Ein Kind verlieren

Stille Geburt: Frieden finden in einem liebevollen Abschied vom Sternenkind

Erfahren Sie hier, wie Angehörige eines verstorbenen Kindes einen Abschied in Frieden gestalten können und wie vor allem eine Bestatterin betroffene Familien darin begleiten kann, die kurze Zeit des Kindes auf der Erde als etwas Wertvolles anzunehmen.

Ein Kind zu verlieren gehört zu dem Schlimmsten, was einem Menschen widerfahren kann.

Der Abschied von einem verlorenen Kind ist furchtbar schwer - doch es gibt Menschen, die trauernden Eltern und Angehörigen auf diesem Weg helfen können.
Der Abschied von einem verlorenen Kind ist furchtbar schwer - doch es gibt Menschen, die trauernden Eltern und Angehörigen auf diesem Weg helfen können. Foto: iStock
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Doch leider passiert es immer wieder, dass sehnlich erwartete Kinder sich nicht richtig entwickeln oder dass hoffnungsfroh empfangene Babys das Licht der Welt viel zu kurz erblicken. Schwere Stunden für all diejenigen, die nun damit beginnen müssen, Abschied zu nehmen. Von ihrem Kind, ihrem Geschwister oder Enkel. Dabei kann ihnen niemand die Trauer abnehmen. Denn sie ist da und bahnt sich ihren Weg. Bei jedem Menschen auf eine individuelle Weise.

Warum?

Manchmal entscheiden sich Eltern schweren Herzens wegen ihrer Lebenssituation oder einer schwerwiegenden Diagnose das Leben ihres Kindes noch im Mutterleib zu beenden. Sie sind oft besonders allein mit dem Verlust, den sie aus Angst vor den Reaktionen mit kaum einem anderen Menschen teilen mögen. Sehr viel öfter trifft Eltern das Sterben oder der Tod des Kindes unvorbereitet. Komplikationen. Keine Herztöne. Kein Atmen. Kein Zurück ins Leben.

Hilflosigkeit und Unsicherheit

Betroffene sind im ersten Moment oft im Schockzustand. Überfordert oder überfragt, wenn es darum geht, wie nun alles weiter gehen soll. Es gibt eben keinen allgemeingültigen Plan, was nach dem Tod eines Kindes zu tun ist und wie sie überhaupt von ihrem Kind Abschied nehmen können. Unweigerlich wird das Wort Sternenkind in ihr Leben kommen. So werden Kinder genannt, die im Mutterleib oder nach der Geburt verstorben sind.

Stille Geburt: Was in den ersten Tagen hilft

Sich dem Kind zuwenden  

Einige Eltern schließen ihr Sternenkind in ihre Arme und schauen es an. Denn es ihr Kind, von dem sie nun Abschied nehmen müssen und sie wollen die kurze Zeit mit ihm gemeinsam verbringen. Doch nicht alle verwaisten Eltern können sich dem toten Körper des Kindes gleich zu wenden. Manche brauchen länger dafür, bis sie nach dem ersten Schock den Wunsch entwickeln, ihr Kind oder ihre Kinder anzuschauen und sich zu vergewissern, dass es zur Welt gekommen ist und nun nicht mehr lebt. Dabei ist auch ein totes, viel zu früh geborenes Kind ein zartes, kleines Wesen, das liebevoll angeschaut werden kann.  

Helfer in den ersten Tagen

Unsicherheit und die eigene Betroffenheit des Umfeldes über den Tod eines Babys führt leider oft dazu, dass verwaiste Eltern sich alleingelassen fühlen oder nett gemeinte Worte als unpassend oder gar verletzend empfinden. So passiert es oft, dass neue Menschen in das Leben Betroffener treten, die Erfahrung mit solcherlei Verlusten haben und die ihnen nun besser zur Seite stehen können als mancher aus dem nahen Umfeld. Das kann ein Seelsorger des Krankhauses sein, der von sich aus vorbeischaut oder gerufen werden kann. Doch es gibt noch mehr Unterstützung.

