Rechtliche Vorsorge

Eheähnliche Lebensgemeinschaft: Wovor ihr euch schützen solltet und welche Vorteile ihr nutzen könnt

Eine eheähnliche Lebensgemeinschaft ist für viele Paare ebenso gut, wie verheiratet zu sein. Viele verzichten heutzutage auf den Trauschein, aber das kann fatale Folgen haben. Wir klären auf: In welchen Fällen muss juristisch vorgesorgt werden und was muss beim Zusammenleben ohne Heirat unbedingt bedacht werden?

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Eine Ehe ist heutzutage kein gesellschaftliches Muss mehr – und das ist auch gut so. Schließlich sollten Paare sich ganz frei für oder gegen eine Heirat entscheiden. Ganz so einfach ist es aber leider nicht. Zwar sind Paare, die in „wilder Ehe“ leben, heute etwas ganz Normales, aber rein rechtlich gesehen birgt eine nicht eheliche Lebensgemeinschaft einige Gefahren, die im Ernstfall schlimme Konsequenzen haben können. Wir klären auf.

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Was ist eine „eheähnliche Lebensgemeinschaft“?

Der Begriff „eheähnliche Lebensgemeinschaft“ scheint generell ziemlich klar: Ein Paar, das wie in einer Ehe zusammenlebt – nur eben ohne den Teil mit der Hochzeit – bildet eine eheähnliche Lebensgemeinschaft. Es gibt drei Bedingungen, die erfüllt sein müssen:

  • die Beziehung ist auf Dauer angelegt
  • die Partner führen keine weiteren Lebensgemeinschaften
  • es besteht eine innere Bindung, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründet

Leider ist der Begriff rechtlich gesehen nicht klar definiert. Er taucht nur marginal in Bezug auf das Familienrecht und im Sozialgesetz auf, viele finanzielle, gesundheitliche, erbrechtliche oder kindesbezogene Situationen sind juristisch nicht klar geregelt – anders als in einer Ehe. Die nicht eheliche Lebensgemeinschaft hat keinen gesetzlichen Rahmen und ist der Ehe und auch einer eingetragenen Lebenspartnerschaft rechtlich gesehen nicht gleichgestellt. Das heißt jedoch nicht, dass deswegen jedes Paar heiraten muss. Paare in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft können sich in vielen Bereichen rechtlich selbst absichern. In welchen Fällen eine solche Absicherung besonders wichtig ist, verraten wir dir jetzt.

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Gemeinsame Wohnung, gemeinsames Haus, gemeinsames Hab und Gut?

Für viele Paare ist die erste gemeinsame Wohnung ein besonderer Schritt. Aber auch auf Wolke 7 sollten mögliche Komplikationen nicht einfach außer Acht gelassen werden: Wenn beide Partner gemeinsam in eine neue Wohnung ziehen, ist es am besten, wenn beide gleichberechtigt den Mietvertrag unterschreiben. So können beide alle Rechte gegenüber dem Vermieter geltend machen und außerdem kann einer den anderen bei Streit oder einer Trennung nicht einfach vor die Tür setzen, da ein gemeinsames Besitzrecht an der Wohnung besteht. Aber Achtung: Wenn beide Partner den Mietvertrag unterschreiben, sind auch beide Schuldner gegenüber dem Vermieter: Kann einer die Miete nicht mehr zahlen, kann der Vermieter die Zahlung der gesamten Miete also von dem anderen Partner verlangen.

Zieht der eine Partner beim anderen ein und derjenige ist bereits alleiniger Mieter der Wohnung, kann mit der Zustimmung des Vermieters ein Untermietvertrag für den neu einziehenden Partner aufgesetzt werden. Das sorgt immerhin für eine Mindestabsicherung und hat zudem den Vorteil, dass nicht beide Partner die Wohnung gemeinsam kündigen müssen, wenn ein Partner sich gegen das gemeinsame Wohnen beziehungsweise die Beziehung entscheidet.

