"Bitte melde dich nicht"
... denke ich und habe sofort ein schlechtes Gewissen. Über Kommunikationsbedürfnisse in Zeiten des Online-Datings.
Yes, ich habe es geschafft. Nach den anfänglichen Schwierigkeiten und zwischen Beischlaf-Angeboten und Gif-Spammereien, haben sich dann doch ein paar Chats ergeben. Dabei sind mir drei Sorten von Männern besonders aufgefallen: die Dauerschreiber, die Sofort-Treffer und die Ich-antworte-ungefähr-alle-sieben-bis-zehn-Tage-weil-ich-so-ein-krasses-Leben-habe-Typen. Recht machen kann es mir Tinder-Prinzessin leider irgendwie niemand. Was ich erlebt habe, lässt sich in folgende drei Typen* einstufen:
Ich versteh nur Tinder: Wie alles began (Teil 1 der Kolumne)
Warum ich kein menschliches Tagebuch sein möchte
Lukas, 31, Lehrer, schreibt mir plötzlich ununterbrochen und verwechselt mich mit einem Tagebuch. Inklusive Kommentaren wie "Ich mach jetzt Mittagspause. Was gibt’s bei dir zu essen?" und ohne eine Antwort (die es von mir natürlich nicht gibt) abzuwarten, erhalte ich ein Foto von seinem Kantinenessen (warum habe ich ihm bloß meine Nummer gegeben?). So richtig scheint er meine Stille allerdings nicht deuten zu können. Vielleicht glaubt er auch nur, dass ich mich absichtlich rarmache. Ein paar Stunden später die nächste Nachricht: "Puh, endlich Feierabend. Was treibst du so? Ich gehe jetzt ins Gym. Muskelemoji. Zufriedener Emoji." Ich denke schon daran ihn zu ghosten, aber so gemein möchte ich auch nicht sein. Zig Nachrichten von einem Menschen, den ich überhaupt nicht kenne. Nähe kann man nicht durch tausende Nachrichten erzwingen. Mich schreckt so viel Smalltalk einfach ab.
#wunderbarECHT: Warum wir mehr Authentizität brauchen
Glücklicherweise habe ich auch mit Stefan, 36, Senior Consultant, gematcht. Es hat genau vier gegenseitige Nachrichten gebraucht, bis er mir folgende Zeilen schrieb: "Weißt du, ich bin nicht so der Schreiber. Hast du Lust dich zu treffen?" Super, denke ich. Endlich mal jemand, der nicht so viel unbequemen Smalltalk führen will. Ich antworte: "Klar, super gerne. Sonntag einen Kaffee trinken gehen?" "Ich dachte eher an jetzt", kommt seine Antwort um 22:42 Uhr an einem Dienstagabend. "Ich kann mir ein Taxi rufen." Das ist mir dann aber doch etwas zu schnell, schreibe ich ihm. Danach höre ich nie wieder etwas vom Unternehmensberater. War vielleicht auch besser. So viel Spontanität überfordert mich. Ich sag ja, ich bin eine Dating-Prinzessin auf der Erbse.
Kein Anschluss unter diesem Profil
Es gibt ja auch noch das komplette Gegenteil, so wie Benjamin, 28, Student. Wenn er mir schreibt, was so ungefähr einmal die Woche ist, wirkt er sehr interessiert und haut so manchen lustigen Spruch raus. Doch so wirklich will ein Gespräch nicht zu Stande kommen, was an den langen Pausen zwischen den Nachrichten liegt. Selbst wenn ich ihm direkt antworte, kommt erst Tage später wieder eine Antwort. Entweder ist er tatsächlich zwischen Uni-Kursen, Werkstudentenjob und Kaffeepausen total ausgelastet, oder ich werde hier gerade gebencht, während er eine andere Frau intensiver datet. So ein richtig gutes Gefühl gibt mir das nicht.
Zu einem Treffen kam es – oh, welche Überraschung – dann mit keinem der oben genannten Männer. Die Kommunikationsbedürfnisse sind bei jedem Menschen eben unterschiedlich und ich brauche eher weniger als mehr, aber doch mehr als Sparflamme. Und mit manchen Männern passt es dann ja auch auf Anhieb. So wie mit Dominik, aber die Geschichte gehört in eine andere Ausgabe ...
Ab zum dritten Teil der Kolumne - das erste Treffen steht an ...
Diese Kolumne ist Teil von #wunderbarECHT. Mehr Infos zur Aktion bekommst du hier.
*Namen und Berufe wurden natürlich von mir geändert und dienen nur als Beispiele
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