Die Hebamme

Betreuung verwaister Eltern und die Versorgung toter Babys ist integraler Bestandteil von Hebammenarbeit. Und jede verwaiste Mutter hat ein Recht auf tägliche Wochenbettbesuche und eine gute Hebammenbetreuung. Eine Hebamme weiß, wie nah Leben und Tod zusammengehören und kann dem Thema begegnen - es aushalten mit der Familie und vor allem der Mutter über ihre Gefühle, das körperliche Erleben, den Verlauf von Tagen und Nächten und auch über ihr Kind zu sprechen. Oder: gemeinsam zu schweigen, wenn die Worte fehlen.  

Beerdigung eines Kindes: Unterstützung durch den Bestatter

Wir hoffen oft, dass wir einen Bestatter erst kennen lernen, wenn ein altes Familienmitglied verstorben ist. Doch auch oder gerade für Eltern, die ein Kind betrauern, kann ein Bestatter oder eine Bestatterin ein hilfreicher Begleiter sein und ihnen vieles abnehmen oder erklären, was nun auf sie zukommt. Seine Erfahrung ermöglicht den Angehörigen, sich ganz dem Abschied zu widmen.

Ab dem Moment, ab den ihn eine Familie beauftragt, kann er der Familie die Wege zur Behörde abnehmen und die Versorgung des toten Kindes bis zur Beerdigung an einem ausgewählten Platz begleiten. Daher sollten Betroffene nicht zögern, den Kontakt zu einem Beerdigungsinstitut schnell aufzunehmen. Im Fall einer stillen Geburt, über die die Eltern vorher wissen, kann er bereits im Vorfeld eine Stütze sein.

Der Fachmann oder die Fachfrau hat das Wissen über die Dinge, über die kaum jemand sprechen mag, die aber elementar wichtig sind. Seine Aufgabe ist die Unterstützung und Begleitung in der Zeit zwischen dem Tod des Kindes und der Bestattung. Bestatter können alle Fragen der Eltern beantworten, ermutigen und mit Rat und Tat zur Seite stehen. Sie kennen die örtlichen Friedhöfe und Möglichkeiten für Abschiednahmen und Trauerfeiern.

Auf dem diesjährigen XIV. Hebammenkongress in Hamburg haben sich viele der teilnehmenden Hebammen dem Thema zugewandt, die es wichtig finden, auch im Krankenhaus und Wochenbett Eltern und Kind gut zu versorgen. Die Berliner Bestatterin Lea Gscheidel und ihre Mutter Clarissa Schwarz (siehe Foto unten) – ebenfalls Bestatterin und Hebamme – haben in ihrem Vortrag einen Einblick in ihre Arbeit gegeben und aufgezeigt, wie sie den Trauerprozess von Familie begleiten können und auf welche Feinheiten es ankommt.

Hilfreiche Tipps von Bestatterin Lea Gscheidel

Lea Gscheidel ist 34 Jahre alt und arbeitet mit Vater und Mutter in dem Familienbetrieb CHARON BESTATTUNGEN in Berlin.
Lea Gscheidel (rechts) ist 34 Jahre alt und arbeitet mit Vater und Mutter in dem Familienbetrieb CHARON BESTATTUNGEN in Berlin. Foto: Johannes Berger

Frau Gscheidel, wie gehen Sie mit der Trauer der Familien um?

Lea Gscheidel: Trauer ist zunächst mal nicht gleichbedeutend mit traurig sein, sondern ein wildes Mischmasch an Gefühlen: Wut, Trauer, Leere, Schmerz, das Gefühl von Ungerechtigkeit aber auch viel, viel Liebe. Und Trauer wird nur weniger, indem man trauert. Ich ermutige die Familien zu weinen, das belastet mich nicht. Ich sehe dann, dass die Trauer fließt, dass der Prozess in Bewegung ist. Ich habe keine Angst vor Tränen – sie sind Ausdruck der Liebe zu dem verstorbenen Menschen. Geweinte Tränen sind nachher nicht die, die Probleme bereiten.

Sie reden ja mit den Betroffen darüber. Wie erklären sie das?