Ein gemeinsames Haus ist wortwörtlich eine ganz andere Hausnummer. Die Verteilung vom gemeinsamen Hab und Gut wie einem Haus ist im Fall einer Scheidung rechtlich geregelt. Aber was passiert mit dem gemeinsamen Haus und allem darin bei einer Trennung, wenn man gar nicht verheiratet war? Tja, an der Stelle wird es kompliziert: Können die ehemaligen Partner sich nicht einigen, muss bei jedem einzelnen Gegenstand geprüft werden, wem er gehört und ob ein Ausgleich zwischen den Partnern stattfinden muss. Vorbeugen könnte man, indem die Kosten für einzelne Anschaffungen nicht geteilt werden, sondern insgesamt gesehen gerecht verteilt werden (zum Beispiel einer bezahlt das Bett, der andere das Sofa…) – das ist jedoch zum Beispiel im Fall ‚gemeinsames Haus‘ schwierig und auch im Alltag ist es nicht immer praktikabel. Verkaufen und Erlös teilen, lautet bei Trennung und Uneinigkeit dann die unbefriedigende Devise...

Und es kommt noch schlimmer: Für eheähnliche Lebensgemeinschaften besteht ein sogenanntes Abrechnungsverbot. Soll heißen: Für Ausgaben, die im Rahmen des täglichen Zusammenlebens entstanden sind, besteht ebenfalls kein Ausgleichsanspruch. In extremen Fällen kann ein Ausgleich erwirkt werden, wenn ein Partner viel in das Vermögen des anderen investiert hat.

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Unfall, Krankheit, Tod: Was, wenn wir nicht verheiratet sind?

Die wohl wichtigste Absicherung, die alle Paare in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft unbedingt vornehmen sollten, ist eine Vorsorgevollmacht in Kombination mit einer Patientenverfügung. Denn ein Lebenspartner kann nur medizinische Informationen über den anderen erhalten, im Krankenwagen mitfahren und ähnliches, wenn er in einer Vorsorgevollmacht des anderen als Vorsorgebevollmächtigter eingetragen ist. Alle in der Vorsorgevollmacht eingetragenen Personen sind dann beispielsweise auch dazu berechtigt medizinische Entscheidungen für den Vollmachtgeber zu treffen, wenn dieser selbst nicht mehr in der Lage dazu ist. Das ist allerdings nicht nur ein Vorteil, sondern kann in bestimmten Situationen auch zu einer schweren Last werden. Zusätzlich zur Vorsorgevollmacht sollten beide Partner deswegen eine Patientenverfügung ausfüllen und unterschreiben – auch, wenn die Auseinandersetzung mit solchen Themen nicht schön ist: Im Fall der Fälle sollte zum Beispiel klar sein, ob Organspender ja oder nein, lebenserhaltende Maßnahmen ja oder nein…

Das Erbrecht ist bei einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft ausnahmsweise ein klarer Fall: Es gibt keins. Ein Partner erbt nur etwas vom anderen, wenn der ihn zu Lebzeiten im Testament bedacht hat. Dieses Dokument sollte also zusätzlich zu Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung aufgesetzt werden, vor allem, wenn dadurch eine dringend notwendige, existenzielle Absicherung im Todesfall stattfindet.

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Versicherungen: Wie steht es mit einer gemeinsamen Absicherung fü nicht verheiratete Paare?

Versicherungstechnisch sind eheähnliche Lebensgemeinschaften leider auch nicht so viel wert… Natürlich kann man sich die Kosten für Hausratsversicherung und Co. teilen, aber beispielsweise bei der Krankenversicherung hört der Spaß auf: Eine gemeinsame Krankenversicherung oder Familienversicherung für Paare, die nicht verheiratet sind oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, gibt es leider nicht.

Gefährlich wird es in puncto private Haftpflichtversicherung: In diesem Fall ist eine gemeinsame Versicherung möglich, aber Achtung! Die gemeinsame Police muss eine Klausel enthalten, nach der Regressansprüche von Sozialversicherungsträgern, öffentlichen und privaten Arbeitgebern wegen Personenschäden mitversichert sind. Ist das nicht der Fall, und ein Partner verursacht bei dem anderen Partner einen Schaden kann das vor allem, wenn es zu einem gesundheitlichen Schaden, (zum Beispiel durch einen Unfall) kommt, den finanziellen Ruin bedeuten.

