Freundschaft am Ende?

„Einsam, seit alle meine Freunde in Beziehungen stecken“

Bloggerin Jule fühlt sich zeitweise ganz schön einsam, seit die meisten ihrer Freunde in Beziehung stecken. Wie kann so etwas Positives wie Liebe dafür sorgen, dass Menschen, die zusammen durch dick und dünn gegangen sind, das Verständnis füreinander verlieren? Ein paar Gedanken ...

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Ich vermisse euch - Beziehungen als Herausforderung für den Freundeskreis

"Zu meinem Glück besitze ich seit vielen Jahren einen stabilen und großen Freundeskreis. Würde man alle meine Liebsten zu einer Party einladen, müsste man schon eine etwas größere Location dafür anmieten. Trotzdem fühle ich mich einsam. Seitdem meine Herzensmenschen in Beziehungen stecken, ist von dem einstigen Geborgenheitsgefühl nicht mehr viel übriggeblieben.

Besonders die Wochenenden sind hart für mich. Durchfeierte Nächte, gemeinsame Kater-Döner morgens um halb 6, all das gehört der Vergangenheit an. Dabei war eine gute Party das, was uns auch bei miesestem Wetter aus unseren Ecken hervorlockte. Die Momente, in denen wir Zeit und Raum vergaßen, uns einfach nur zum Beat bewegten und vor Freude strahlten, bis die Wolken wieder lila wurden.  Das war es, was uns ausmachte, was diesen Freundeskreis zu etwas Besonderem werden ließ.

Heute fühle ich mich einsam auf den Tanzflächen, die eigentlich gut gefüllt sind. Während ihr, liebe Freundinnen und Freunde, die Zeit mit euren Lebenspartner genießt, frage ich mich, wie die Liebe euch so verändern konnte. Ihr, meine Freunde, scheint plötzlich vergessen zu haben, wie sehr ihr nach aufregenden Nächten gelechzt habt. Seitdem ihr in Beziehungen lebt, seid ihr zu anderen Menschen geworden. Manchmal habe ich das Gefühl, euch nicht wiederzuerkennen, trotzdem wir so viele gemeinsame Jahre verbrachten. Nur weil nun jemand an eurer Seite steht, scheint ihr euer Leben komplett umzukrempeln.

„Wahr ist, dass ich mich abgehängt fühle“

Wahr ist, dass ich mich abgehängt fühle. Sollte ich nicht, wie ihr, bei Kindern und Familie sein, anstatt mich im Club an meinem Cocktail festzuhalten? Doch ich klammere mich an die wenigen Überbleibsel meines erweiterten Bekanntenkreises, die, wie ich, im Partymodus hängen geblieben sind. Wir verfluchen langweilige Paare, Familien und diejenigen, die sich „zu alt für den Scheiß“ fühlen.

Wäre es an der Zeit mein Verhalten zu ändern, mich zu ändern? Nur noch in gemütlicher Runde teuren Alkohol zu trinken, so wie es meine Eltern in meiner Kindheit taten?  Schleichend, zuerst von mir unbemerkt, trafen die Veränderungen, die mit der Liebe einhergehen, auch mich.

„Ich vermisse die Eskalation“, flüsterte mir mein bester Freund ins Ohr, als wir uns das letzte Mal im Club sahen. Wir beobachteten diejenigen, die komplett in der Musik aufgingen. Flirtereien flogen durch den Raum, Schnäpse wurden geleert. Wir standen daneben und dachten an… morgen. Wir dachten an den verlorenen Tag, den uns der nächste Gin Tonic bringen würde. Wollten wir doch einen gemütlichen Spaziergang mit unserem Herzblatt unternehmen und uns den sonntäglichen Tatort nicht entgehen lassen.

„Liebe lässt uns erwachsen werden, unaufhaltsam“

Plötzlich merkte ich, auch ich hatte mich verändert. Das, was in den letzten Jahren mit meinem Freundeskreis passierte, scheint normaler Lauf der Dinge zu sein, wenn wir uns in Beziehungen begeben. Liebe lässt uns erwachsen werden, unaufhaltsam.

Sich nicht fallen lassen zu können, nur daran zu denken, was der nächste Morgen bringt – erwachsen. Als wäre es ein Lebensziel, die Eskalation irgendwann zu streichen. Seitdem wir in Beziehungen stecken, entwickelt sich unser Leben in eine Richtung, die wir vor ein paar Jahren noch grässlich gefunden hätten. Abende zu Zweit auf der Couch, die Geburtstagsfeier von Omi. Was für Spießer, hätten wir damals gedacht. Die Liebe hat uns erwachsener gemacht, als wie je sein wollten. Erwachsen von Kopf, der immer nur an die Zukunft denkt, bis zu den Füßen, die im nüchternen Zustand (Alkohol ist schlecht für die Zeugungsfähigkeit) einfach keinen Takt mehr finden wollen.

Mittlerweile schlage sogar ich die von mir gehassten Spieleabende vor, nur um meine Freunde, die wichtigsten Menschen in meinem Leben, überhaupt ab und zu zu Gesicht zu bekommen. 

Während ihr, meine Freunde, über die Regeln der Gesellschaftsspiele diskutiert, gieße ich mir meinen geliebten Gin Tonic ein. Ich betrachte mich, euch, ich betrachte uns. Sehe euch lachen, während ihr eurem Herzblatt verliebt in die Augen blickt. Ich glaube, ihr seid glücklich. Glückliche, spießige Erwachsene – wie komisch das klingt. Aber irgendwie auch schön. Und plötzlich spüre ich sie wieder, die Geborgenheit, die ich sonst durch unsere durchzechten Nächte erlebte."

Unsere Autorin: „Jule blogt“

Mein Name ist Jule und ich habe mich den Herzensangelegenheiten verschrieben. Unter jedem noch so kleinen Kieselstein, suche ich nach den ganz großen Gefühlen. Begleite mich auf meinem Weg zu neuen Erkenntnissen und beantworte mit mir gemeinsam die Frage: Ist das Liebe, oder kann das weg? 

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Jule bloggt am liebsten über Liebes-Themen.
Jule bloggt am liebsten über Liebes-Themen. Foto: privat