Lea Gscheidel: Trauer ist grundsätzlich eine gesunde Reaktion auf einen Verlust, mit dem jeder anders umgeht. Manche Eltern hoffen, sie könnten sich schützen, indem sie die Bindung, die Liebe, zum Kind verneinen und nicht nach dem Tod noch vertiefen wollen. Eltern, die sich zuvor auf ihr Kind gefreut haben und es schon seit Wochen und Monaten lieb haben, haben diese Entscheidungsfreiheit aber gar nicht mehr. Sie sind bereits innig mit dem Kind verbunden. Dann hilft es ihnen auf lange Sicht mehr, diese Verbindung anzuerkennen, weil sie entscheidenden positiven Einfluss auf den Verlauf der elterlichen Trauer hat. Die Eltern müssen ihrem Kind einen Platz in ihrer Familie und ihrer Biografie geben - es zu dem ihrigen machen. Deshalb ist mir wichtig, Familien in diesem Prozess gut zu begleiten und Sie in ihrem inneren Abschied vom Kind zu unterstützen.

Wie findet man denn einen Bestatter, der sensibel auf den Tod eines Kindes eingeht?

Lea Gscheidel: Das ist eine wichtige Frage. Denn die Bestatter arbeiten sehr unterschiedlich und nicht alle gehen auf die Art auf Familien ein, wie zum Beispiel wir. Viele haben auch selbst Scheu vor dem Umgang mit verstorbenen Babys und machen diese Arbeit nicht gern. Was viele Eltern nicht wissen: Sie können sich den Bestatter selber aussuchen. Und wenn er ihnen im ersten Telefongespräch nicht zusagt und sie kein gutes Gefühl haben, können sie das Gespräch abbrechen und sich weiter umschauen oder rumfragen. Oft wissen zum Beispiel schon die Hebammen im Krankenhaus, mit wem sie gut zusammen gearbeitet haben. Auch in Sternenkinder-Foren werden hierzu Erfahrungen ausgetauscht. Und auch die  Friedhofsmitarbeiter auf einem Friedhof mit Sternenkindergrabfeld kennen die Bestatter oft gut und können Empfehlungen geben. Eltern sollten bei dem Bestatter ihrer Wahl das Gefühl haben, dass sie jemanden gefunden haben, dem sie ihr Neugeborenes mit Vertrauen übergeben möchten.

Niemand muss allein am Grab stehen. Ein Bestatter begleitet Betroffene auch an diesem Tag!
Niemand muss allein am Grab stehen. Ein Bestatter begleitet Betroffene auch an diesem Tag. Foto: Jule Müller

Was besprechen Sie denn im ersten Gespräch mit den Eltern?  

Lea Gscheidel: In einem ersten persönlichen Gespräch beantworte ich alle Fragen und erkläre die wichtigsten Sachen. Die Eltern müssen erst mal gar nichts entscheiden und auch nichts unterschreiben. Dieses Gespräch ist mir wichtig, weil die Eltern natürlich oft kein inneres Bild davon haben, wie der Abschied von einem Kind aussehen kann. Bei Erwachsenen haben manche schon Erfahrung. Aber bei Kindern zum Glück selten. Und nach dem ersten Gespräch sehen wir dann Schritt für Schritt weiter: Was kommt als nächstes dran.

Den Abschied liebevoll gestalten

Was passiert mit dem Kind nach der Geburt?

Lea Gscheidel: Die Eltern dürfen grundsätzlich über ihr totes Kind bestimmen – sie sind die Eltern! Sie können dem Krankenhauspersonal genau sagen, was sie für sich und ihr Kind gerne möchten. Sie können in fast allen Bundesländern auch über den Ort bestimmen, an dem ihr Kind ist. Ob sie es vielleicht für kurze Zeit zu Hause haben möchten oder ob es bis zur Beisetzung im Krankenhaus oder beim Bestatter bleibt. Worauf dabei im jeweiligen Bundesland geachtet werden muss, erklären die Bestatter. Doch es geht nicht nur um den Verbleib des Körpers, sondern viel mehr um das Begleiten und Versorgen bis dahin. Darum, den Abschied liebevoll zu gestalten! Und damit meine ich nicht nur die Trauerfeier, sondern alle Schritte von der Geburt bis zur Beisetzung.

