Jules von schoenwild im Interview: "Mein Weg zu mehr Selbstbewusstsein war lang und schmerzlich, aber auch wunderschön"
Vor knapp sieben Jahren hat Jules (auf Instagram auch als schoenwild bekannt), mit dem Bloggen begonnen. Damals plagten sie noch viele Zweifel, heute liebt sie sich selbst, genauso wie sie ist. Ihr Weg war allerdings kein leichter. Im Rahmen unserer Kampagne #wunderbarECHT hat Jules uns im Interview erzählt, wie er Weg genau aussah und wie sie es geschafft hat, den Selbstzweifeln den Rücken zu kehren.
Dieser Artikel ist Teil von #wunderbarECHT, eine Aktion für mehr Authentizität im Netz. Sei dabei!
Jules von schoenwild im Wunderweib-Interview
Du bist seit nun mehr fast sieben Jahren Plus-Size-Bloggerin. Hat sich in diesen Jahren deiner Meinung nach etwas an der Wahrnehmung von Plus-Size-Mode und den Frauen, die sie tragen, geändert?
Wahnsinn wie schnell die Zeit vergeht! Ich erinnere mich noch zu gut daran, wie ich als schüchternes Mädchen ganz verschämt gestartet habe, online meine Gedanken zu veröffentlichen. Ohne Selbstbewusstsein, ohne Selbstwertgefühl, aber dafür mit einer großen Portion Zweifel und vor allem ohne Kleidung, in der ich mich richtig wohl gefühlt habe.
2019 stehen wir hier. Es gibt eine Handvoll von internationalen Plus Size Ikonen, die eine große Anzahl von Frauen wie uns in den Medien repräsentiert.
Immer mehr Fashion Brands wagen den Sprung ins Plus Size Segment und produzieren moderne Schnitte. Bis vor 5 Jahren war es sehr schwer, etwas passendes zu finden. Durch Social Media und den Online-Handel wurde die Nachfrage immer größer. Laut einer Studie wurde Kleidergröße 48 im letzten Jahr 30% (!!) mehr gekauft. Das liegt sicher nicht daran, dass die Menschen kräftiger geworden sind, sondern, dass es endlich Kleidung gibt, mit der man sich indentifizieren kann. Und ich bin mir sehr sicher, dass gut sitzende Kleidung sehr zur Steigerung des eigenen Selbstbewusstseins beiträgt.
Und ich? Ich bin in den letzten Jahren persönlich so stark gewachsen, wie ich es mir in meinen schönsten Träumen nicht hätte ausmalen können. Ich liebe mich so wie ich bin. Mit all meinen Dellen, dem ungeschminkten Schlafzimmerblick und meinem Bauch, dem Plauzius. Ich habe gelernt meinen Selbstwert zu erkennen und bin durch viele (teils selbstauferlegte) Prüfungen immer selbstbewusster geworden. Das macht mich unheimlich glücklich.
Das schöne an Social Media ist, dass ich meine Follower seit Jahren auf meiner Reise mitnehme und sie sehen welche Effekte es auf das Leben hat, wenn man nie aufhört an sich zu glauben und dran bleibt.
Ich liebe es, für Dinge einzustehen, die mich bewegen und wenn alle bei sich anfangen, zieht das alles seine Kreise.
Zusammengefasst: Persönlich hat sich für mich sehr viel verändert und das nehme ich auch bei meinen Followern und im persönlichen Umfeld wahr. Die Fashion Industrie bemerkt, dass es immer mehr mutige kurvige Frauen gibt, die genauso cool gekleidet sein wollen wie alle anderen auch. In den Medien ist es leider immer noch nicht die Normalität, aber das wird sicher auch noch.
Wie hast du gelernt, dich selbst so zu lieben, wie du bist, und dein Selbstbewusstsein aufgebaut?
Es war ein langer und schmerzlicher, aber auch ein wunderschöner Weg, der sicher noch nicht zu Ende ist.
Zum einen war ich immer absolut ehrlich zu mir und habe stark reflektiert. Dazu habe ich mir ein super Umfeld geschaffen mit dem ich offen über solche Themen wie Persönlichkeitsentwicklung sprechen kann.
Ich habe viel gelesen, an Coachings teilgenommen und YouTube Videos geschaut. Ich habe andere Blogger getroffen und gemerkt, dass ich nicht alleine bin. Das hat mir viel Vertrauen gegeben.
