Wieso Ehen heutzutage nicht mehr halten
Scheidung: Wieso halten Ehen nicht mehr?
Scheidungen sind heutzutage nichts Ungewöhnliches mehr. Doch wieso ist das so? Warum halten Ehen nicht mehr so selbstverständlich wie zu Zeiten unserer Großeltern?
Scheidungen waren zu Zeiten unserer Großeltern kein Thema. In guten wie in schlechten Zeiten hieß es damals (wie heute), nur dass sich früher tatsächlich an diesen Satz gehalten wurde. Wer sich einmal das Ja-Wort gegeben hatte, blieb bis an sein Lebensende zusammen. Das ist ja auch das Konzept der Ehe: Zusammen mit der großen Liebe alt werden. Heutzutage werden jährlich durchschnittlich 170.000 Paare wieder geschieden. Petersilienhochzeit, Silberhochzeit, goldene Hochzeit - die einst groß gefeierten Jubiläen der Ehe sind vielen Menschen heutzutage vom Namen her nicht einmal mehr bekannt. Doch wieso ist der Bund fürs Leben heute häufig nur ein Lebensabschnittsbund? Sind wir einfach moderner und selbstständiger geworden oder stecken noch andere Gründe dahinter?
1. Künstliche Nähe
„Was machst du so?“ „Gehen wir am Wochenende deine Eltern besuchen?“ „Warst du schon einkaufen?“ Das sind einige der meist genannten Fragen im Alltag einer Beziehung. Nur dass sie heutzutage vornehmlich per Textnachricht gestellt werden. Körperliche - sogar stimmliche - Nähe ist für ein Gespräch nicht mehr zwingend notwendig. Immer mehr Themen werden über Chats und SMS geklärt. Das Problem an der Sache: Wenn man nach Hause kommt, hat man sich häufig nichts mehr zu sagen. Die wesentlichen Ereignisse hat man ja bereits emotionslos über Nachrichten ausgetauscht. Dieses Verhalten ist uns heute so geläufig, dass wir es kaum als Dorn in der Beziehung sehen. Doch mit der Zeit kann sich dieser tatsächlich immer weiter durchbohren. Körperliche wird durch technische Nähe ersetzt, die persönliche Kommunikation leidet. Doch diese ist es, die eine Beziehung ausmacht. Gleichzeitig konzentrieren wir uns nur noch selten einzig und allein auf unseren Partner, selbst wenn wir direkt neben ihm sitzen. Denn neben ihm liegt unser Handy. Und jedes Mal, wenn das summt, drängt es sich klammheimlich zwischen uns. Statt sich zu unterhalten, wird in sozialen Netzwerken gescrollt. Die Smartphones nehmen uns einen großen Teil der Aufmerksamkeit, die eigentlich für unsere Beziehung bestimmt sein sollte.
2. Auswahl-Paradox
Je mehr Auswahl es gibt, desto schlechter kann man sich entscheiden. Das trifft leider häufig auch auf Beziehungen zu. Die Technik bietet uns nicht nur die Möglichkeit, in ständigem Kontakt zu unseren Liebsten zu stehen - sondern auch zu Millionen fremden Menschen dort draußen. Was ist, wenn sich unter ihnen jemand verbirgt, der noch besser zu uns passt? Über das Internet ist es heutzutage wesentlich leichter, mit Menschen weltweit in Verbindung zu stehen. Das kann schön sein, aber auch überfordern. Auf Dating-Seiten sollen Algorithmen uns den perfekten Partner ausrechnen. Umso schwerer fällt es augenscheinlich, sich bei all der Vielfalt komplett für eine Option zu entscheiden - und vor allem bei dieser zu bleiben. Gleichzeitig bieten soziale Netzwerke die schrecklich-schöne Möglichkeit, sich (und vor allem seine Beziehung) von der besten Seite darzustellen. Das Problem liegt nahe: „Wenn Pärchen XY sich ständig an aufregenden Orten ablichtet, wieso tun wir das dann nicht? Könnte ich vielleicht noch viel glücklicher sein, so wie sie?“ Menschen neigen dazu, sich mit anderen zu vergleichen . Das Internet bringt dieses Problem allerdings auf eine ganz andere Ebene.
3. Mangelnder Sex
Tatsächlich scheint Sex sogar in jüngeren Beziehung an Bedeutung zu verlieren. Man trifft sich mit Freunden, macht Karriere, reist um die Welt - man lebt schließlich nur einmal - doch ausgerechnet das Sexleben bleibt auf der Strecke. Dahinter stecken zwei Substantive, die unsere Gesellschaft bestimmen: Individualität und Schnelllebigkeit. Jeder möchte in kürzester Zeit das Meiste aus seinem Leben herausholen, sich selbst verwirklichen und seinen Träumen nachgehen. In der Eile rückt die Bedeutung von Sex entweder in den Hintergrund, oder man ist nach einem anstrengenden Tag viel zu erschöpft, um auch nur daran zu denken. Viele Paare sind zu sehr auf sich als Einzelperson statt auf das „wir“ konzentriert. Dabei ist körperliche Nähe zwingend notwendig um den wertvollen Bund zwischen zwei Partnern zu erhalten.
4. Finanzielle Probleme
Jaja, Geld regiert die Welt. Das Leben wird immer teurer, Ausbildung, Wohnung und Lebensmittel kosten so viel, dass man auch viel dafür arbeiten muss. Insbesondere in jungen Jahren ist es schwierig, Ausgaben für Bildung und Wohnung unter einen Hut zu bekommen. Ist diese Zeit vorbei, sind es der Studienkredit, die Hypothek für das Haus oder sogar die Kosten für ein Baby, die das Leben erschweren. Auch wenn Geld in der Liebe keine Rolle spielen sollte, kann es doch zu einer starken Belastung werden. Denn während wir uns tagtäglich darum kümmern, unsere Rechnungen bezahlen zu können, bleibt unser persönliches Leben - unsere Beziehung - auf der Strecke. Neben den Kosten steigen heutzutage die Möglichkeiten, seine Freizeit zu gestalten, die uns tagtäglich vor Augen gehalten werden. Urlaub, Restaurantbesuche, Kinoabende? Zu teuer. Natürlich hatten unsere Großeltern auch finanzielle Probleme. Doch sie schienen unseren Alltag nicht so sehr zu dominieren, wie sie es heutzutage tun.
5. Aufmerksamkeitsproblematik
Ich, ich, ich. Wo bleibt das wir? Auf sozialen Netzwerken häufen sich die Selfies - vor dem Eiffelturm, an einem karibischen Strand, nach der Beförderung, beim Shopping… Es wimmelt an Möglichkeiten sich selbst darzustellen und Menschen, die genau das tun. Wir leben in einer Aufmerksamkeitsgesellschaft. Hat dein Foto mehr Likes als meins? Wieso hat noch niemand meine witzige Anekdote kommentiert? Wir haschen nach jedem Funken Beachtung. Die virtuelle Darstellung und darauffolgende Reaktion der Mitmenschen ist vielen wichtiger als das eigene Leben. Wieso sucht man in der Öffentlichkeit verzweifelt nach Aufmerksamkeit, wenn man die schönste Achtung doch ganz woanders findet - nämlich im trauten Heim von seinem Partner? Wir sollten uns wieder auf das Wesentliche konzentrieren und versuchen dem Aufmerksamkeitsstrom zu entkommen. Wenn wir in unserer Beziehung ausreichend Liebe schenken, bleibt der Wunsch nach zusätzlicher Bestätigung ganz von selbst aus.