Kinder ertrinken leise: Wie Eltern sie trotzdem schützen können
Der Sommer steht vor der Tür, die Badesaison beginnt. Damit der Badeausflug für Eltern und Kinder nicht in einer Tragödie endet, sollten diese Sicherheitsregeln befolgt werden. Denn Kinder ertrinken leise und meistens sind ihre Eltern in unmittelbarer Nähe.
Jedes Jahr wiederholen sich die Schocknachrichten: Kinder ertrinken im Freibad, im Badesee oder sogar im heimischen Planschbecken. Ertrinken ist bei Kleinkindern die zweithäufigste Todesursache - nach tödlichen Unfällen im Straßenverkehr. Noch viel erschreckender ist jedoch die Tatsache, dass die Hälfte aller Kinder ertrinkt, während die Eltern in unmittelbarer Nähe sind.
Zu den tragischen Unfällen kommt es meist, obwohl ein Bademeister anwesend ist, das Kind Schwimmhilfen getragen hat oder sogar schon den ersten Schwimmkurs besucht hat. Meistens reicht ein kurzer Moment der Unachtsamkeit und schon nimmt die Tragödie ihren Lauf. Diese grundlegenden Sicherheitsregeln sollten Eltern und Kinder unbedingt kennen, bevor es zum Baden geht.
Badesicherheit: 5 Fakten über das Ertrinken
Über den eigentlichen Vorgang des Ertrinkens kursieren viele falsche Vorstellungen. Ertrinken geht bei Kindern zum Beispiel viel schneller als bei Erwachsenen - und es geschieht meisten lautlos.
Schwimmhilfen schützen Nichtschwimmer NICHT vor dem Ertrinken
Jeder Hersteller warnt auf der Verpackung vor der trügerischen Sicherheit von aufblasbaren Schwimmhilfen. Kinder sollten niemals mit Schwimmhilfen wie zum Beispiel Schwimmflügeln alleine ins Wasser gehen, denn ihnen fehlt sowohl die Routine als auch das nötige Körpergefühl, um die Balance zu halten und den Kopf alleine richtig über Wasser zu halten.
Als einzige sichere Schwimmhilfe für Nichtschwimmer gilt die Rettungsweste, die mit einem Sicherheitsgurt zwischen den Beinen befestigt wird. Sie sorgt dafür, dass sich das Kind in einer aufrechten Position über Wasser halten kann.
Auch Kinder, die eigentlich schwimmen können, ertrinken
Auch Kinder, die schwimmen können, ertrinken. Klingt logisch, denn sonst würden ja auch kaum Erwachsene ertrinken. Und Fakt ist leider: Jährlich ertrinken wesentlich mehr Erwachsene als Kinder. Denn fürs Ertrinken gibt es neben dem Nicht-Schwimmen-Können viele Ursachen.
Bei Kindern führt oft Erschöpfung zum Ertrinken, weil sie sich einfach überschätzt haben und zu lange im tiefen Wasser geschwommen sind. Oder im flachen Uferbereich des Meeres kann der Brandungssog so stark sein, dass sowohl Kindern als auch Erwachsenen die Füße unter den Beinen weggezogen werden und sie schnell hinausgetrieben werden.
Aber natürlich gibt es auch andere Ursachen für Ertrinken: Benommenheit zum Beispiel, wenn sich das Kind beim Toben den Kopf aufgeschlagen hat, ein Stimmritzenkrampf, wenn zu viel Wasser in den Mund gespritzt ist oder ein simpler "Bauchklatscher" vom Beckenrand, der durch den Druck auf den Solarplexus einen Kreislaufschock auslösen und zur Ohnmacht führen kann.
Kinder können auch in flachem Wasser ertrinken
Vor allem Kleinkinder haben durch ihren verhältnismäßig großen Kopf einen hohen Schwerpunkt. Fallen sie zum Beispiel mit dem Gesicht nach unten ins Wasser, zum Beispiel in einen flachen Bach, können kleine Kinder nicht selbstständig ihre Beine unter den Körper schieben und aufstehen, so wie größere Kinder oder Erwachsene es instinktiv tun.
Jährlich ertrinken Kinder in Gartenteichen, flachen Bächen, Regentonnen oder Planschbecken. Daher gilt für alle Eltern: Sichert alle Wasserstellen in eurer Umgebung penibel und habt stets ein Auge auf eure Kinder!