Und dann habe ich mir immer wieder eigene Challenges gestellt. Zum Beispiel für eine Kooperation mit Zalando zum Thema Bademode. Da bin ich an den Strand gegangen. Im Bikini, zum ersten Mal. Und da habe ich dann beobachtet wie „schlimm“ die Leute wirklich schauen. Was soll ich euch sagen? Gar nicht! In dem Moment hat es Klick gemacht und mir war klar, dass ich in den Leben anderer Menschen nicht die Hauptrolle spiele. Sie interessiert es nicht, ob ich Plauzius am Strand zeige oder ungeschminkt die Straße lang gehe.
Und so ging es immer weiter. Durch das immer weiter wachsende Selbstvertrauen, das positive Feedback aus der Community und meinem privaten Umfeld habe ich gelernt, mich so zu lieben wie ich bin.
Gab es ein bestimmtes Ereignis in deinem Leben, dass verändert hat, wie du dich selbst wahrnimmst?
Oh ja! Da waren einige. Das erste Mal war vor knapp 7 Jahren, als ich meine Panikattacken (10 Jahre hatte ich sie) mittels Konfrontation aus meinem Leben verbannt habe.
Zu dieser Zeit habe ich das Buch „Der Code zum positiven Denken“ gelesen und verstanden, was man tun muss um sein Leben lebenswert & schön zu gestalten. Egal, wie schwer der Start war.
Es gab immer wieder Wendepunkte und Momente, in denen es Klick gemacht hat. Wie zum Beispiel kürzlich, als ich endlich verstanden habe, wieso ich wirklich dick bin. Ich habe mich nämlich nie so gesehen. Anfang des Jahres wurde mir klar, dass ich eine emotionale Esserin bin. Ich habe mal akribisch Tagebuch geführt und mir ist aufgefallen, dass ich immer zum Essen greife, wenn ich eigentlich etwas fühlen sollte.
Und jetzt lerne ich mich, meinen Körper und meine Bedürfnisse neu kennen. Ich lerne wieder zu fühlen. Früher habe ich die Strategie gebraucht um all das zu überstehen, aber heute brauche ich es nicht mehr. Ich bin gespannt, wohin die Reise führt.
Gibt es Tage, an denen dir die Selbstliebe manchmal noch schwerfällt und du mit dir selbst haderst?
Immer seltener und das ist so schön zu sehen, dass sich all die Arbeit bezahlt macht. Früher war es ein auf und ab. Ich habe es von meinem Make-up, meinem Outfit oder meiner Frisur abhängig gemacht. Mittlerweile weiß ich, dass äußere Schönheit vergänglich ist und ich das Leben und meinen Selbstwert nicht mehr über Eitelkeiten stelle.
Hast du einen Tipp für die Frauen, die gerne mehr Selbstbewusstsein hätten?
Oh ja! Auf meinem Blog und auf meinem YouTube Kanal habe ich dazu schon einiges geschrieben. Ansonsten schaut auch gerne mal bei Instagram vorbei. Da spreche ich regelmäßig über meine persönliche Entwicklung!
Was würdest du dir für die Zukunft wünschen? (allgemein oder auch in Bezug auf den Bereich der Plus-Size-Mode)
Ich wünsche mir, dass jeder bei sich anfängt. Wenn sich jeder erstmal auf sich konzentrieren und mit sich ins Reine kommen würde, dann könnten wir uns in der Welt um ganz andere Dinge kümmern.
Im Bezug auf Plus Size sind wir auf einem sehr guten Weg, würde ich sagen. Bis auf die Medien, wie beispielsweise die Social Media Awards, die im April sind und zu denen scheinbar schon wieder kein einziger Plus Size Influencer eingeladen ist. (Stand März 2019)
Letztes Jahr hatten Tanja von Kurvenrausch und ich mit der Aktion #WhatAboutUs darauf aufmerksam gemacht, dass von 700 Influencern kein einziger Plus Size Blogger ins Publikum eingeladen wurde, von der Nominierung ganz zu schweigen. Das geht nicht!
Denn schauen wir uns Social Media mal an. Die wenigen Plus Size Blogger in Deutschland haben in den letzten Jahren eine ganze Menge geleistet. Nur durch ihren Mut ändern sich gerade die Sehgewohnheiten. Kurvige Menschen sind endlich nicht mehr unsichtbar und sowas sollte gesehen und unterstützt werden, vor allem von dem Social Media Award. Das ist meine Meinung. :)
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