Wie können die Eltern denn ihr Kind in der Situation noch versorgen?

Lea Gscheidel: In den Tagen nach der Geburt sind Hebammen die wichtigsten Ansprechpartner. Erfahren sie von den Eltern, was diesen wichtig ist, ist ganz viel möglich. Eltern können das Kind zum Beispiel selber waschen, anziehen oder zudecken, wenn sie das möchten. Sie können ihm auch ein Kuscheltier oder einen Glücksbringer oder ein Foto mitgeben, wenn sie ihr Kind aus den Händen geben und es in die Kühlung gebracht wird. Manchen Eltern tut es gut, zu wissen, dass ihr Kind dann auf diesem Weg nicht allein ist. Und wenn sie sich nicht gleich dem Kind zuwenden konnten und nicht wissen, wo ihr Kind gerade ist, dann dürfen sie nachfragen: Wo ist mein Kind jetzt? Wie ist es aufbewahrt? Sie haben das Recht nachzufragen und zufriedenstellende Antworten auf diese Fragen zu bekommen.

Welche Erfahrung haben Sie damit, wie wichtig es ist, sich das Kind noch mal anzuschauen?

Lea Gscheidel: Aus meiner Erfahrung ist das der wichtigste Punkt beim Abschiednehmen von einem Kind. Fast alle Eltern haben zunächst Angst und sagen erst Mal Nein, weil sie es sich nicht zu trauen und oft Gruselvorstellungen in ihrem Kopf haben, wie ihr Kind wohl mittlerweile aussieht – wenn sie es eine Zeit nicht gesehen haben. Aber wenn ich eine Situation schaffe, in der sich die Eltern sicher fühlen können, entscheiden sich fast alle doch dafür. Und alle, die mit mir eine Abschiednahme gemacht haben, sagen hinterher, dass sie zwar erschöpft sind, aber vor allem erleichtert und viel mehr Frieden spüren.

Garten der Sternenkinder auf dem Friedhof „Alter St. Matthäus“ in Berlin – Kindergräber werden hier liebevoll und bunt gestaltet.
Garten der Sternenkinder auf dem Friedhof „Alter St. Matthäus“ in Berlin – Kindergräber werden hier liebevoll und bunt gestaltet. Foto: Bertram von Boxberg

Zeit zum Begreifen: die Einbettung

Sie sprachen im Vortrag die Bedeutung der Einbettung an. Den Moment, in dem das Kind in den Sarg gelegt wird. Warum kann es für Familien gut sein, an dieser teilzunehmen?

Lea Gscheidel: Beim Einbetten können die Eltern zuschauen oder es selber machen. Auch im Beisein von Geschwisterkindern. Es ist sozusagen das Letzte, was sie für ihr Kind tun können. Eltern und Geschwister können vorher den Sarg gestalten und ihre liebevollen Beigaben hineinlegen. Manchmal sind das Kuscheltiere, Süßigkeiten, ein Brief der Eltern oder ein Bild von einem Geschwister. All diese Dinge sind ganz kostbare Dinge, die noch für das Kind getan werden können.

Die Einbettung ist oft ein entscheidender Moment, weil sich die Eltern durch ihr Beisein sicher sein können, dass ihr Kind liebevoll behandelt wird und nach diesem mitgestalteten Moment gut liegt, bevor der Deckel für immer geschlossen wird. Manchmal übernimmt der Vater diese Aufgabe.

Es ist einfach eine wertvolle Zeit die Eltern noch mit ihrem Kind haben können. Familien, die die Einbettung erlebt oder mitgestaltet haben, stehen später bei der Trauerfeier ganz anders in ihren Schuhen. Quasi direkt vom Kreissaal auf den Friedhof ist einfach ein zu großer Schritt. Wie soll man das alles so schnell verstehen? Die Einbettung ist da ein ganz wichtiger Zwischenschritt. Es geht darum Zeugenschaft abzulegen, zu begreifen, dass das Kind tot ist, dabei zu sein mit dem Gefühl: Wir haben es so gut gemacht wie es uns möglich war. Wir waren dem Kind gute Eltern, nach unseren Kräften. So kann es gebettet bleiben. Für immer! Das hilft, den inneren Frieden zu finden.

