Trennung nach Affäre: So verarbeitest du eine Trennung, wenn ihr gar nicht wirklich zusammen wart

Ob es um deine Online-Bekanntschaft geht, eine Fast-Beziehung oder eine kurze Liebschaft. Warum wir Liebeskummer nach einer Affäre haben und wie wir ihn überwinden erfährst du bei uns.

Wir haben Beziehungsexpertin und Sexualtherapeutin Julia Henchen die wichtigsten Fragen gestellt.

Schwarm, Liebschaft, Affäre – oder einfach nur jemand mit dem wir gerade permanent Nachrichten austauschen und das ein oder andere Date haben:

Sie*Er beschert uns Schmetterlinge im Bauch, zaubert ein Dauerstrahlen auf unser Gesicht und lässt sogar den grauen Alltag ganz unbeschwert werden.

In einem neumodischen Märchen würde diese Geschichte mit einem Liebespaar enden, das offiziell zusammen ist und vielleicht irgendwann heiratet, Kinder bekommt und den Rest seines Lebens miteinander verbringt.

In der Realität des (Online-)Datings enden solche kleinen Romanzen aber leider zu oft damit, dass es bei unverfänglichem Sex bleibt oder deine Affäre sich am Ende doch als ein ganz anderer Mensch entpuppt als der, für den man ihn gerne gehalten hätte.

Was folgt ist eine Trennung, die eigentlich keine ist – denn eigentlich war man ja nicht wirklich zusammen… Aber warum fühlt es sich dann danach an?

Flirtende Emojis, Komplimente und den ganzen Tag die Hoffnung, auf die nächste süße Nachricht oder vielleicht eine Verabredung zu einem Date: Wenn das alles aufhört, dann tut das weh. 

Besonders weh tut, dass hier nicht nur ein Flirt oder eine kleine Liebschaft endet, sondern vor allem auch die Hoffnung auf mehr, auf eine Beziehung, bitter enttäuscht wird. Und in diesem Sinne ist das Ganze eine sehr wirkliche Trennung:

Nur eben nicht die eines Paares, sondern eine Trennung von Gefühlen, von Hoffnungen und oft auch von der Vorstellung vielleicht gerade DEN einen gefunden zu haben.

Selbst, wenn eine Liaison nur für wenige Wochen besteht und vollkommen egal, ob ihr nur per WhatsApp und Co. geschrieben, euch auch getroffen oder miteinander geschlafen habt: Du hast ein Recht auf Liebeskummer und darauf, traurig zu sein.

Auch Beziehungsexpertin Julia Henchen bestätigt uns: „Liebeskummer ist keine logische Reaktion, sondern eine emotionale – und unser Gehirn unterscheidet nicht zwischen "echten" und "nicht offiziellen" Beziehungen. Psychologisch betrachtet entsteht der Schmerz durch unerfüllte Erwartungen, emotionale Investition und das plötzliche Fehlen von Nähe und Verbundenheit.“

Und weiter „Egal, welche Situation dich betrifft: Deine Gefühle sind real und verdienen es, ernst genommen zu werden. Aber du bist ihnen nicht ausgeliefert – du hast die Möglichkeit, aktiv Einfluss auf deine emotionale Heilung zu nehmen.“

Liebeskummer ist nicht gleich Liebeskummer: Er hat viele Facetten, genau wie Liebe selbst auch. Das bedeutet vor allem: Auch Liebeskummer nach einer Romanze, die nie zu einer ernsten Beziehung wurde, hat seine Berechtigung. Wie lange der Liebeskummer nach einer Affäre dauert, ist genauso individuell.

Als Orientierung lässt sich sagen: Eine Beziehung zu verarbeiten dauert halb so lange wie die Dauer der Beziehung. Lies‘ hier mehr darüber, wie du eine Trennung verarbeiten und den Schmerz überwinden kannst.

Das Ende einer Romanze ist oft vor allem auch eins: Eine fiese Kränkung des Egos… Wir sitzen da und fragen uns: Was habe ich falsch gemacht?! War ich zu anhänglich? War ich nicht witzig, sexy, cool, interessant, kultiviert – was auch immer - genug???

Dieses Gedanken-Karussell solltest du gar nicht erst besteigen, denn die Fahrt macht erstens keinen Spaß und zweitens führt sie dich nirgends hin. Was dich hingegen weiterbringt, ist Klarheit.

