Udo Jürgens Biografie: Schwere Krankheiten, Albträume, Angst

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Wie ihn keiner kennt...

Die Berliner Autorin Gudrun Gloth kennt Udo Jürgens seit seiner Jugend. Für Sie, liebe Leserinnen, beschreibt sie die kaum bekannten Seiten des umschwärmten Superstars. Hier ist ein Einblick in seine Biografie:

Unsere erste Begegnung liegt Jahrzehnte zurück. Damals stand Udo Jürgens am Beginn seiner Karriere und erzählte mir frei von der Leber weg, wie wenig verheißungsvoll sein Leben begonnen hat:„Ich war ein schwächlicher Junge. Als kleiner Bub litt ich nicht nur unter allen möglichen Kinderkrankheiten. Ich leistete mir auch 14 Mittelohr entzündungen. Am meisten quälten mich aber Albträume, die mich jahrelang jede Nacht mit so schrecklichen Geräuschen verstörten, dass ich in Schreikrämpfe ausbrach. Mama musste dann in meinem Zimmer alle Lampen anzünden und mir vorsingen. Musik war das Einzige, was mich zur Ruhe brachte. Der Kinderarzt meinte, die Ursache für mein Leiden sei meine Musikalität, verbunden mit Empfindsamkeit und übergroßer Phantasie.“Manchmal kann Udo Jürgens selbst nicht fassen, was er alles erlebt und erreicht hat. Am 30. September wird er 77 Jahre alt. Die ARD ehrt ihn mit dem aufwendigen Zweiteiler „Der Mann mit dem Fagott“. Die Vorlage dazu lieferte Udo Jürgens selbst mit seinem Buch. Es ist die Geschichte der einflussreichen Familie Bockelmann, der er entstammt.

Künstler gab es bis dahin in dieser wohlhabenden Familie nicht. Seine Zähigkeit und Durchsetzungskraft hat Udo Jürgens dagegen wohl von seinem Großvater Heinrich Bockelmann geerbt. Der gebürtige Bremer wanderte 1891 nach Russland aus, gründete in Moskau eine Privatbank, der sogar die Zarenfamilie ihr Geld anvertraute. Er wurde steinreich. Udo Jürgens sagte mir: „Bei meinem ersten Moskau-Konzert habe ich mir Opas ehemaliges Palais angesehen. Freilich nur von außen, denn es diente inzwischen als Polizeipräsidium.“ Er war beeindruckt.Opa Bockelmann wurde bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs als „feindlicher Ausländer“ nach Sibirien verschleppt. Doch er konnte flüchten, eröffnete in Berlin erneut eine Bank und wurde wieder ein sehr vermögender Mann. Seinen fünf Söhnen ermöglichte er einen glänzenden Start ins Leben.Udo Jürgens erinnert sich: „Erwin, der älteste, stieg zum Vorsitzenden der BP-Ölgesellschaft in Europa und zum Präsidentendes Welt-Ölkongresses auf. Werner war früher Oberbürgermeister von Frankfurt/Main und Präsident des deutschen Städtetags. Meinem Vater Rudolf und seinem Bruder Gerd, die Landwirtschaft studiert hatten, schenkte Großvater je ein Schlossgut. Gerd bekam das Gut Barendorf in der Lüneburger Heide, mein Vater Schloss Ottmanach nahe Klagenfurt in Kärnten. Dort kam ich zur Welt.“

Udo Jürgens hatte einen privilegierten Start ins Leben. Trotzdem gab es gerade zu Beginn seiner Karriere oft Zeiten, in denen er sogar hungerte. Zeiten der Verzweiflung. „Nie werde ich den Tag vergessen, an dem ich von der bekannten Firma Polydor meinen ersten Plattenvertrag erhielt“, erinnerte er sich später. Und: „Gerade hatte ich meinen 20. Geburtstag gefeiert. ‚Es ist erreicht!‘, dachte ich. ‚So jung und so erfolgreich!‘ Ich armer Irrer! Was mich erwartete, war das niederschmetterndste Kapitel meines Lebens.