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Wie fühlt es sich an, ein Kind mit einem schwulen Mann zu kriegen?

Natalie* und Stefan bekommen ein Kind. Das Besondere: Stefan steht auf Männer, die beiden sind kein Paar. Der sehnsüchtige Wunsch nach einem Baby eint beide. Deshalb wagten sie das Experiment.

Kind ohne Mann bekommen
Foto: iStock/ AndreeaIonascu
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Seit ich denken kann, wünsche ich mir, irgendwann Mutter zu sein. Ich bin mittlerweile 36 Jahre alt, und dieses „irgendwann“ ist bald vorbei. Also muss ich mich beeilen. Auch deshalb trennte ich mich vor zwei Jahren von meinem Partner. Er wollte einfach keine Kinder. Um ehrlich zu sein, hat mich die Trennung mehr mitgenommen, als ich bereit bin zuzugeben. Ich bin konservativ erzogen worden, und er war meine Jugendliebe, die ich einmal heiraten wollte. Eine kleine Familie war mein größter Traum.

Die biologische Uhr tickt, es ist aber kein Partner in Sicht

Der Schmerz nach der Trennung ist noch immer nicht verheilt. Eine neue Beziehung ist nicht in Sicht. Ich weiß auch gar nicht, ob ich dafür bereit wäre. Aber eines weiß ich: Ich höre meine biologische Uhr ticken.

Als alleinstehende Frau darf ich kein Kind adoptieren. Auch eine Samenspende kommt für mich nicht infrage. Der bürokratische Aufwand und die Zeit, die ich investieren müsste, nur um eine Spende zu bekommen, schrecken mich ab. Ich möchte doch nur ein Kind, möchte das Glück, Mutter zu sein, endlich spüren. Dafür brauche ich weder psychologische Gutachten noch Personen, die mir Unterhaltszahlungen garantieren. Warum werden einer Frau, die einem Kind ihre Liebe schenken möchte, solche Steine in den Weg gelegt?

„Warum versteht keiner, dass es auch andere Familien-Modelle gibt?“

Meine Freundinnen können mich nicht verstehen. Die haben aber auch leicht reden! In meinem Freundeskreis sind schließlich alle schon seit Ewigkeiten in Beziehungen, viele sogar verheiratet und glücklich mit Kindern. Auch wenn ich mich so für sie freue, zerreißt es mir jedes Mal das Herz, dass ich keine Tochter – oder keinen Sohn – habe, die mit den anderen Kindern spielen können.

Mir ist es auch wichtig, dass mein Kind mit einem Vater aufwächst. Das gehört einfach dazu. Den passenden habe ich schon gefunden: Stefan. Wir haben uns über eine Plattform für alternative Familienplanung kennengelernt. Denn auch Stefan kann nicht einfach so Vater werden. Er ist schwul.

Stefan und Natalie* haben sich auf einer Plattform für alternative Familienplanung kennengelernt

Wir verstehen uns super und sind meistens einer Meinung. Nach einigen Monaten haben wir uns dazu entschieden, gemeinsam ein Kind zu bekommen. Die Vorstellung klang perfekt: Wir würden getrennt leben, aber uns beide darum kümmern. Das Kind hätte Vater und Mutter, zwar nicht in einer Wohnung, aber ganz ohne Streit oder Trennung. Eine Woche würde es bei mir leben, eine bei ihm, immer in Stuttgart, wo wir praktischerweise beide wohnen. An vielen weinseligen Abenden haben wir uns unser gemeinsames Familienleben vorgestellt. Der Plan stand, wir waren beide bereit.

Einen Termin für eine künstliche Befruchtung hätten wir jetzt zwar bekommen, aber das hätte Unsummen gekostet. Wir haben uns also für eine private Zeugung entschieden. Nach ein paar durchaus skurrilen Anläufen – Stefan mit gewissen Zeitschriften auf der Toilette, ich bewaffnet mit einer Aufziehspritze im Nebenraum – hat es tatsächlich geklappt. Ich kann es kaum glauben! Mein größter Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Stefan ist wirklich rührend, immer wieder fragt er besorgt nach, wie es mir geht. Bis auf die morgendliche Übelkeit fühle ich mich im dritten Schwangerschaftsmonat so weit gut.

„Warum kann niemand akzeptieren, dass mein Kinderwunsch größer war als der Drang, den perfekten Mann für eine Beziehung zu finden?“

Die Lösung war ideal für mich. Dass wir keine romantische Beziehung haben, finde ich sogar eher positiv. Leider haben nicht alle so gut auf das erste Ultraschallbild reagiert. Meine Mutter ist seit dem Tod meines Vaters psychisch extrem labil. Und mein unkonventionelles Familienbild passt nicht in ihre konservativ katholische Erziehung. Sie hat von mir erwartet, dass ich einen Mann kennenlerne, heirate und ihr drei Enkel schenke. Jetzt macht es ihr zu schaffen, dass sie zwar das Enkelkind bekommt, der Schwiegersohn aber fehlt. Dass Stefan auch noch schwul ist, verkraftet sie kaum. Ihre ständigen homophoben Aussagen kann ich nur schwer ertragen, regelmäßig arten unsere Treffen in Streit und Tränen aus. Sie versteht nicht, dass ich einfach glücklich bin. Und das macht mich fertig.

Doch ich bin mir sicher, dass sie das Baby lieben wird. Irgendwann. Genau wie meine Freunde. Auch die haben eher skeptisch reagiert, als ich ihnen vom Vater meines Kindes erzählt habe. Manchmal fühle ich mich unverstanden von der Welt. Warum kann niemand akzeptieren, dass mein Kinderwunsch größer war als der Drang, den perfekten Mann für eine Beziehung zu finden? Immerhin sind meine Freundinnen Stefan gegenüber offener als meine Mutter. Das nimmt das Gefühl, irgendwie ausgeschlossen und anders zu sein, trotzdem nicht.

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Video: Glutamat

Die Frage bleibt: "War die Entscheidung egoistisch von mir?"

Zu allem Überdruss habe ich schon jetzt manchmal Angst, wie es meinem Kind später gehen wird. Vor Anfeindungen, weil es anders als andere aufwächst, kann ich es nicht schützen. Ich hoffe so sehr, dass es nicht wegen seiner ungewöhnlichen Verhältnisse gehänselt wird. Das könnte ich nicht ertragen. Und mein Kind soll das so auch nicht müssen.

Ich bin plötzlich verunsichert, obwohl ich mir doch alles so gut überlegt habe. Manchmal habe ich auch Sorge, was sein wird, wenn Stefan einen Mann kennenlernt, der vielleicht keine Lust auf unsere zusammengewürfelte „Familie“ hat. Was, wenn er sich eines Tages doch aus der Verantwortung stiehlt? War die Entscheidung egoistisch von mir? Wer bin ich denn, dass ich ein Kind bekomme, nur weil ich es will, ohne ihm eine vollständige Familie bieten zu können?

Aber ich freue mich so auf diesen kleinen Menschen – und die Beule am Bauch, die ich heute morgen im Spiegel gesehen habe, macht mich euphorisch. Immer wieder muss ich darüberstreicheln. Ich nehme mir fest vor, eine gute Mutter zu sein. In sechs Monaten wird es ernst …

* Namen von der Redaktion geändert

Autor: Hannah Mauritz

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