Fetisch: Lust auf gewagte Spiele
Sexuelle Erregung durch bizarre Verwandlung – immer mehr Paare erobern sich neues sündiges Terrain mit erotischem Rollenspiel.
Perverse Paare? Eher Trendsetter. Ein Hauch von SM ist schick, Fetischpartys machen Furore und boomen wie nie. Modeschöpfer wie Jean Paul Gaultier oder Vivienne Westwood kokettieren schon seit Jahren immer wieder mit anrüchigen Outfits. Sie schicken ihre Models mal mit Leder-Bustier, mal mit Hot Pants aus Latex auf den Catwalk und machen Fetische damit mehr und mehr gesellschaftsfähig.
Lack, Leder und Latex, Korsagen und Strapse sind zu Symbolen für das Spiel von Dominanz und Unterwerfung avanciert. Gehören beim Sex als Antörner zum Repertoire vieler Paare. Meinungsforscher haben ermittelt, dass 38 Prozent der Deutschen zwischen 20 und 40 Jahren auf Rollenspiele stehen, bei denen Leder und Strapse involviert sind.
Jeder Dritte lebt seine sexuellen Fantasien ab und zu auf diese Art aus. Allerdings: Fetisch ist nicht automatisch SM! Wer sich gern mit Korsage oder im Latex-Outfit zeigt, muss nicht auf Fesselspiele etc. stehen. Vielen geht es mehr ums Gesehen-Werden, um Fantasien, um das Könnte-Sein.
Aber die Grenzen sind fließend. Wer Lust-Spiele ausprobieren will, sollte sich im Klaren darüber sein, wie weit er gehen will. Wo das absolute Limit liegt, entscheidet jeder selbst. Dazu ist großes Vertrauen zwischen den Partnern nötig. Kleine „Grenzübertritte“ sind jedoch erwünscht. Schließlich geben sie den Kick.
Wer sich auf Rollenspiele der härteren Gangart einlässt, sollte jedoch unbedingt ein Stoppsignal verabreden. Aber erst einmal heißt es, die erregende Vorfreude auskosten, wenn man sich aufmacht, neue erotische Dimensionen zu erforschen. In JOY erzählen drei Paare offen von ihren Erfahrungen mit Soft-SM, Fetisch und Dominanz.
Lustwandeln
Carola, 23, Design-Studentin und Marco, 26, GrafikerSeit drei Jahren ein Paar
„Wahnsinn! Die leichten Hiebe auf den Allerwertesten zündeten wie eine Rakete in mir. Fünf-, sechs-, siebenmal – zarte rote Striemen auf der Haut. Das törnte auch Marco total an, sein bestes Stück legte umfangmäßig zu – und er dann los. Überwältigend!
Ursprünglich hatten wir den Parkplatz am Waldrand für einen Open-Air-Quickie vorgesehen. Aber plötzlich war die Idee da: hohe Grashalme, zusammengedreht stabil genug, um als Einweggerte herzuhalten. Gedacht, getan. Und ganz viel Lust dabei empfunden“, so schildert Carola ihr erstes erotisches Rollenspiel im letzten Sommer.
Über zwei Jahre waren sie und Marco bereits ein Paar. Doch dass einer so deutlich über den anderen Macht ausübt, war bis dato in ihrer Beziehung tabu. Auch wenn Knutschflecke und Kratzspuren nach dem Sex schon vorher nicht selten waren: Nie hätte Carola geglaubt, dass sie jemals zu einem Mann sagen würde: „Schlag mich!“ Nie hätte sie zugegeben, dass es sie erregen könnte.
Nie hätte Marco gedacht, dass er sich traut, die „Rute“ zu schwingen. Niemals hätte er sich dieses triumphale Gefühl des Beherrschen-Wollens eingestanden. „Ich respektiere die Frau, die ich liebe, und will sie nicht verletzen“, sagt er.
Carola weiß, dass sie sich auf ihn verlassen kann: „Ohne dieses grenzenlose Vertrauen könnte ich mich ihm nicht ausliefern – und umgekehrt könnte sich auch Marco nicht voll und ganz in meine Hände begeben.“ Die spontane Spielerei im Wald war für beide das Entree in eine neue Welt. „Wir haben Geschmack daran gefunden, mit der Macht zu spielen. Mal bin ich die Domina, dann ist wieder Marco mein Herr und Meister“, erzählt Carola.
Scharfe Lederklamotten und SM-Utensilien wie Bondageseile, Handschellen oder auch mal ein Halsband würzen die Sache zusätzlich. „Aufs Schlagen haben wir uns allerdings nicht weiter eingelassen, Peitschen und so sind uns dann doch eine Nummer zu hart gewesen“, ergänzt Marco. Es ist mehr das Posieren und Machtgehabe, das verbale Spiel mit Dominanz und Unterwerfung, das sie immer wieder schärft.
„Mit meinem Leder-Minikleid schlüpfe ich in eine andere Rolle, ich werde wild, will den Kampf“, gesteht Carola. Wer welchen Part übernimmt, ergibt sich immer erst aus der Situation heraus.
