Krebsdiagnose mit 19: Saskia im Interview über ihre Erkrankung und das Leben danach
Ihre Diagnose erhielt Saskia, als sie 19 Jahre alt war. Heute ist sie seit mehr als 1.400 Tagen krebsfrei. Wir haben mit ihr über die Reaktion auf die Diagnose, ihre Erkrankung und ihr Leben danach gesprochen.
Saskia war gerade einmal 19 Jahre alt, als man ihr die Diagnose Krebs, genauer Blutkrebs (Leukämie), mitteilte. Seit nun mehr drei Jahren ist die heute 24 Jahre alte Saskia krebsfrei. Auf ihrem Instagram-Profil @mareile_emma (der Name setzt sich aus ihrem zweiten Vornamen und dem Namen ihr kleinen Tochter Emma zusammen) teilt sie ihre persönlichen Erfahrungen mit einer stetig wachsenden Community.
Die gelernte Altenpflegerin, die sich gerade beruflich umorientiert, ist ein gänzlich anderer Mensch geworden. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, wie der Krebs ihr Leben verändert hat, warum sie ihre persönlichen Erfahrungen auf einem Kanal wie Instagram teilt und wie sie sich als Risikopatientin in Corona-Zeiten fühlt – ein wunderbarECHTes Interview.
Saskia im #wunderbarECHT-Interview über ihre Krebserkrankung
Wann hast du deine Krebsdiagnose erhalten?
Ich habe die Diagnose am 05.01.2015 erhalten. Zu dem Zeitpunkt war ich 19 Jahre alt.
Was war dein erster Gedanke, als du von deiner Krebserkrankung erfahren hast?
„Kann nicht sein“, „ist bestimmt ein Fehler“, „und jetzt?“
Als ich die Diagnose bekommen habe, hatte ich gerade mein Entlassungsgespräch im Krankenhaus und war alleine da. Ich stand unter Schock und habe es am Anfang nicht „annehmen können“. In dem Moment stand ich neben mir und habe das Gespräch nur noch von Weitem wahrgenommen.
Wann und wem hast du als erstes von deiner Diagnose erzählt? Wie hast du deiner Tochter Emma davon erzählt?
Ich habe auf dem Weg nach Hause einen Freund angerufen, da wir verabredet waren und ich dies absagen wollte. Anschließend habe ich es wochenlang niemanden mehr erzählt.
Emma war zu dem Zeitpunkt noch sehr klein (1,5 Jahre). Ich konnte es ihr damals nicht erklären, da sie noch so klein war. Emma weiß zwar mittlerweile, dass ich sehr krank war, wie sehr und was ich hatte, weiß sie jedoch nicht.
Seit wann bist du krebsfrei?
Seit 1368 Tagen (Stand: Ende April 2020).
Warum hast du dich dazu entschieden, deine Krebserkrankung auf Instagram zu teilen?
Es war meine Therapie! Ich habe in der Krebsphase jegliche Hilfe abgelehnt. Ich wollte es alleine schaffen. Ich habe Familie und Freunde abgestoßen und bin anschließend in ein sehr tiefes Loch gefallen. Ich habe durch Instagram meine Gefühle aufschreiben können und diese dadurch verarbeitet.
Wie hat der Krebs dich verändert?
Das ist schwer! Er hat mich in so vielen Bereichen verändert! Ich bin dankbarer geworden, achtsamer und habe in den Jahren danach gelernt, Hilfe annehmen zu können. Ich habe meine Grenzen auf eine ganze neue Art kennengelernt und gemerkt, wie wichtig Familie und Freunde sind (vor allem wie wichtig meine Tochter für mich ist, ohne sie, wäre ich nicht mehr hier, ohne sie hätte ich aufgegeben. Sie war mein Ansporn, nicht aufzugeben.) Ich denke, dass ich durch den Krebs nicht mehr das Mädchen mit der harten Schale bin, die den weichen Kern kaum bis gar nicht zeigt, sondern eine gestandene Frau, die keine Angst hat, Gefühle zu zeigen.
Was ist dein Rat an Menschen, die vielleicht gerade in einer ähnlichen Situation sind, wie du damals oder auch jetzt?
Hilfe annehmen! Nicht immer das Gefühl haben zu müssen, stark sein zu müssen für andere (bei mir war das bei meiner Mama, ich wollte sie damit nicht belasten und habe sie dadurch ausgegrenzt). Es ist ok, in dieser Zeit Schwäche zu zeigen!! Und vor allem REDEN, ja man hat Angst vor dem Tod, ja man hat Angst, die Familie und Freunde im Stich zu lassen und ja, verdammt, man fragt sich, warum ich und kein anderer! Und das ist ok, man sollte mit den Gedanken nur nicht alleine sein, die zerstören einen.
Was wünschst du dir für deine Zukunft?
Gesundheit, Gesundheit, Gesundheit! Und natürlich wünsche ich mir, bald die Liebe meines Lebens zu heiraten und mit Ihm und meiner Tochter dieses wundervolle Leben zu führen, was wir uns in den letzten Jahren und Monaten aufgebaut haben.
Wie fühlst du dich in der derzeitigen Situation als Risikopatientin?
Es sind gemischte Gefühle. Zum einen fühle ich mich oft gar nicht angesprochen, wenn es heißt „Risikopatienten“ und denke dann eher an Bekannte und Freunde, die selber Krebs oder eine andere Krankheit hatten oder haben und hoffe, dass es denen gut geht. Zum anderen ist es natürlich schon ein komisches Gefühl, wenn man mit dem Hund raus geht oder sonst mal kurz vor die Tür geht. Irgendwie ist da doch immer eine kleine Angst, dass man sich anstecken könnte.
Wir danken dir für das Interview, liebe Saskia!
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