Kinder ertrinken schneller als Erwachsene
Ein Erwachsener, der ertrinkt und dessen Kräfte sich dem Ende neigen, kann sich meist noch 20 bis 60 Sekunden über Wasser halten, bevor er untergeht. Kleine Kinder sinken sofort unter Wasser und tauchen auch nicht wieder auf. Wessen Kind also schon mal versehentlich in den Pool gefallen ist, ist erstaunt, wie still ein ertrinkendes Kind unter Wasser "sitzt". Genaugenommen ertrinken die Kinder dann auch nicht, sie ersticken. Die ertrinkenden Kinder haben in dem Moment einen Stimmritzenkrampf, der sie am Atmen hindert. Während des Ertrinkungsprozesses gelangt also kein Wasser in ihre Lunge.
Erwachsene können übrigens ebenfalls "trocken ertrinken", wenn sie zum Beispiel zu viel gegessen, Alkohol getrunken haben oder vor dem Tauchen zu oft ein- und ausgeatmet haben.
Kinder ertrinken lautlos & winken nicht um Hilfe
Grundsätzlich gilt: Wer ertrinkt, ruft selten um Hilfe. Vor allem ertrinkende Kinder sind in einer solchen Ausnahmesituation voll und ganz damit beschäftigt, Luft zu holen, sich über Wasser zu halten und das eingeatmete Wasser auszupusten. Ertrinkende Kinder gehen unter "wie ein Stein". Besonders in trüben Gewässern zählt also jede Sekunde!
Aber nicht nur kleinere Kinder gehen einfach unter, auch ältere Kinder und Erwachsene, die schon gut schwimmen können, können sich in der Regel während des Ertrinkens nicht bemerkbar machen. Denn wer nicht mehr schwimmt, sondern ertrinkt, drückt die Arme instinktiv zur Seite, um sich so lange wie möglich über Wasser halten zu können - das macht das Winken quasi unmöglich. Und, wer in so einer Ausnahmesituation ist, gerät schnell in Panik, das macht fast jede gezielte Handlung unmöglich.
Diese 8 Sicherheitsregeln beim Baden sollten alle Kinder & Eltern kennen
Nicht heimlich ins Wasser gehen, ohne den Eltern Bescheid zu sagen. Umgekehrt bedeutet das, Eltern sollten ihre Kinder am Wasser IMMMER im Auge behalten.
Nichtschwimmer gehören ins Nichtschwimmerbecken. Wer nicht schwimmen kann, sollte nie tiefer als bis zum Bauch ins Wasser gehen.
Im Schwimmbad nicht unter Rutschen oder im Springbereich aufhalten.
Im Beckenbereich darf nicht gerannt werden.
Nur in tiefes Wasser springen, wenn die Eltern dabei sind bzw. das Kind schon gut schwimmen kann und selbstständig wieder auftauchen kann. Tauchversuche nur wenn die Eltern dabei sind.
Wer friert, blaue Lippen hat und zittert, sollte das Wasser sofort verlassen und sich aufwärmen. Kinder unterschätzen hier ihre Kräfte schnell.
Andere Kinder nicht aus Spaß untertauchen oder ins Wasser stoßen.
Auch auf andere Kinder achtgeben!
Bei Ertrinken richtig reagieren: Jetzt zählt jede Sekunde!
Wenn ihr ein Kind beim Ertrinken bemerkt, zählt jede Sekunde. Holt es sofort aus dem Wasser und wickelt es in eine warme Decke oder Handtuch ein, um die Körpertemperatur aufrechtzuerhalten. Unterkühlung ist eine häufige Todesursache beim Ertrinken und das passiert schon bei Wassertemperaturen unter 28 Grad.
Ist das Kind nicht bei Bewusstsein, bringt es sofort in die stabile Seitenlage, kontrolliert, ob die Atemwege frei sind und ruft sofort um Hilfe. Atmet das Kind nicht mehr, beginnt sofort mit Mund-zu-Mund-Beatmung und einer Herzdruckmassage. Bei Kleinkindern startet die Mund-zu-Nase-Beatmung. Nicht aufhören, bis der Notarzt übernimmt. Könnt ihr selbst keine Erste Hilfe leisten, lasst jemanden übernehmen, der sich auskennt. Niemals das Kind auf den Bauch legen oder schütteln. So kommt das Wasser nicht aus der Lunge und ihr verliert wertvolle Zeit!
Selbst wenn das Kind nach dem Badeunfall nicht bewusstlos ist, sondern nur ein bisschen Wasser geschluckt hat, sucht sofort einen Arzt auf oder begebt euch ins Krankenhaus. Bis zu 48 Stunden später kann Wasser in der Lunge noch zu schweren Lungenödemen führen, die nicht selten tödlich enden.