Hilfe für Eltern

Kleider und Tücher für Sternenkinder und Frühchen

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Hilfe für Eltern nach Fehlgeburt oder Frühgeburt

Eltern von zu früh geborenen Kindern finden sich in einer Situation wieder, in der sie vom Schicksal besonders gefordert sind. Die einen bangen noch um das Leben ihres Schützlings. Für andere beginnt eine Zeit des Trauerns, wenn das kleine Wesen seinen Weg ins Leben nicht gefunden hat. Momente des Lebens, in denen oft die Worte fehlen und schwer zu sagen ist, was jetzt das Ganze überstehen lässt.

Mitgefühl, Beistand, ein offenes Ohr und Gebete können dazu beitragen, sich nicht nur allein sondern von anderen getragen zu fühlen! Doch leider stoßen viele dieser Eltern eher auf Schweigen, Unverständnis oder Hilflosigkeit bei anderen. Und obwohl es seit 2013 möglich ist, tote Kinder unter 500 Gramm Geburtsgewicht zu beerdigen, stehen viele noch allein davor, wie sie die Zeit der Abschiednahme eines viel zu früh und still geborenen Kindes würdig begehen können - wie sie auch jetzt für ihr Kind da sein und es liebevoll umsorgen können, solange es auf Erden ist.

Dazu gehört auch die Frage, wie Eltern ihr Kind aufgehoben wissen wollen. Wie es eingekuschelt oder eingewickelt sein soll und worauf oder worin es liegen kann, damit sie den kleinen Körper gut geschützt wissen. Das gilt für lebende Frühchen aber natürlich auch dann, wenn es das letzte Kleidungsstück für die Reise des verstorbenen Kindes in den Sternenhimmel sein wird.

Doch alle Eltern von Frühchen, die unvorbereitet ein sehr kleines Baby empfangen haben, wissen: Kleidung oder Nestchen für ganz kleine Wesen gibt es einfach nicht im Laden um die Ecke. Das ist zwar nicht die Sorge Nummer eins betroffener Eltern. Aber das Thema gewinnt mit der Zeit doch an Bedeutung. Denn oftmals hilft schöne Kleidung, anfängliche Berührungsängste abzubauen oder auch etwas Normalität in die belastende Situation auf einer Frühchenstation zu bringen.

Kostenlose Kleider für Sternchen und Frühchen

Damit auch Sterneneltern und Eltern von Frühchen etwas Passendes für ihr Kind finden, gibt es seit einiger Zeit immer mehr Menschen, die liebevoll genähte Kleidungsstücke, Mützchen, Tücher, Nestchen und Accessoires für die Kleinsten fertigen und kostenlos an Familien und Kliniken schicken.

Die helfenden Projekte sind oft aus eigener Betroffenheit heraus entstanden. Deshalb möchten wir gern zwei dieser ehrenamtlichen Projekte vorstellen. Damit es sich rumspricht, dass es für Betroffene Eltern helfende Hände in einer schwierigen Zeit gibt.  

♦ Herzenssache – Nähen für Sternchen und Frühchen e.V.

Aus eigener Betroffenheit heraus hat auch Dana Waschinsky-Wolff 2015 ihr Projekt „Herzenssache“ ins Leben gerufen. Ihr kleiner Max kam mit nur 2000 Gramm und ohne Herztöne zur Welt. Er hat seinen schweren Start zwar überlebt und ist heute ein kerngesunder und aufgeweckter Junge. Doch als stark unterversorgtes Kind war er lange auf der Frühchenstation und hat dort zunächst nur mit einer Windel am Leib im Brutkasten gelegen.

Frühchen: Kleider helfen bei Berührungsängsten

Max` Mutter erinnert sich gut daran, wie zart ihr Sohn aussah. „Man hat durch ihn hindurch gucken können, so dünn war seine Haut. Ich hab mich kaum getraut ihn anzufassen.  Als er etwas später angezogen wurde, fiel es mir viel leichter ihn zu berühren. Ich war irgendwie ruhiger und entspannter mit ihm, hatte weniger Angst ihm weh zu tun oder zu verletzen.“ Aufgrund der eigenen Erfahrung  ist in ihr die Idee entstanden, Kleider für Frühchen wie Max zu nähen. Denn selbst genäht hat die zweifache Mutter schon zuvor für ihr erstes Kind. 

