Welche Schulform passt zu meinem Kind?
Welche Schulform passt eigentlich zu meinem Kind? Viele Eltern haben Angst, die falsche Wahl zu treffen. Wir geben Orientierungshilfe.
Alle Eltern wollen für ihr Kind das Beste. Doch weil jedes Kind einzigartig ist, ist es oftmals ganz schön schwer herauszufinden, was das Beste denn nun im ganz persönlichen Einzelfall ist. So ist es auch bei der Schulwahl, wo die Vielfalt der Möglichkeiten und die Angst, die falsche Wahl zu treffen manchen Eltern ganz schön zu schaffen macht. Wir geben eine kleine Orientierung, was Eltern bei der Schulauswahl beachten können.
Was aus Kindersicht zählt
Schulen versuchen auf ganz unterschiedliche Weise dem Umstand gerecht zu werden, dass sie unabhängig von der Schulform in jedem Fall sehr unterschiedliche Kinder durch die Schulzeit begleiten sollen. So hat sich ein recht großes Spektrum an Schulformen herausgebildet.
Doch was dem Kind am ehesten entspricht, hängt nicht in erster Linie von der Schulform ab. Wichtiger ist die Antwort auf die Frage, was für ein Umfeld das Kind braucht, um diese – aus Kinderperspektive gesehen – ewig lange Zeit bis zu irgendeinem Abschluss überhaupt zu überstehen. Denn der Abschluss liegt anfangs noch Welten entfernt. Doch der Weg dahin beginnt am ersten Tag. Und der muss gangbar sein, damit ein Kind die Bereitschaft entwickeln kann, ihn anzutreten.
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Deshalb ist es nicht zu unterschätzen, was für die meisten Kinder am wichtigsten ist. Nämlich: Dass die Kinder und die Lehrer nett sind und man auf dem Pausenhof gut spielen kann. Vom an einer Schule zu erzielenden Abschluss reden meist nur die Kinder, die davon oft genug von den Erwachsenen gehört haben.
Was wollen wir als Eltern?
Vorrangig denken viele Eltern bei der Schulwahl an ihr Kind und die Perspektiven, die ihm die Schulwahl eröffnen kann. Doch auch die Eltern müssen das Gefühl haben, die Schulzeit meistern zu können. Deshalb ist es nicht egoistisch, sondern ratsam, wenn Eltern bei der Auswahl einer Schule auch drauf achten, dass sie selber nicht zu viele Opfer dafür bringen müssen, bis eines Tages irgendein Abschluss des Kindes in greifbare Nähe rückt. Auf dem langen Weg dahin geht es oft um Zeit und Geld aber auch darum, genug Geduld generieren zu können, um das Kind über mögliche Motivations-Durststrecken hinwegzutragen. Hier ehrlich zu sich selbst zu sein, wo die persönlichen Grenzen liegen, ist ein wichtiges Kriterium für die richtige Auswahl.
So toll also eine bestimmte Schule zu sein scheint; Es ist viel wert, wenn der Schulweg selbständig angetreten werden kann, Schulgeld nicht zur zusätzlichen Belastung für die Familie wird, das Kind seine Freunde um sich hat und es ansprechende Bewegungsfreiräume in den Pausen vorfindet oder auch der schulseitige Anspruch an Elternbeteiligung für die Eltern darstellbar ist. Und das Kind sollte sich intellektuell auf seinem Niveau angesprochen fühlen, aber auch lernen, mit allen anderen auszukommen. Wenn es das schon in der Schule lernt, ist es für die Welt gewappnet.
Schulweg, Schulgelände und Freunde als Mitschüler sind deshalb nicht zu unterschätzende Faktoren, wenn es zunächst mal um das Durchhalten der langen Schulzeit geht. Und genau das ist für viele Kinder schon die erste Herausforderung.
Rechtzeitig informieren
Das tollste Konzept funktioniert nicht, wenn ein Kind sich in der Schule nicht wohl fühlt. Deshalb ist es sehr sinnvoll, sich mit dem Kind einen persönlichen Eindruck von der Schule zu machen. Viele Schulen habe Tage der offenen Tür oder Schnuppertage, zu denen man sich allerdings oftmals rechtzeitig anmelden muss. Oft gehen die Bewerbungs- und Anmeldezeiträume hierfür schon über ein Jahr vorher los.
Die Kinder wissen meist sehr schnell, ob sie an der Schule glücklich werden oder nicht. Denn sie haben oft noch einen guten Kontakt zu ihrem Bauchgefühl, welches für den zukünftigen Lernort unbedingt berücksichtigt werden sollte. Vielleicht gibt es sogar die Möglichkeit, den zukünftigen Klassenlehrer kennen zu lernen? Das ist oft eine große Entscheidungshilfe. Denn es heißt nicht umsonst nur halb scherzhaft: Man lernt nicht für die Schule, sondern für den Lehrer. Und wenn ich den nicht leiden kann, wird lernen schwer.
Eigene Erfahrungen einbeziehen
Oftmals ähneln Kinder ihren Eltern. Und das betrifft auch das Lernverhalten oder die Bedeutung, die Schule zukünftig für das Kind haben könnte. Deshalb schauen Sie als Eltern kurz zurück und überlegen, welche Erfahrungen Sie selbst auf welche Weise geprägt haben und ob diese Erfahrung jetzt für Ihr Kind hilfreich sein könnte.