Wie läuft denn so eine Einbettung ab?

Lea Gscheidel: Ich verabrede mich mit den Eltern meistens am Abschiedsraum des Krankenhauses. Ich habe dann alles vorbereitet, das Kind angeschaut und in Tücher gehüllt, vielleicht Kerzen oder Blumen hingestellt. Ich erzähle vorher immer, wie das Kind aussieht. Und dass die Eltern jetzt Zeit haben und alles in ihrem Tempo tun können, ihrem eigenen Bedürfnis nach Abstand und Nähe folgen. Von „ich tue alles“ bis „ich verlasse den Raum nach ein paar Minuten“ ist alles möglich.

Dazu muss man wissen: Babys verändern sich nach dem Tod meist weniger als erwachsene Menschen. Das sind süße, kleine Babys. Und sie sind in den Augen der Eltern eh wunderschön, wenn sie sie noch mal in den Arm nehmen oder anschauen. Die Eltern lieben ihr Kind. Und sie schauen es mit liebenden Augen an. Ich bin immer wieder ganz beeindruckt, wieviel Kraft Elternliebe geben kann.

Ein Kindersarg kann liebevoll gestaltet werden. Innen und außen!
Ein Kindersarg kann liebevoll gestaltet werden. Innen und außen! Foto: Lea Gescheidel

Nutzen alle diese Möglichkeit?

Lea Gscheidel: Ich hatte schon einige Eltern, die bevor sie den Raum betreten haben, mir nochmal versicherten, dass sie ihr Kind nicht nochmal anfassen oder gar in den Sarg legen können. Dann gehe ich in Absprache eine Weile vor die Tür, damit die Familie etwas Zeit für sich hat und warte. Vielleicht öffnet einer nochmal die Tür und fragt z.B. ob ich einen Stift oder eine Schere hätte. Die gebe ich ihnen dann. Und 20-30 Minuten später kommen sie raus und sagen sie sind fertig: Kind im Sarg mit allem was es dabei haben soll, liebevoll eingebettet von den Eltern, Sargdeckel geschlossen. In anderen Fällen übernehme ich natürlich gerne alles, um das mich die Eltern bitten.  Woher soll man vorher auch wissen, was man kann? Man kennt sich schließlich nicht in so einer Situation. Als Bestatterin finde ich es wichtig, dem Rechnung zu tragen.

Wenn Eltern dem Kind etwas Schönes anziehen möchten oder es in ein besonderes Tuch wickeln wollen, worauf sollten sie achten?

Lea Gscheidel: Die Fürsorge für ihr Kind dürfen die Eltern so lange zeigen, wie es geht. Das trägt viel dazu bei, wie gut der Abschied verarbeitet werden kann. Wenn Eltern dem Kind noch etwas Schönes oder Kuscheliges anziehen oder es gut geschützt einwickeln möchten, dann können sie das selbstverständlich tun. Wird mir die Decke, das Tuch oder die Kleidung mitgegeben, kann auch ich sie auch stellvertretend für die Eltern dem Kind anziehen. Besonders geeignet finde ich diese kleinen Tücher mit Kapuze, in die man auch ein sehr filigranes Kind einwickeln kann. Oft es ist es den Eltern ein Bedürfnis, diesen Part zu übernehmen. Aber ich hatte auch schon selbst genähte Deckchen und Kleider. Eine Mutter hat dazu Stoff von ihrem Brautkleid genommen eine andere den Kissenbezug der Uroma.

Erinnerungen an das Kind

Wie ist es denn mit Erinnerungsfotos?

