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Emotionale Erpressung: Wie erkenne ich sie und wie gehe ich mit ihr um?

Wenn du mich wirklich liebst, bleibst du heute bei mir! Oder: Wenn dir dein Job wichtiger ist als ich…! Wenn es dir egal ist, wie es mir damit geht…! So klingt es, wenn jemand geübt in emotionaler Erpressung ist. Unsere Expertin und Systemische Familientherapeutin Marthe Kniep erklärt, wie du dieses Verhalten enttarnst und angemessen damit umgehst.

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Was ist emotionale Erpressung?

Von emotionaler Erpressung sprechen wir, wenn jemand versucht, seinen Willen durchzusetzen, in dem er seinem Gegenüber vorwirft, er würde sich egoistisch verhalten, weil er bei der Erfüllung seiner Bedürfnisse nur an sich denke. Obendrein wird besagter „Egoist“ dann für die unangenehmen Gefühle verantwortlich gemacht, die sein Verhalten beim anderen auslöst und mit denen er auf sich selbst zurückgeworfen wird.

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Wo fängt das manipulative Verhalten an?

Dabei muss man ein bisschen aufpassen, nicht vorschnell von emotionaler Erpressung zu sprechen. Denn es gibt ja Situationen, in denen es völlig angemessen ist, dem anderen zu sagen: "Schade, dass du gehst. Ich habe dich so gern um mich. Bis morgen dann." Oder: "Ich bin ein bisschen neidisch, denn ich wäre auch gern mit ins Konzert gekommen. Stattdessen muss ich hier Akten durcharbeiten. Ich wünsche euch trotzdem viel Spaß."  

Das ist dann angemessenes Verhalten. Denn da teilt einer dem anderen zunächst nur mit, was in ihm vorgeht und kann ihm trotzdem zugestehen, dass er auch eigene Bedürfnisse und Verpflichtungen hat, denen er nachgehen möchte und muss. Man kann ihn ziehen lassen und findet für das eigene Dilemma eine Lösung. Und zwar ohne dem anderen das Gefühl zu geben: "Du denkst ja nur an dich!" Oder: "Dir ist ja sowieso egal, was mit mir ist." Würde es doch ausgesprochen werden, wäre genau da der Übergang zur emotionalen Erpressung.

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Die Masche der emotionalen Erpressung

Könner in emotionaler Erpressung versuchen nämlich ihre Bedürfnisse durchzusetzen, in dem sie dem anderen ein schlechtes Gewissen machen. Und zwar dafür, dass er es "wagt", an sich zu denken, auch wenn es dem anderen dann mit großem Pathos angekündigt sehr schlecht damit geht. Der vermeintliche Egoist findet sich daraufhin in einer gefühlsmäßigen Zwickmühle wieder und kann sich in Folge dessen weder seinem ursprünglichen Vorhaben noch seinem Gegenüber unbefangen zuwenden. Und genau dieses enge Gefühl der Zwickmühle ist ein gutes Erkennungszeichen dafür, dass man gerade manipuliert wird.

Erfolgreich war die Masche dann, wenn sich der – aus Sicht des anderen – Selbstsüchtige eines Besseren besinnt und die angekündigten unerwünschten Gefühle beim anderen abzuwenden versucht, in dem er auf dessen Bedürfnislage eingeht. Oder anders: "Ich mache, was du willst, damit es dir nicht schlecht geht. Deine Wünsche stelle ich über meine."

Am Ende findet man sich mit einem missbrauchten Gefühl in einer Situation wieder, in der man gar nicht sein wollte. Und auch das Gegenüber spürt, dass es einen unguten oder unfairen Handel eingegangen ist. Daraus entstehen dann wieder Schuldgefühle und Vorwürfe und so ist das Problem perfekt. 

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Was kann ich tun? Destruktive Verhaltensmuster erkennen und verändern

Wer schon in früher Kindheit erlebt hat, wie funktional und effektiv emotionale Erpressung ist, kann sich später selber oft nur schwer verkneifen, in Beziehungen dieselbe Karte auszuspielen. Die früheren Opfer von emotionaler Erpressung in der Familie reagieren hingegen auch als Erwachsene häufig noch absolut allergisch darauf und suchen Abstand, wenn es zum Beispiel in einer Partnerschaft den Anschein nimmt, als ob es sich wiederholen könnte. Denn niemand vergisst, wie ausweglos es sich anfühlte, wenn früher zum Beispiel die Mutter ihren Willen durchsetzte, in dem sie sagte: "Du willst doch nicht, dass Mutti deinetwegen wieder traurig ist…!" 

So gibt es Paare, die dieses Verhaltensmuster mit der Muttermilch aufgesogen haben und von beiden Seiten so ungünstig damit umgehen, dass es die Beziehung gefährdet. Sie holen sich jedoch oftmals erst Hilfe, wenn sie merken, dass es mit langfristigen Beziehungen einfach nicht klappt.

Wo sich emotionale Erpressung als Verhalten schon manifestiert hat, braucht es deshalb fast immer professionelle Hilfe, um damit aufhören zu können. Anders ist es schwer, zu einem reifen Umgang mit Bedürfnissen zu gelangen. Und dazu gehört auch der Lernprozess, dahin zu kommen, dass man selber die Verantwortung für die eigene emotionale Balance übernimmt. Dass man lernt, Gefühlen wie Frust, Trauer, Neid, Eifersucht, Alleinsein oder Empfindungen von Unzulänglichkeit oder emotionaler Bedürftigkeit angemessen zu begegnen.

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Gesunde Abgrenzung ist notwendig

Wo emotionale Erpressung „funktioniert“, haben beide Seiten einen Lernprozess vor sich. 

Wer emotional erpresst, muss erkennen, dass sein Verhalten destruktiv und darüber hinaus unreif ist. Für die Konfrontation mit diesem Verhalten sind die meisten Menschen erst bereit, wenn ihnen schon etliche Partner weggelaufen sind, die es einfach nicht mehr ausgehalten haben, immer wieder in diese Zwickmühle zu geraten. Doch wenn die Erkenntnis wächst, dass man auch auf anderen Wegen zur Erfüllung seiner Bedürfnisse kommt, ist ein wichtiger Schritt gemacht.

Wer unter emotionaler Erpressung durch einen anderen – meist geliebten - Menschen leidet, hat andere Lernfelder. Er muss lernen, dass seine Bedürfnisse wichtig sind und er auf sie achten kann, auch wenn er den anderen dadurch hin und wieder auf sich selbst zurückwirft. Dies auszuhalten ist oft schwierig, aber für beide Seiten wichtig, damit es in der Beziehung zu einer Entwicklung und zu Freude und neuen Impulsen kommen kann.  

Außerdem braucht es ein neues Verständnis von Partnerschaft, in der jeder einen ausreichenden Freiraum zur persönlichen Entfaltung hat und man sich nicht im symbiotischen Sinne übermäßig für das emotionale Gleichgewicht des anderen verantwortlich fühlt. Sich eigene Bedürfnisse in Beziehungen zuzugestehen, ist jedoch oftmals gar nicht so leicht. Man fühlt sich so schnell dafür verantwortlich, beim anderen eine emotionale Lücke zu schließen, um die derjenige sich eigentlich selber kümmern müsste.

Genug Freiraum hat man jedoch nur in Beziehungen, in denen man um seiner selbst Willen geliebt und mit seinen eigenen Bedürfnissen und Fähigkeiten gesehen wird und diese auch leben kann. Ein hohes Gut, wenn wir dies hin und wieder bei besonderen Menschen erleben dürfen.

Autorin: Marthe Kniep

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