht jeder Mensch hat das gleiche Beziehungspotential, das heißt, es gibt durchaus Egoisten, Pessimisten und aufbrausende oder aggressive Zeitgenossen, die einfach nicht mitbringen, was es braucht, um es mit ihnen lange in einem Raum auszuhalten.
Aber um die geht es nicht, sondern um all jene mit ganz normalen Bedürfnissen nach Nähe, nach Intimität, nach Geborgenheit und Zuneigung. Also um all die, die immer wieder an die Falschen geraten, die sich vor allem in die verlieben, die keine Beziehung wollen oder sich nicht in die verlieben können, die Interesse an ihnen zeigen.
Das sind eine ganze Menge Menschen und gefühlt werden es immer mehr. Als würde eine unbekannte Macht diejenigen zusammenbringen, die nicht zusammenpassen, weil irgendwie immer einer mehr will als der andere. Einer bemüht sich und je mehr er das tut, umso schneller flüchtet der Umworbene.
Das ist übrigens nicht geschlechtsspezifisch. Auch Männer klagen über Frauen, die sich nicht entscheiden oder binden können. Wer ganz ehrlich ist, kennt sich nämlich in der einen wie in der anderen Situation. Mal gibt man alles und wird enttäuscht, mal ist man das Ziel von Werbeversuchen, die einfach nicht erfolgreich sind.
Eigentlich wünscht du dir eine liebevolle Beziehung?
Oft leiden gerade die unter unbewusster Bindungsangst, die sich sehnlich eine Beziehung wünschen. Der Grund dafür ist Angst, genauer gesagt Verlustangst (wenn du dich bemühst) oder Bindungsangst (wenn du flüchtest). So gegensätzlich diese Verhaltensweisen auch klingen: sie haben denselben Ursprung. Deshalb treten sie auch immer wieder in jener unglücklich machenden Kombination auf, denn die vermeintliche „Macht“, die verlustängstliche und bindungsängstliche Singles zusammenführt, ist das menschliche Bindungssystem.
Klingt kompliziert, aber letztlich bedeutet der Wunsch nach Nähe ja immer, dass man sich austauschen möchte, dass man angenommen werden möchte und auch, dass man sich sicher und beschützt fühlen will.
Wie stark diese Bedürfnisse sind, hat ganz direkt mit deinem Selbstwertgefühl zu tun. Ist das verletzt worden, wird dein Wunsch nach Sicherheit wahrscheinlich besonders ausgeprägt sein. Oder du wirst dir besonders viel Anerkennung wünschen, um dich dadurch sicherer zu fühlen.
Verlustangst und Bindungsangst sind deshalb die zwei Seiten derselben Medaille: ein niedriger Selbstwert. Es handelt sich nur um unterschiedliche Strategien.
„Beziehungsunfähige“ Menschen möchten sich schützen
Um nicht verletzt zu werden, entwickeln Menschen Schutzmaßnahmen. Das sind Verhaltensweisen, die verhindern sollen, dass sie erneut in gefährliche Situationen geraten. Ein verlustängstlicher Typ will verhindern, dass er den Schmerz einer Trennung nochmals erleben muss. Ein bindungsängstlicher Typ auch – nur lässt er einfach niemanden so nahe an sich heran, dass es überhaupt zu einer Trennung kommen kann.
Wer einmal verletzt wurde, entwickelt diese Schutzstrategien, damit sich das nicht wiederholt: Verlustangst oder Bindungsangst
„Beziehungsunfähige“ Menschen haben die eine oder die andere Strategie verinnerlicht, oftmals unbewusst. Es kann gut sein, dass gerade jemand, der nichts sehnlicher möchte als eine Beziehung, insgeheim sich sabotiert. Beispielsweise durch besonders hohe Ansprüche. Denn wenn kein Kandidat gut genug ist, dann kann es auch nicht zu einer schmerzhaften Trennung kommen.
Ängstliche Bindungstypen ziehen sich an
Es liegt in der Natur der Sache, dass immer wieder „beziehungunsfähige“ Menschen, also in Wahrheit ängstliche und vermeidende Bindungstypen, aufeinandertreffen und sich gegenseitig permanent anziehen und abstoßen. Diese Kombination geht fast nie gut. Und weil sie immer wieder erlebt wird, bestätigt sich bei den Betroffenen der Glaubenssatz: „Etwas stimmt nicht mit mir.“
Wenn negative Überzeugungen als Glaubenssätze verinnerlicht werden, leidet der Selbstwert.
Dein Selbstwert nun hängt mit solchen Glaubenssätzen zusammen. Ganz viele entwickeln sich in den frühen Jahren der Kindheit durch deine Bezugspersonen wie deine Eltern.
Wie kannst du dir diese Entwicklung vorstellen? Als kleine Kinder hinterfragen wir nicht, was unsere Eltern machen. Was die machen, nehmen wir als richtig wahr.
Warum wir uns so oft wertlos fühlen
Sagen oder zeigen uns unsere Eltern: „Das war nicht gut, du machst aber auch nichts richtig“, werden wir das glauben. Wie werden das verinnerlichen. Daraus entsteht dann ein Glaubenssatz, der lauten kann: „Ich bin nicht genug.“ Aus einem Verhalten, das immer wieder zeigt, nur wenn du brav und artig bist, dann haben Vater und Mutter dich auch lieb, kann der Glaubenssatz entstehen: „Um Liebe zu erhalten, muss ich mir Mühe geben.“
Negative Glaubenssätze sind beispielweise auch: „Ich bin nicht willkommen, Ich bin lästig, Ich bin unwichtig, Ich muss auf deine Gefühle Rücksicht nehmen. Meine Wünsche sind egal.“
Sie schreiben sich ganz tief in unsere Programmierung. Unser Bindungsverhalten ist also so etwas wie unsere Programmierung, wie wir auf Menschen zugehen und welche Menschen wir uns möglichst nahe wünschen. Und diese Programmierung ist veränderbar.
Du kannst aus deinen Schutzstrategien ausbrechen, wenn du das wirklich möchtest – und notfalls mit Unterstützung.
Natürlich ist es auch eine bewusste Entscheidung, in einem schmerzhaften Muster zu verharren, also allein zu bleiben oder sich nur auf Beziehungsmodelle einzulassen, die nicht tief genug gehen, um schmerzvoll enden zu können. Freundschaft Plus, Mingle-Beziehungen, Fast-Beziehungen sind solche Lösungen, die mal besser und sehr häufig vor allem schlechter funktionieren.
Beziehungsunfähigkeit gibt es nicht. Lass es dir nicht einreden. Untersuche stattdessen die negativen Überzeugungen, die zu den Schutzmaßnahmen führen, mit denen du dir erneute Verletzungen ersparen möchtest.
Wenn du erst einmal die Programmierung durchschaut hast, die dein Bindungsverhalten steuert, wirst du ganz schnell erkennen, welches Verhalten dir tatsächlich schadet und welches dir guttun kann."
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