„Es ist ein irre erregendes Gefühl, mit Handschellen gefesselt sich dem anderen völlig zu überlassen – oder zu herrschen“, so ihre Erfahrung. Die Rollenspiele sind aber ganz bewusst „Feiertage“ in ihrem Sexleben: „Jeden Tag Schokolade essen, verdirbt den Appetit ...“
Stiefelknecht
Kiki, 22, Medienkauffrau und Andreas, 25, MechanikerSeit zwei Jahren ein Paar
„Klack, klack machten die mörderischen High Heels auf dem Pflaster, der Lacktrenchcoat glänzte im Laternenlicht, drunter war ich nackt. „Hey, Süße, du brauchst jemanden der dich beschützt!“, so die erregte Stimme hinter mir. „Das kann ich allein, du kannst höchstens den Boden küssen, über den ich schreite.“
Der Typ sinkt vor mir auf die Knie – er darf mich nach Hause bringen. Und dort ... Ein schlechter Film? Nein, mein letztes Geburtstagsgeschenk für Andreas. Erst dachte ich ja, die sündige Diva in Lack geben – das bring ich nicht. Aber ich konnte seinen glänzenden Augen nicht widerstehen, als Andreas mir seine Lieblingsfantasie schilderte.
Also besorgte ich mir das passende Outfit . Was konnte schon passieren? Es war ganz unwirklich, so als ob ich mit den Lack-Klamotten in eine andere Haut geschlüpft wäre – sogar die abgeschmackten Dialoge waren mir kein Stück peinlich.
Und Andreas, der im normalen Leben so handfest und zupackend ist, wurde plötzlich zum oberpotenten Schmusekater – dreimal hatten wir in dieser Nacht unseren Spaß, mit ausgiebigem Vorspiel. Andreas sagt, meine Lackstiefel machen mich für ihn zum Ferrari – zum anbetungswürdigen Luxusweib. Eigentlich ein blöder Vergleich, aber es törnt total an, so ein begehrter „Superschlitten“ zu sein und den anderen dermaßen in Fahrt zu bringen.
Klar, dass Andreas auch nicht mit einer ordinären Jeans ankommen kann, wenn ich als Supervamp in Aktion trete: lasziv und unnahbar. Er muss mich erobern, dann lasse ich mich lange, lange streicheln – und den Süßen schmoren.
Und das Finale – hmm! Die „Storys“ und Locations unserer Rollenspiele variieren wir mittlerweile, aber Lack und High Heels sind bei unseren erotischen Inszenierungen immer mit von der Partie!
Miedermann
Conny, 26, Sachbearbeiterin und Chris, 30, GartenbaumeisterSeit drei Jahren ein Paar
„Sexy, überlegen, unbeschreiblich weiblich“, beschreibt Conny ihr Gefühl, wenn sie eine Korsage, Strapse mit echten Nylons in sündig hohen Pumps trägt. Drei Stück der edlen Mieder-Teile hat sie sich mittlerweile von Hand nähen lassen, original aus Seide, mit Fischbeinstäben.
„Mit etwa 250 Euro pro Stück nicht billig, aber die Leidenschaft, die sie bei Chris entfachen, und mein Gefühl als Sex-Göttin ist das allemal wert“, meint sie.
Auf den Korsagen-Kick als erotische Spielerei sind die zwei eher zufällig gekommen. „Während wir ,Maverick‘ auf Video anschauten, entfuhr Chris doch tatsächlich ein anerkennender Pfiff, als Jodie Foster in einer Korsage zu sehen war“, erinnert sich Conny. „Sieht schon scharf aus“, gab der Liebste auf ihr Nachbohren hin zu.
Der Ehrgeiz war geweckt: „Was die kann, mache ich besser“, dachte sich Conny und überraschte ihren Western-Fan beim nächsten Videoabend. „Klarer Sieg über die harten Kerls und drallen Salonweiber“, schmunzelt sie. Nicht erwartet hatte sie allerdings, welche Lustwelle das Outfit in ihr selbst auslöste. „Ich komme mir in der Korsage vor wie die pure Weiblichkeit .“
Bequem sind die Teile nicht, und an das flache Atmen muss man sich wirklich erst langsam gewöhnen. „Anfangs nicht gleich zu fest schnüren“, so ihr Rat. Am einfachsten – und erregendsten – ist es, wenn der Mann beim Anziehen der Korsage Hand anlegt.
„Wenn ich Connys Taille langsam fester schnüre und ihre Brüste und der Po so perfekt in Szene gesetzt werden, würde ich sie am liebsten sofort packen“, gesteht Chris.
Passiert auch immer wieder, aber am liebsten zelebrieren beide das Korsagen-Spiel mit Stil: Auch Chris macht sich fein, Champagner ist kalt gestellt, Kerzenlicht sorgt für romantische Stimmung. Oder das Szenario wird nach Westernart angelegt, „harter, ehrlicher Cowboy-Sex, wenn wir beide schon völlig aufgeheizt sind“.
Eine weitere Variante: „Ich style die Korsage zum heißen Party-Outfit , und wir gehen schick aus. Es ist irgendwie ein prickelndes Gefühl, die erregende Wirkung auf andere Männer und ihre Blicke zu spüren, aber trotzdem für sie unerreichbar zu bleiben.
Ein schönes Kompliment an meine Attraktivität. Chris schwankt dann immer zwischen Besitzerstolz und Eifersucht. Doch dass er dazu keinen Grund hat, beweise ich ihm dann zu Hause!“
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