Wie Schwangerschaftsdiabetes eine Schwangerschaft verändert
„Hallo, ich bin Silke, und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich gar keinen Schwangerschaftsdiabetes habe und dass mir das hier nichts bringt.“
Mama-Bloggerin Silke betrachtet sich selbst als entspannte Schwangere. Immerhin bekommt sie schon bald ihr zweites Kind – und hat 9 + 8 Monate Erfahrung darin, sich in Gesundheitsfragen NICHT verrückt machen zu lassen.
Obwohl gerade die Ärzte immer wieder ihr bestes dafür geben …
Schwangerschaftsdiabetes: Warum ich mich von dieser Diagnose nicht verrückt machen lasse
Ich sitze im Diabeteszentrum neben drei anderen werdenden Müttern. Auf einer Power-Point-Folie betrachten wir gerade die Folgen eines unentdeckten Schwangerschaftsdiabetes: Unterzuckerung des Kindes nach der Geburt, „Big Babys“ mit einem Geburtsgewicht von 5 kg und mehr, Unterentwicklung der kindlichen Organe und weitere dramatische Szenarien werden uns vorgeführt.
Was mache ich eigentlich hier?
„Hallo, ich bin Silke, und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich gar keinen Schwangerschaftsdiabetes habe und dass mir das hier nichts bringt.“ In dieser zugegeben eher offensiv als passiv aggressiven Art und Weise habe ich mich zu dem anderthalbstündigen Beratungstermin vorgestellt. Die Frauen rechts und links von mir erwarten alle im Gegensatz zu mir ihr erstes Kind. Sie sind auffällig still während der 90 Minuten und wirken auf mich bedrückt bis eingeschüchtert. Kein Wunder: In meiner ersten Schwangerschaft hätte mich das ganze Thema vermutlich auch auf einem ganz anderen Fuß erwischt. Aber jetzt bin ich einfach nur sauer.
Muss man denn immer vom Allerschlimmsten ausgehen?
Um meinen Gesundheitszustand bzw. den meines ungeborenen Kindes einmal in Relation zu setzen: Ich hatte mein Leben lang einen BMI von 20 oder darunter und erfülle auch sonst keinen der Risikofaktoren für einen Schwangerschaftsdiabetes. Mein Kind befand sich in der 30. Schwangerschaftswoche auf der 50. Perzentile und auch sonst gab es bei keinem der Ultraschalls irgendwelche Auffälligkeiten. Das einzige, was mich in diesen stickigen Raum und in dieses 90-minütige Ernährungsberatungsseminar gebracht hat, sind 4 kleine Punkte, die ich beim Zuckertest über dem Grenzwert lag: 95 mg/dl anstatt der erlaubten 92 mg/dl betrug mein Nüchternwert beim großen Blutzuckertest. Die beiden darauffolgenden Werte waren hervorragend.
„Irgendwo muss man die Grenze ziehen“, sagt meine Gynäkologin. Und dass die nun folgende Ernährungsumstellung und das Blutzuckermessen (7x am Tag!!!) reine Vorsichtsmaßnahmen seien.
Vorsichtsmaßnahmen? Ja! Verrücktmachen? Nein, danke!
Natürlich gehe ich, wenn es um mein ungeborenes Kind geht, kein noch so geringes Risiko ein. Also kaue ich seit Wochen brav auf Vollkornbrotscheiben anstatt auf Weizen- und Laugenbrötchen rum. Ich habe seit der Diagnose kein einziges Stück Schokolade, Haribo, Eis oder sonst irgendeine Süßigkeit angerührt. Ich trinke ausschließlich Wasser und keinen Saft, ja nicht einmal die allerdünnste Fruchtschorle. Ich wiege meine Nudeln, bevor ich sie esse und stille kleine Hungerattacken mit gekochten Eiern anstatt mit Snickers. Ich mach das ja alles brav und artig, keine Frage!
Jetzt ist es eine „Risikoschwangerschaft“. Wie das schon klingt!
Aber was mich wirklich wahnsinnig macht, ist das „krankgeredet“ werden. Ich bin nicht „krank“. Mein Kind ist nicht „krank“. Warum muss mir in elend langen Beratungsgesprächen erklärt werden, WIE SCHLIMM alles werden kann, wenn ich jetzt nicht aufpasse. Ich passe doch auf, verdammt!
Ich reagiere auf diese Art der Patienten-Behandlung mit Wut. Doch ich fürchte, dass es zahlreiche Frauen gibt, die in derselben Situation mit Angst und Panik reagieren. Und das kann doch nun wirklich nicht das Richtige für eine Schwangere sein! Nachdem ich meine Blutzuckerwerte der ersten Woche durchgegeben habe, teilte meine Diabetesberaterin mit, dass ich nun nur noch 4x anstatt 7x täglich messen brauche. Zwei weitere Wochen später entschied sie, dass eine einzige Messung pro Tag ausreiche. Ich will die Gefahr eines Schwangerschaftsdiabetes nicht unterschätzen, auf keinen Fall – aber das ganze Prozedere, das ich dafür durchlaufen musste, ist für mich ganz klar übertriebene Panikmache.
Ich ernähre mich natürlich weiter gesund und messe täglich meinen Blutzuckerwert. Den Rest der Schwangerschaft genieße ich dennoch in vollen Zügen. Ohne Angst, Panik und schlaflose Nächte. Ich hoffe, alle Schwangeren, die das hier lesen, machen es genauso – und lassen sich von voreiligen Diagnosen nicht verrückt machen!
Eure Silke
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