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Unverheiratet besteht kein Anspruch auf Witwenrente, Versorgungsausgleich oder Unterhalt

Dass Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft benachteiligt sind, zeigt sich auch in Bezug auf den Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente und einen Versorgungsausgleich: Die Deutsche Rentenversicherung und gesetzliche Unfallversicherung zahlen im Todesfalls eines Partners einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft nichts. Auch die in einer eheähnlichen Gemeinschaft gesammelten Rentenanwartschaften werden nach einer Trennung nicht aufgeteilt: Der Grund dafür ist eine fehlende Regelung für den Versorgungsausgleich unter unverheirateten Paaren.

Bei unverheirateten Paaren bestehen nach einer Trennung außerdem keinerlei gegenseitige Unterhaltsansprüche – eine Regelung tritt hier erst im Fall gemeinsamer Kinder in Kraft.

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Trennung einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft: Was ist mit den Kindern?

Nach der Trennung einer nicht eheähnlichen Lebensgemeinschaft kann einer der beiden Partner Unterhalt vom anderen fordern, wenn er hauptsächlich für die Betreuung der gemeinsamen Kinder zuständig ist. Das ähnelt dann dem Betreuungsunterhalt nach einer Scheidung.

Die ohnehin nicht wenig komplizierte Sache mit dem Sorgerecht wird bei einer Trennung ohne vorherige Ehe nur noch komplizierter. Grundsätzlich haben Kinder selbst Anspruch auf Unterhalt, völlig unabhängig davon, ob ihre Eltern verheiratet sind/waren oder nicht. Allerdings gilt diese Unterhaltspflicht im Fall von eheähnlichen Lebensgemeinschaften nur, wenn der Vater die Kinder auch offiziell anerkannt hat.

Die Partner einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft sind anders als verheiratete Paare nicht automatisch gemeinsam sorgeberechtigt für die gemeinsamen Kinder. Hier gilt: Der Vater muss die Kinder anerkennen, dann kann das Paar eine gemeinsame Sorgeerklärung abgeben – so bleibt das gemeinsame Sorgerecht nach einer Trennung bestehen. Das Umgangsrecht besteht allerdings unabhängig von dem Heiratsstatus der Eltern, denn dieses gilt für alle Menschen, die nachweislich eine wichtige Rolle im Leben eines Kindes einnehmen.

Auch wichtig – und ein großer Nachteil der eheähnlichen Lebensgemeinschaft, vor allem für Patchworkfamilien: Wer nicht verheiratet ist, darf auch nicht das Kind des Partners adoptieren. Dass ein nicht-biologischer Vater ein rechtlicher und offizieller Vater wird, mit allen Rechten und Pflichten, ist also nur über den Umweg Heirat möglich.

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Steuern, Sozialleistungen und Co.

Wer nicht verheiratet ist, kann auf keine steuerlichen Vorteile durch die eheähnliche Lebensgemeinschaft zählen – umgekehrt haben Eheleute den Unverheirateten einiges voraus: Von einer Lohnsteuerklassenoptimierung bis zum Ehegattensplitting in Bezug auf die Einkommenssteuer kann nach der Hochzeit ordentlich gespart werden – zumindest was die Steuern angeht.

Aber Achtung: Gemeinerweise sind Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft dann doch irgendwie eine finanzielle Gemeinschaft, wenn es um Sozialleistungen geht: Eine eheähnliche Lebensgemeinschaft ist laut dem Sozialgesetzbuch II eine Bedarfsgemeinschaft – klingt jetzt erst mal halb so wild, aber das bedeutet auf Gutdeutsch, dass bei einer Bedürftigkeitsprüfung des einen Partners (zum Beispiel bei einem Antrag auf Arbeitslosengeld II) Einkommen und Vermögen des Partners einbezogen werden.

Auch in puncto Schenkungen gucken nicht verheiratete Paare in die Röhre, denn ihnen stehen nur vergleichsweise geringe Schenkungssteuer-Freibeträge zu.

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