Haben Sie selber unter Leistungsdruck zu Hause gelitten? Oder wussten Ihre Eltern schon immer ganz genau, was gut für Sie ist, obwohl Sie immer gesagt haben, dass Sie etwas anderes mit ihrem Leben vorhaben? Dann wiederholen Sie das bitte nicht mit ihrem Kind! Geben Sie ihm lieber das Gefühl: Ich liebe dich und wünsche dir eine gute Schulzeit. Du entscheidest natürlich mit, wo du lernen möchtest. Und wie lange du dort hingehst, werden wir sehen.
Oder war Schule mehr ein sozialer Ort für Sie, als ein Ort des Lernens? Dann achten Sie gut darauf, dass Ihr Kind sich in seiner Klasse menschlich wohlfühlt. Dieses Gefühl eingebunden zu sein wird es durch die Schule tragen. Vielleicht waren Sie auch ein Freigeist, der Lehrer mit weitem Horizont brauchte! Suchen Sie danach für ihr Kind, denn die Welt braucht auch Querdenker, die nicht gleich als Querulanten gesehen werden.
Oder sie waren ein Überflieger, jedoch hin und wieder dadurch auch etwas am Rand stehend? Dann schauen Sie, dass das Kind eine Schule findet, in dem es mit dieser Stärke gut vorankommt, vielleicht aber auch lernt, diese für andere einzusetzen um Anschluss zu finden und sich nicht vorrangig über seine kognitiven Leistungen zu definieren.
Wie erlebe ich mein Kind?
Leider kann man selten eindeutig sagen: Mein Kind ist so, deshalb geht es an diese bestimmte Schule und das wird sicher klappen. So einfach läuft es oftmals nicht. Doch man kann schauen, was dem Kind bisher wirklich wichtig war, um dann zu gucken, wo es möglichst viel davon in einer Schule in der Nähe bekommt.
- Habe ich zum Beispiel ein Kind, dass schnell abgelenkt ist oder gern in Ruhe an seinen Projekten arbeitet, kann eine kleine Klassengröße von Vorteil sein aber auch eine Schule, die ihre Lernprojekte an den Interessen der Kinder orientiert.
- Manchen Kindern kommt auch eine klare Struktur eher entgegen als freie Lernräume und Selbstorganisation.
- Ist mein Kind schnell ermattet oder neigt es zu Reizüberflutung, spricht das für kurze Schulzeiten oder Konzepte, die viele Pausen und Bewegung in den Tag einbauen.
- Ist mein Kind sehr naturverbunden und verspielt, braucht es eine Umgebung, die natürlich ist und zum Spiel einlädt, statt einen kargen Schulhof, Frontalunterricht und technisch gut ausgestattete Räume. Dies gilt übrigens auch noch für ältere Kinder und viele Jugendliche.
- Ist mein Kind eher langsam und braucht viel individuelle Zuwendung, könnte ein hoher Betreuungsschlüssel oder ein klassenübergreifendes Konzept das Richtige sein.
- Vielleicht kommen ihm aber auch Tischgruppen mit Schülern unterschiedlicher Fähigkeiten entgegen, die sich gegenseitig zu helfen lernen.
- Ist es sehr wissbegierig und hat eine schnelle Auffassungsgabe, sollte darauf eingegangen werden können, aber auch die Vermittlung sozialer Fähigkeiten und sportlich, kreativer Inhalte nicht vernachlässigt werden.
Manchmal können Schulen sehr genau die Rückmeldung geben, dass sich ein Kind an der Schule schwertun wird oder dass es vermutlich gut passen wird. In den meisten Fällen darf man der Erfahrung der Lehrer in dieser Hinsicht vertrauen.
Worauf es „am Ende“ ankommt
Grundlage der Entscheidung sollte vor allem der Wunsch für das Kind sein, dass es überhaupt zur Schule gehen mag, bestenfalls noch gern und dass es dort zurechtkommt. Dass es sich gesehen fühlt und ihm beim Lösen von Problemen geholfen wird. Manche Kinder brauchen da mehr inhaltliche Unterstützung, andere mehr soziale. Das ist bei jeder denkbaren Schulform so. Und wo sich ein Kind gern oder zumindest einigermaßen gern aufhält, kann es auch Interessen und Ziele entwickeln, die wirklich gut zu ihm passen. So wird es seinen Weg finden, der nicht selten ganz anders verläuft, als es die Eltern geplant haben.
Und wenn es wirklich im ersten Anlauf nicht geklappt hat und an der Schule ihrer Wahl nicht lief, machen Sie sich keine Vorwürfe. Sie haben schließlich gründlich abgewogen und das Leben kann einem trotzdem manchmal noch dazwischenkommen. Wenn es so ist, warten Sie nur nicht ewig ab, wenn alles nach einer Veränderung schreit. Handeln Sie. So erfährt ihr Kind, dass es Institutionen nicht ausgeliefert ist, sondern etwas verändern kann, wenn es ihm nicht guttut und seine Eltern hinter ihm stehen. Auch das ist eine wichtige Erfahrung!
Autorin: Diplom-Pädagogin Marthe Kniep
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