Beziehung: Nicht verliebt? Verlob dich trotzdem!
Wie aus einer Verlobung ohne Liebe die ganz große Liebe wurde
Die Geschichte von Susanne Wendel und Frank-Thomas Heidrich ist so außergewöhnlich, dass so mancher sie kaum glauben mag. Und doch ist es wahr: Diese beiden haben sich 2011 verlobt, ohne ineinander verliebt zu sein. Sie haben sich eine gemeinsame Wohnung gesucht, ein Kind bekommen und eine Firma gegründet, ohne dass da am Anfang auch nur ein Hauch von Schmetterlingen dabei gewesen wäre.
„Das, was uns eigentlich am allerwichtigsten ist, das was uns am meisten Energie gibt und uns häufig am meisten Energie raubt, nämlich die Beziehung zu unserem Lebenspartner, das überlassen wir dem Zufall, dem Schicksal und wirren Gefühlen, die einer Sucht gleichen und genauso schnell verschwinden, wie sie gekommen sind.“
(Auszug aus dem Buch „Wie wär’s mit uns beiden?“)
Mit über 40 Jahren hatte Susanne 2011 mehr als genug vom Alleinsein und schmerzhaften Beziehungen ohne Zukunft. Susanne wollte ein Baby und einen Mann, der mit ihr zusammen ein ungewöhnliches Leben mit ordentlich Tempo führen wollte. So einen Mann fand sie aber einfach nicht.
Die glückliche Mama mit Sohn Amadeus.
Frank-Thomas ging es ähnlich. Er hatte so gar kein Glück mit den Frauen, fand sich nicht attraktiv und war viel zu schüchtern. Er ging lieber mit seinem Hund auf den Abrichtungsplatz als in der Diskothek zu flirten. Dabei hatte Frank-Thomas schon Lust auf eine Beziehung und vor allem auf Familie – mehr und mehr mit jedem Lebensjahr. Aber: „Ich war immer nur der nette Kumpel, derjenige, mit dem man sich gut unterhalten konnte.“
Beide hatten sich in festen Vorstellungen verfangen
„Wir waren früher beide frustrierte Singles“, berichten Susanne und Frank-Thomas in dem Buch, in dem sie die Geschichte ihrer Beziehung aufgeschrieben haben. „Wir hatten uns so sehr in unseren Vorstellungen von passenden Partnern verfangen, dass gar nichts mehr ging. Zumindest nicht das, was wir wollten. Aus unserer Sicht lag das an allen möglichen blöden Umständen, Hindernissen und Menschen, aber keinesfalls an uns selbst.“
Die Verlobungsparty war für alle überraschend
Bei einem Wochenend-Seminar zur Persönlichkeitsentwicklung platzte bei Susanne der Knoten. „Warum finde ich bloß keinen Mann, der zu mir passt, der eine richtige Beziehung mit mir will? Bin ich wirklich so unattraktiv?“ So fragte sie die anderen Teilnehmer und die Leiterin des Seminars. Diese öffnete Susanne die Augen und machte ihr klar, dass es an ihren festgefahrenen Vorstellungen vom Traummann lag.
Auf ihren Vorschlag hin beschloss Susanne, sich fünf Tage später bei einer großen Sommerparty zu verloben. Der Mann dazu? Fehlte noch.
Also stellte Susanne eine Liste mit fünf Männern zusammen, mit denen sie sich eine Beziehung vorstellen konnte. „Ganz am Anfang stand mein Ex-Freund, in den ich wahnsinnig verliebt war, weil ich wegen dem immer noch Herzschmerz hatte. Dann stand natürlich mein aktueller Liebhaber relativ weit oben. Den hatte ich zwar schon zwei Mal gefragt, ob er nicht eine Beziehung mit mir will und er hatte mir schon zwei Mal eine Abfuhr erteilt, aber irgendwie hatte ich den trotzdem noch auf dem Schirm dafür.“
Auch Frank-Thomas stand auf der Liste
Ebenfalls mit dabei war Frank-Thomas. Ihn hatte die Ernährungswissenschaftlerin einige Jahre zuvor in Kapstadt kennengelernt. Die beiden waren also schon einige Zeit befreundet, doch gefunkt hatte es nie. Beide konnten sich den jeweils anderen nicht wirklich als Partner vorstellen. Susanne war mit der Optik und dem Dialekt von Frank-Thomas nicht zufrieden, und auch er wollte eine andere Frau: "Ich fand Susanne zwar nett, aber sie entsprach nicht meinem Beuteschema. Meine Frau sollte eher dunkelhaarig und größer und auf jeden Fall irgendwie anders sein."