Kleider für Frühchen helfen den Eltern, Berührungsängste abzubauen.
Kleider für Frühchen helfen den Eltern, Berührungsängste abzubauen. Foto: Herzenssache e.V.

Positive Rückmeldungen aus den Kliniken

Mittlerweile hat sich aus der Idee ein Verein entwickelt, der neben dem Virchow-Klinikum und der Berliner-Charité mit ihren großen Frühchenstationen bundesweit 40 Kliniken beliefert und darüber hinaus auch Sets auf Anfrage verschickt. Die Vereinsgründerin weiß aus eigener Erfahrung, wie positiv bunte Kleidung bei den Kleinen wirkt. Und das melden ihr und ihrem Unterstützerteam auch die Kliniken immer wieder zurück. Dort weiß man, dass zum Beispiel die bunten, kleinen Mützchen auch Kinder mit Kopfverformungen gesünder aussehen lassen. So kommen die Eltern oft viel besser mit der Situation zu Recht.

Generationenübergreifendes Engagement

Die fleißigen Hände, die Waschinsky-Wolff unterstützen, sind zwischen 19 und weit über 80 Jahren alt. So kommen immer wieder sehr schöne Begegnungen zustande. „Neulich hat sogar eine Omi mit Rollator bis zum Ende des Nähtreffs um Mitternacht mitgemacht. Das ist wirklich toll.“ Viele der Älteren stricken, die Jüngeren schneiden zu und nähen. Wer mitmacht muss aber nicht nähen können.“ Der Verein sucht auch immer Helfer, die Kärtchen anfertigen und die Kleidung schön verpacken. In Wandlitz und Dortmund gibt es alle sechs Wochen feste Nähtreffs. Gruppen für Hamburg und Chemnitz sind in der Entstehung. Wer mitmachen möchte kann sich einfach melden. Alles lebt vom Ehrenamt und Sach- oder Geldspenden. Ohne diese wäre die Arbeit nicht möglich.    

♦ SternenWutz: „Wölkchen“ für Sternenkinder

Mit viel Engagement und Wärme gestaltet Vanessa Roß zusammen mit ihrer Mutter Monika unter dem Namen SternenWutz Einschlagdeckchen, Strampler und „Wölkchen“ (kleine Nestchen) für Sternenkinder. Sie selbst hat ihre beiden Zwillingsmädchen Anni und Hailey tot zur Welt bringen müssen. Eine schwere Zeit, die rückblickend jedoch auch schöne und heilsame Stunden bereithielt. Denn Vanessa Roß und ihr Mann haben ihre Mädchen noch eine Zeit zu Hause haben, baden, kuscheln und Fotos machen können. Vielen betroffenen Eltern bleibt dies vorenthalten, weil sie nicht wissen, dass sie ein Recht darauf haben, sich bis zu Letzt um ihr Kind zu kümmern. 

Trauer in Kreativität und Hilfsbereitschaft umsetzen

Ohne Vorkenntnisse hat sich Roß damals nach der stillen Geburt ihrer Zwillinge an die Nähmaschine gesetzt und losgelegt. „Immer wenn ich kurz vorm Durchdrehen war, hab ich genäht. Und das tue ich auch heute noch. Die Trauer ist ja noch nicht vorbei. Aber so halte ich sie besser aus.“ erzählt Roß, mittlerweile Mutter der sieben Monate alten Lotta, die zufrieden im Hintergrund brabbelt. Das Nähen von Kleidern für Sternenkinder hat Vanessa Roß (31) die Möglichkeit gegeben, sich ihrer Trauer zuzuwenden und in der Kreativität einen Umgang damit zu finden.