Lea Gscheidel: Wenn die Eltern beim Betten des Kindes in den Sarg dabei sind, frage ich, ob sie selbst Fotos gemacht haben oder noch machen wollen. Wenn sie nicht dabei sind, mache ich Fotos. Ich sage den Eltern dann, dass ich Fotos vom ihrem Kind gemacht habe und sie sie gerne haben können, wenn sie möchten und so weit sind. Können sie es nicht, ist es ihre Entscheidung, die ich immer respektiere. Aber manchmal kommen die Eltern lange Zeit später und sind froh, dass ich dieses Foto habe. Sie haben die Zeit einfach gebraucht. Alle Andenken können hilfreich sein. Ein Fußabdruck oder auch die Nabelklemme.

(Hinweis der Redaktion: In Deutschland gibt es auch ehrenamtliche Fotografen, die auf Wunsch der Eltern Sternenkinder fotografieren: www.dein-sternenkind.eu)

Was für die Beerdigung wichtig ist

Und wie ist es mit dem Grab?

Lea Gscheidel: Die Auswahl des Friedhofs und der Grabstelle muss die Familie übernehmen. Es gibt einige Friedhöfe, die Kindergrabfelder haben. Diese haben einige Vorteile: Denn Kindergrabfelder sind günstiger und die Eltern haben das Gefühl, dass ihr Kind nicht alleine ist, sondern bei anderen Kindern. Außerdem kommen einige in der Zeit danach auf dem Bereich der Kindergrabstätten mit anderen Eltern, die dasselbe Schicksal teilen in Kontakt. Das kann sehr wertvoll sein. Besonders nach dem die ersten sechs Monate oder das erste Jahr vergangen ist. Manchmal ist es auch möglich, das Kind z.B. in das Grab der Großeltern zu geben. Bei den Ahnen finden es manche an einem guten Platz.

Garten der Sternenkinder auf dem Friedhof „Alter St. Matthäus“ in Berlin
Garten der Sternenkinder auf dem Friedhof „Alter St. Matthäus“ in Berlin. Foto: Evangelische Zwölf-Apostel-Kirche Berlin

Was ist für die Beerdigung wichtig?

Lea Gscheidel: Familien können die Trauerfeier grundsätzlich selbst gestalten. Und gerade bei Beerdigungen von Kindern ist der Gestaltungsspielraum oft viel größer als man glaubt. Es geht schließlich darum, schöne Erinnerungen zu schaffen und zu bewahren, die man mit anderen Menschen teilen kann. Dabei geht es oft nicht darum lange Reden zu halten, sondern das Kind oft ein erstes Mal sichtbar in die Gemeinschaft aufzunehmen, in die es hineingeboren wurde: Großeltern, enge Freunde, Geschwisterkinder... Man muss nicht viel tun. Manchmal reicht Beisammensein. Jeder zündet ein Lichtlein an. Vielleicht lesen die Eltern einen Brief oder der Opa ein Gedicht...

Wen haben denn die meisten als Beistand dabei?

Lea Gscheidel: Das bespreche ich vorher mit den Familien: Wer wird eingeladen? Viele wollen zunächst allein sein mit ihrem Schmerz. Im ganz kleinen Kreis. Sie können manchmal noch nicht sehen, dass auch die Geschwister oder die Großeltern traurig sind und Abschied nehmen wollen. Ich spreche das an und oft ändert sich das Gefühl zur Trauerfeier nach der gemeinsamen Einbettung des Kindes. Dann werden doch noch kurzfristig Freunde oder Verwandte eingeladen. Und das ist oft sehr stärkend. Es trägt außerdem dazu bei, dass diese Menschen sehen und erzählen können, dass es dieses Kind gegeben hat und wie es gemeinsam liebevoll verabschiedet wurde.

Aber am wichtigsten ist es für die Eltern, dem Kind einen guten Platz in ihrem Herzen zu geben und alle Entscheidungen für sich und das Kind so zu treffen, dass sie sich richtig anfühlen. So können Eltern ihrem Bedürfnis folgen, gute Eltern für ihr Kind sein zu wollen: von der Schwangerschaft bis zur Beerdigung. Und was das im Einzelnen heißt, ist - wie wir wissen - in jeder Familie ganz unterschiedlich.

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Autorin: Marthe Kniep

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