Wieso ich mir vornehme, egoistischer zu sein – und du es auch tun solltest
Statt Diäten und Sport nimmt sich unsere Redakteurin etwas anderes vor: Sie will egoistischer werden. Wieso dir der Vorsatz auch gut tun könnte...
Wenn es einen Satz gibt, den ich die letzten Jahre von allen Seiten gehört habe, dann ist es: Denk doch mal an dich.
Das Jahr hat mir ziemlich deutlich gemacht, dass ich das zu selten tue. Das soll weder nobel noch prahlend klingen, vielmehr glaube ich, dass sehr viele Menschen zu wenig auf ihre eigenen Bedürfnisse achten. Denk mal an den Alltag – tust du die meisten Dinge wirklich für dich? Oder eher für die Arbeit, um deine Familie und Freunde glücklich zu machen, oder eben weil es sich in der Gesellschaft so gehört?
Ich habe lange Zeit genau diese Motive gehabt, ohne es zu realisieren. Ich bin zu Treffen gegangen, obwohl ich eigentlich lieber einen Abend allein gehabt hätte. Ich habe mir Stress im Master und auf der Arbeit gemacht, weil ich immer 100 Prozent geben wollte. Dabei fordert das keiner von mir, außer vielleicht ich selbst.
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Perfektionismus macht nicht glücklich
Glücklich macht dieser Perfektionismus-ich-will-es-allen-recht-machen-Gedanke aber auch nicht. Stattdessen wurde ich krank. So war es letztendlich ein Arzt, der mich zur Besinnung brachte, genauer gesagt mein Magen: Der produzierte nämlich bei all dem Stress mittlerweile so viel Säure, dass ich weder schlafen, noch essen konnte. Seine Art, mir zu vermitteln: Kümmer dich um mich! Um deinen Körper! Um deine Bedürfnisse!
Das ist nicht so einfach, wie es klingt. Ich gehöre zu der Sorte, die Egoismus eigentlich gleichsetzt mit Selbstsucht, Narzissmus – jedenfalls sehr negativ behaftet. Ein Synonym, das mir besser gefällt, ist Eigenliebe. Ich möchte immer noch für andere da sein. Ich möchte immer noch so handeln, dass ich die Konsequenzen für alle, nicht nur für mich selbst, im Blick habe. Und ich bin weiterhin bereit, zurückzustecken, wenn das Glück anderer im Vordergrund steht. Aber eben nicht immer.
Egoismus, Eigenliebe oder Achtsamkeit?
Klingt abgedroschen, stimmt aber: Nur wenn du dich selbst liebst, kannst du andere lieben. Das Sprichwort kann man eigentlich auf alle Lebensbereiche übertragen – nur wenn du mit dir selbst im Reinen bist, kannst du dich um andere kümmern.
Wenn du aber ständig versuchst, es allen recht zu machen, bleibst am Ende nicht nur du auf der Strecke – sondern auch alle anderen. Sie werden unterbewusst zu Verpflichtungen, die du abarbeitest, um dir danach das beruhigte Gefühl zu geben, dich jetzt ganz unegoistisch um dich selbst kümmern zu können – nur dass dafür dann meist gar keine Zeit mehr bleibt.
Ich spreche aus Erfahrung: Selbst das Treffen mit der besten Freundin macht keinen Spaß mehr, wenn man eigentlich vollkommen ausgelaugt ist. Wir beide haben es übrigens schon geschafft, meine beste Freundin und ich. Wir sagen uns, wenn wir gerade zwar Zeit, aber einfach keine Lust auf irgendetwas haben. Allerdings noch immer mit unzähligen Erklärungen und Entschuldigungen, die eigentlich nicht nötig sind, das schlechte Gewissen aber bessern – doch wir sind auf einem guten Weg. Wir therapieren uns gegenseitig, egoistischer zu sein. Oder nennen wir es doch einfach achtsamer mit sich selbst. Das gefällt mir besser.
Ich kann mich nicht vierteilen - will ich auch nicht mehr
Du kannst nicht allem und jedem gerecht werden. Das Tolle: Das erwartet auch niemand. Eigentlich sind uns Menschen doch sogar sympathischer, die ganz offen sagen: Du, ich sag dir heute ab und lasse mir keine Ausrede einfallen, sondern brauche einfach Zeit für mich.
Das Gleiche gilt für den Job: Ein gewisser Egoismus gehört einfach dazu. Wenn du ein Projekt machen möchtest, sag es. Du musst es anderen ja nicht wegschnappen – Teamwork geht immer noch vor Eigenbrödler – aber niemand wird deine Meinung erraten oder berücksichtigen, wenn du sie nicht äußerst.
Insofern, liebes 2018, verzichte ich dieses Jahr auf Diät- oder Sport-Vorsätze. Natürlich gibt es auch Personen auf der Welt, die nur an die eigenen Interessen denken und Egoismus personifizieren. Davon haben wir genug – zu denen will ich bitte auch nicht gehören. Aber ein klitzekleines bisschen Egoismus, ja, damit könnte ich mich anfreunden.
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