Liebevoll genähte Kleider helfen den Eltern beim Abschied von ihrem Sternenkind.
Liebevoll genähte Kleider helfen den Eltern beim Abschied von ihrem Sternenkind. Foto: SternenWutz

Schnelle Hilfe individuell gestaltet

Heute steht die junge Mutter durch ihre Arbeit immer mehr Sternenkindeltern zur Seite und hilft ihnen, einen würdevollen Abschied vom Kind zu gestalten. „Für mich steht nicht das Leid der Eltern im Vordergrund, sondern mehr die Begleitung. Das Zuhören und der Austausch nehmen oft sogar viel mehr Zeit in Anspruch, als das Nähen. Aber das gehört für mich zusammen und ist mir auch sehr wichtig.“ Um den Eltern professionell zur Seite zu stehen, hat sie sich mittlerweile zur Sterbe- und Trauerbegleiterin ausbilden lassen.

Betroffene Eltern können sich an Roß wenden und mit ihnen absprechen, welches Tüchlein oder welchen Strampler sie sich wünschen. „Das besprechen wir immer individuell und ich versuche, die Sachen innerhalb von zwei Tagen auf den Weg zu bringen. Wenn es schneller gehen muss, bin ich auch schon mal mit dem Auto hingefahren. Aber manchmal wissen die Eltern ja schon, dass ihnen eine stille Geburt bevorsteht. Sie melden sich dann schon vorher um alles zu besprechen.“ Selbst für die ganz Kleinen, die in der 15ten oder 16ten Woche gekommen sind, näht sie die kleinen Einschlagdeckchen. Für Größere wählen Eltern eher die kleinen Anzüge, berichtet Roß.  

Hilfe für die fleißigen Helfer

Roß ist natürlich froh über jede „ruhige Woche“. Wie oft sie aktiv werden muss, ist dabei ganz verschieden. „Manchmal sind es zwei bis drei Anfragen pro Tag, oft zum Glück viel weniger. Bisher konnten wir zum Glück immer helfen.“ Mit tatkräftiger Unterstützung ihrer Mutter ist es möglich. Beide wünschen sich, dass mehr betroffene Eltern über die Wege erfahren, wie sie ihrer Trauer einen Ausdruck geben können und dass sie damit nicht allein sind. Noch immer gibt es hier zu viel Schweigen!

Vanessa und ihre Mutter freuen sich darüber, dass sie im Moment mit ausreichend Spenden gesegnet sind um ihre Arbeit weiter machen zu können. Aber natürlich müssen auch bei Sternenwutz Verpackungs- und Versandkosten bestritten werden, um den Empfängern ihr Paket unbürokratisch und kostenlos zukommen zu lassen. Und dafür helfen kleine Geldspenden immer. Denn so fing es an: Mit dem Spendensammeln im Angelverein des Vaters, wo ein „Wutz“ aufgestellt wurde. In ihrer Heimat wird so ein Sparschwein bezeichnet, das durch seinen „Einsatz“ gleich in die Namensgebung eingeflossen ist und auch heut noch gern gefüttert wird.

Kein kommerzielles Interesse

Es gibt noch so viel mehr Menschen, die durch ihre kreative Arbeit und Zuwendung für Eltern da sind, die eine schwere Zeit durchmachen. Den meisten geht dabei es dabei nicht um ein kommerzielles Interesse. Denn alle, auf die wir im Austausch darüber gestoßen sind, haben parallel zu ihrem Engagement Jobs, von denen die leben.

Sie ziehen ihre Befriedigung aus der Gemeinschaft mit anderen Helfern, den Rückmeldungen von Eltern und Kliniken und dem guten Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun. Je mehr Menschen es mit dieser Haltung gibt, desto mehr kann die Welt wieder ein Stück heiler werden. Und dazu kann jeder seinen Teil beitragen - auch ohne aufwendiges Ehrenamt. Oft genügen ein offenes Ohr zur rechten Zeit und ein Herz, das erkennt, wer es braucht.  

In diesem Video sind noch viel mehr Bilder der liebevollen Kleider von Herzenssache e.V. und SternenWutz zu sehen:

Autorin: Familientherapeutin Marthe Kniep (Hamburg)

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Stille Geburt: Frieden finden in einem liebevollen Abschied vom Sternenkind

Letzte Erinnerung: Katrin Langowski fotografiert Sternenkinder