Warum Schönheitschirurg Dr. Worseg vor Schönheitsops warnt
Ein renommierter Schönheitschirurg schreibt ein Buch, das vor den Konsequenzen von Schönheitsops warnt. Ja, das klingt erst einmal merkwürdig. Aber Dr. Artur Worseg macht es aus gutem Grund. Im Interview verrät er, warum es oft wichtig ist, Patienten von einer OP abzuraten.
Dr. Artur Worseg zählt zu den bekanntesten Schönheitschirurgen Österreichs und könnte sich eigentlich auf seinen Lorbeeren ausruhen. Stattdessen hat der plastische Chirurg mit "Deine Nase kann nichts dafür" ein Buch geschrieben, in dem er von den Folgen von Schönheitsoperationen warnt - und das obwohl er immer noch praktiziert. Warum das kein Widerspruch ist, erklärt Dr. Worseg im Interview.
Was war Ihre Motivation das Buch zu schreiben?
Dr. Worseg: "Menschen, die etwas an sich richten lassen wollen, kommen oft zum Schönheitschirurgen, weil sie etwas in ihrem Leben richten lassen wollen. Mit der Operation erwarten Menschen oft, dass sich ihr Leben ändert, und sie glücklicher werden, und das tritt dann oft nicht ein. Von diesen Menschen handelt das Buch."
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Wie sieht ein typisches Erstgespräch bei Ihnen aus? Worauf achten Sie?
Dr. Worseg: "Bei plastischen Chirurgen ist auch das Psychologische schon immer ein großes Thema gewesen. Neben dem Körperlichen ist es immer wichtig zu hinterfragen 'Warum kommt der Patient?' Liegt eine psychische Grunderkrankung dahinter oder handelt es sich um eine Krisensituation, zum Beispiel nach einer Trennung?
Wir haben viele Patienten, die psychisch auffällig sind, so etwa 15 Prozent, die bleiben auch nach der Operation unzufrieden. Man versucht diese Patienten rauszufiltern. Natürlich auch sich selbst zuliebe. Patienten, die unzufrieden sind und ihre ganze Hoffnung in eine Operation setzen, sind dann auch die Patienten, die oft auch Probleme bereiten.
30 Prozent kommen aufgrund einer Krisensituation. Bei Menschen in Krisensituationen ist es wichtig, diese Menschen psychologisch zu beraten. Man hat ein schlechtes Gewissen, wenn man diese Menschen operiert. Bei Menschen in Krisensituationen leite ich diese daher meist an Psychologen weiter. Manchmal rufen die Psychologen dann später an und sagen „Jetzt ist der Patient reif für eine Schönheitsoperation“, aber oft überlegen es sich die Patienten auch anders, weil es lediglich die Krisensituation war, die für die körperliche Unzufriedenheit verantwortlich war. Mit der Zeit überlegen sie es sich dann anders."
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Bei wem ist es vertretbar, eine Schönheitsoperation durchzuführen?
Dr. Worseg: "Menschen, die wohl überlegt an die Operation rangehen. Zum Beispiel nach einer Schwangerschaft, wenn der Busen schlaff ist und die Patientin sagt 'Ich kann zwar damit leben, aber lieber wäre es mir, wenn der Busen wieder voll wäre.' Das sind zufriedene Patienten, die selbstbewusst hinausgehen. Wenn jemand sagt 'Ich gefalle mir nicht besonders, aber ich kann damit leben' ist diese Art Patient nach einer Operation zufriedener als Menschen, die glauben, dass ihre gesamte Lebenssituation mit ihrer Körperlichkeit zusammenhängt."
Wollen mehr jüngere Grauen durch die sozialen Medien eine Schönheitsoperation durchführen als früher?
Dr. Worseg: "Absolut, durch die permanente Fixierung auf das Äußerliche in den sozialen Medien und die Selbstdarstellung anderer. Sie sind durch die körperlichen Veränderungen, die sie durchleben, viel anfälliger für Selbstzweifel und denken schnell im Vergleich mit anderen schneiden sie schlechter ab."
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Meinen Sie Aktionen wie unser #wunderbarECHT-Kampagne, die reale Bilder von echten Menschen auf Instagram miteinschließt, können das Selbstbild positiv beeinflussen?
Dr. Worseg: "Ja, absolut. Der Vorteil des Internets ist ja, dass sich Schönheitsideale verbreitern. Man gibt nicht mehr nur durch Fotografen oder Medien diese Ideale vor, sondern durch das Internet kann das Schönheitsideal auch immer normaler werden. Es wird immer breiter, da sich mehr normale Menschen zeigen und vor allem wenn sie zeigen, dass sie sich in ihrer Haut wohl fühlen, auch wenn sie nicht dem gängigen Schönheitsideal entsprechen. Andrerseits gibt es natürlich immer noch genügend Influencer und Blogger, die genau das Gegenteil machen."
Was ist ihr persönlicher Tipp um das Selbstbewusstsein zu steigern, wenn man mit seinem Aussehen unzufrieden ist?
Dr. Worseg: "Da gibt es einen ganz einfachen Trick: von sich selbst ablenken, soziales Engagement und sich anderen Gedanken widmen."
Vielen Dank für das offene Gespräch!
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