Er wagte es, die entscheidende Frage zu stellen
Frank-Thomas, der bei dem Schicksals-Seminar zufällig auch dabei war, wusste nicht, dass er auf der Verlobungs-Liste stand. Als er Susannes Plan mitbekam, beschloss er ganz für sich, dass er derjenige sein wollte, mit dem Susanne sich fünf Tage später verloben würde. Er ging also auf sie zu und fragte: „Wie wär’s mit uns beiden am Freitag?“„
Dieser Moment war Magie“, erzählt Susanne. „Mir liefen vor Lachen die Tränen über die Wangen. Es war unglaublich. Seither weiß ich, welche Kraft es hat, wenn man wirklich eine Entscheidung trifft.“ Sie sagte Ja.
Noch am gleichen Abend zog Frank-Thomas bei ihr ein. Sechs Monate später zogen sie gemeinsam in eine größere Wohnung, 14 Monate später gründeten sie zusammen eine Firma und anderthalb Jahre nach der Verlobung , im Dezember 2012, kam ihr gemeinsamer Sohn Amadeus zur Welt. Zweieinhalb Jahre dauerte es, bis die beiden sich „Ich liebe dich“ sagen konnten.
Ein Liebesbrief von einer fernen Insel
Dass sie sich in Frank-Thomas verliebt hatte, realisierte Susanne ausgerechnet während einer Fernreise. „Ich war im November für ein Seminar nach Maui geflogen. Und dann saß ich da, an diesem wunderschönen Ort, und war überhaupt nicht glücklich. Ich wollte so viel lieber bei meinem Mann und meinem Sohn sein! Dieses Gefühl des Vermissens, das machte mir klar, dass ich mich in diesen Mann verliebt hatte. Gleichzeitig wurde mir bewusst, dass er der erste Mann ist, der es überhaupt verdient hat, dass ich ihm das sage. Dann habe ich ihm einen langen Brief geschrieben und ihm meine Liebe erklärt.“
Der Kuss bei der Verlobungsparty.
Und was ist nun das Erfolgs-Geheimnis dieser Beziehung, die ohne Liebe angefangen hat?
Für Susanne Wendel sind es zwei Dinge. „Das eine ist diese bewusste Entscheidung füreinander. Dass man wirklich sagt, den nehme ich jetzt und der ist es jetzt auch. Viele Frauen denken immerzu, da kommt noch ein Besserer, und halten sich alle Optionen offen, statt bei einem netten und zuverlässigen Mann zu sagen: Den nehme ich jetzt und mache ihn zu meinem Traummann, was ja das ist, was ich getan habe. Das zweite ist, dass man das Gleiche will im Leben. Will ich Kinder , ja oder nein? Will ich auf dem Land oder in der Stadt wohnen? Wie ist es mit dem Job – will ich angestellt sein oder selbstständig? Wenn in diesen Punkten die Wertvorstellungen übereinstimmen, dann funktioniert es tatsächlich auch, wenn man nicht verliebt ist.“
Aber wie war das denn mit dem Sex?
Eine gewisse körperliche Anziehung gab es zwischen den beiden schon. Sie waren schon mal im Bett gelandet und hatten sogar zusammen einen Swinger Club besucht. Nach der Verlobung beschlossen sie dann jeden Tag Sex zu haben, um die Verbindung zueinander zu stärken. Dennoch fühlte sich Susanne noch zu anderen Männern hingezogen. „Am Anfang habe ich schon an eine offene Beziehung gedacht. Heute ist für mich ganz klar: Frank-Thomas ist mein Partner und wir beide sind die Kernfamilie. Wir sind aber beide offen für sexuelle Erlebnisse, am liebsten aber auch zusammen. Wir waren grade in einem Swinger Club in München und haben da eine Lesung für mein erstes Buch „gesundgevögelt“ gehalten. Sowas ist einfach total genial und macht so viel Spaß!“
Natürlich begegnen Susanne und Frank-Thomas immer wieder skeptischen Menschen, die glauben, sie führten eine lieblose Vernunftbeziehung.
Doch das Gegenteil ist der Fall: „Bildlich gesprochen, beginnen die meisten Beziehungen auf dem Gipfel eines Berges: mit der schönsten Aussicht – und beide Partner gehen dann gemeinsam Stück für Stück hinunter ins Tal. Oft finden sie nie wieder den Weg auf diesen allerersten Gipfel zurück und irgendwo im Tal trennen sich ihre Wege dann wieder. Nur wenige Beziehungen beginnen ganz unten im Tal, und die beiden Partner gehen gemeinsam Stück für Stück bis zum Gipfel hinauf – und genießen dann oben eine grandiose Aussicht. Wir, Frank-Thomas und Susanne, haben den zweiten Weg gewählt.“
Die Belohnung für den steinigen Weg: Liebe, Kind, Traum-Job und noch viele gemeinsame Pläne mehr.
Inzwischen haben Susanne und Thomas sogar noch ein Baby bekommen: Familienglück mal 4! Herzlichen Glückwunsch!