Ein Viertel aller Männer glaubt Frauen zum Sex überreden zu müssen
Ein Viertel der Männer glauben, Frauen zum Sex überreden zu müssen. Frauen sehen das ganz anders, wie eine US-Studie ergab. Was läuft falsch zwischen Frauen und Männern?
Studierende der Harvard Graduate School of Education und der Harvard Kennedy School of Government haben in einer Studie 1.200 junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren zum Thema Sex befragt. Die Ergebnisse der Umfrage ziehen einen Pferdeschwanz an zwischengeschlechtlichen Problemen nach sich. Dazu später mehr. Hier die Bilanz:
- 45 % der befragten Männer sagten, sie erwarten Sex, wenn eine Frau nach einer Party zu ihnen kommt (oder sie zu ihm). Nur 31 % der befragten Frauen teilen diese Meinung.
- 28 % der befragten Männer sind der Meinung, dass viele "Vorwürfe sexueller Übergriffe" daher zustande kommen, dass Frauen den Sex im Nachhinein bereuen.
- 27 % aller befragten Männer finden es in Ordnung, mit einer Frau ungefragt (!) Sex zu haben, wenn sie ihre Kleidung ausgezogen hat. Nur 11 % der Frauen teilen diese Einstellung.
- 24 % der befragten Männer sind davon überzeugt, dass "Frauen zum Sex überredet / vom Sex überzeugt werden müssen."
- 31 % der befragten Frauen hatten ungewollt Sex, weil ein Mann "beharrlich darauf bestand" - und zwar nach einem ausdrücklichen "Nein" der Frau.
- 16 % der befragten Männer sind der Meinung, dass "wenn beide Beteiligten betrunken sind, es keinen sexuellen Übergriff darstellt."
Was sagen diese Umfrage-Ergebnisse nun über das Frauenbild der befragten Männer aus?
24 % der Männer wollen Frauen zum Sex überreden
Wenn ein Mann glaubt, dass die Bereitschaft der Frau zum Sex mit ausreichend Überzeugungsarbeit zu erreichen ist, sieht er Geschlechtsverkehr nicht als das an, was es ist: Sex als einvernehmliche Aktivität. Wer glaubt, mit Beharrlichkeit und Hartnäckigkeit an Sex zu kommen: Setzt das nicht voraus, dass sich der Mann der betreffenden Frau gegenüber per se überlegen fühlt?
Dass ihre "Überzeugungsarbeit" bei der jeweiligen Frau als Aufdringlichkeit aufgefasst wird, bedenken viele Männer gar nicht - oder es ist ihnen gleichgültig. Gleiches gilt für die Tatsache, dass kaum eine Frau "bearbeitet werden" will, bis es zum Sex kommt. Dieser Manipulationsversuch des sexuellen Verlangens einer Frau ist nichts anderes, als ein Beweis dafür, dass die Manipulatoren ein Nein nicht akzeptieren (können).
Diese Männer verstehen ein "Nein" nicht als Tatsache, sondern als Herausforderung. Eine Herausforderung zur Jagd auf die Vagina der Frau; eine Herausforderung zum Kampf gegen die Verneinung der Frau - und somit gegen ihren Willen.
Nein heißt Nein heißt Nein
Zwischenmenschliche Beziehungen basieren auf Respekt, Verständnis und Akzeptanz - ganz gleich ob es um One-Night-Stands geht, um Affären oder Liebesbeziehungen. Jeder (!) Sex baut auf einem Konsens auf. Tut er es nicht, gehört er in die Kategorie sexueller Übergriffe und ist eine Straftat, ein Verbrechen nach §177 des Strafgesetzbuches.
Doch wie soll man diesen Konsens finden, wenn die Auffassungen identischer Worte und Taten von Frauen und Männern verschieden interpretiert werden? Wie soll einvernehmlicher Sex funktionieren, wenn die Assoziationen, die mit Sex verbunden werden, gegensätzlich sind?
Männer müssen ihr Frauenbild überdenken
Welches Frauenbild müssen jene Männer haben, die glauben, den Willen der Frau brechen zu müssen, um mit ihr zu schlafen? Jene Männer scheinen zu glauben, ein paar Drinks oder Worte würden diejenigen Frauen willig machen, die zuvor bewusst noch "nein" sagten. Sie scheinen eine Art von Bestechlichkeit in den Köpfen der Frauen vorauszusetzen: "Ich sage dir, was du hören willst und dafür machst du die Beine breit für mich."
Natürlich sind nicht all diese Männer Monster. In vielen von ihnen spielt Verunsicherung eine große Rolle bei ihren Handlungen. Sie wollen eine Frau erobern, wissen aber nicht wie - und schlagen über die Stränge. Von den Frauenbildern in Hollywoodfilmen, sexistischen Werbeanzeigen und der faktisch gesetzlich legalen Prostitution, die Frauen als käufliche Dinge darstellt, ist die Verunsicherung der Männer über den Umgang mit Frauen fast schon nachvollziehbar. Aber eben nur fast. Denn sexuelle Übergriffe sind strafbar. Und Verunsicherung keine Entschuldigung.
Klare Ansagen machen, wenn es um Sex geht
Wenn Frauen und Männer zusätzlich noch unter ein und demselben Satz, unter ein und derselben Handlung etwas völlig anderes verstehen - wie soll es da nicht zu Missverständnissen kommen? Ein ziemlich unkomplizierter Lösungsansatz wäre eine deutliche, eine eindeutige Kommunikation.
Um sein Gegenüber zu verstehen, seine Bedürfnisse wirklich zu kennen, braucht es nicht viel mehr als eine Frage. "Wir wissen nicht, was andere Menschen in den meisten Situationen wollen oder erwarten", heißt es auch von den Durchführern der Studie (s. Video unten). Klare Ansagen sowohl von weiblicher als auch von männlicher Seite aus könnten schon viele Missverständnisse aufklären.
Zusage zum Sex kann jederzeit widerrufen werden
Zudem gibt es keine Handlung, die Frauen (oder Männer) zum Sex verpflichtet! Gar keine! Weder die Drink- oder Essenseinladung, noch die Tatsache, dass man in der Vergangenheit miteinander geschlafen hat. Und sogar die vorausgehende Einwilligung, mit nach Hause zu kommen, ist laut der Umfrage für knapp 70 Prozent der Frauen noch keine Garantie für Sex! Jede Zusage zum Geschlechtsverkehr kann jederzeit widerrufen werden. Wird die Umentscheidung vom Gegenüber nicht akzeptiert, handelt es sich um einen sexuellen Übergriff. Das muss jedem Mann klar sein.
Menschen können ihre Meinung ändern. Die Lust auf Sex kann plötzlich entfacht werden und ebenso schnell wieder abflauen. Nicht zuletzt darin besteht der Reiz des Sex. Und der Unterschied zwischen einvernehmlichen Sex und Vergewaltigung.
Das Video zu den Studien-Ergebnissen (englisch):
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