Die Therapeutin erklärt: „Gerade aus einer feministischen Perspektive ist es wichtig, sich klarzumachen, dass Frauen oft dazu sozialisiert werden, ihre Selbstbestätigung aus romantischen Beziehungen zu ziehen. Es kann helfen, sich bewusst auf die eigene Selbstwirksamkeit zu konzentrieren:

• Was gibt dir außerhalb von Beziehungen Wert?

• Was kannst du tun, um dein emotionales Zentrum wieder zu dir selbst zurückzuholen?“

Lies auch: Liebeskummer-Tipps: Das hat mich geheilt, das hat mir geholfen!

1. Wichtig ist deine „Gefühle zu akzeptieren, ohne sich selbst zu verurteilen.“, so die Expertin. Du bist nicht zu Unrecht traurig und enttäuscht und es gibt auch keinen Grund, sich dafür zu schämen oder es zu verstecken.

2. „Schreib auf, was dich an der Verbindung so berührt hat – oft entdecken wir, dass es weniger um die Person, sondern um das Gefühl geht, das sie uns gegeben hat.“, verrät Henchen. Beim sogenannten Journaling kannst du dir ganz für dich selbst den Frust von der Seele schreiben, hier liest du mehr darüber.

3. Es hilft deiner*m besten Freund*in oder deinen Vertrauten über deine Gefühle und das, was passiert ist zu reden. So lange, bis es besser wird – Freunde und Familie halten das aus, sie sind schließlich nicht umsonst deine Lieblingsmenschen.

4. „Körperliche Verarbeitung: Bewegung, Atemübungen oder kreative Ausdrucksformen helfen, Emotionen abzuleiten.“, empfiehlt die Beziehungsexpertin. Wenn du dich also gerne sportlich betätigen möchtest, mach das unbedingt! Die Glückshormone, die eigentlich bei jeder Art von Sport ausgeschüttet werden, werden dafür sorgen, dass du dich sofort etwas besser fühlst!

5. Tu dir Gutes und lenk dich ab! Nach einer richtigen Trennung würdest du doch auch alles dafür tun, um dich selbst aufzumuntern, also mach das auch in diesem Fall. Erlaubt ist alles, was sich gut anfühlt oder deine Gedanken auf etwas Schönes lenkt.

6. Gib dir Zeit und erwarte nicht, dass du von heut auf morgen wieder Little Miss Sunshine bist.

In Julia Henchens Podcast „Kopf aus – Lust an!“ hörst du echte Beratungsgespräche über Sex und Liebe oder du shoppst hier direkt bei uns das gleichnamige Buch der systemischen Paar- und Sexualtherapeutin. Darin liest du, woran es liegt, wenn die Lust auf Sex schwindet, und wie du es schaffst, ein erfülltes Sexualleben zu haben.

Deine Gedanken kreisen ständig um deine Affäre und du kannst einfach nicht aufhören, ihr*ihm zu schreiben oder dich sogar nach dem Cut mit ihr*ihm zu treffen? Ist der Post eine geheime Botschaft, die für mich bestimmt ist? Was tut und denkt sie*er gerade?

Eben dieses Kopfkino samt emotional aufgeladenem Gedanken-Karussell kennen wahrscheinlich viele Menschen, die keinen Kontakt mehr zu ihrer Affäre haben. Oder sich von der Liebelei verabschiedet haben. Was hilft, wenn du einfach nicht loslassen kannst, ist laut der Expertin:

• Radikale Ehrlichkeit mit dir selbst: Willst du wirklich die Person – oder das Gefühl, das du mit ihr verbindest?

• Bewusster Fokus auf Alternativen: Jede emotionale Fixierung blockiert Raum für neue Erfahrungen. Was kannst du aktiv tun, um andere Perspektiven zu öffnen?

• Mentale Techniken: In der Psychologie hilft z.B. die "Gedankenstopp-Technik" (ein bewusstes "Stopp" oder ein anderes Ritual, wenn du in Grübelschleifen fällst).

• Falls du trotz aller Versuche in der Fixierung stecken bleibst, könnte es sinnvoll sein, therapeutische Unterstützung in Betracht zu ziehen.

Henchen betont auch: „Feministisch betrachtet ist es wichtig, die eigene Selbstbestimmung zurückzugewinnen. Frauen werden oft dazu erzogen, ihre emotionale Welt um eine Beziehung herum zu gestalten – das kann dazu führen, dass sich das "Loslassen" wie ein Identitätsverlust anfühlt.“

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Du fragst dich, woran du eigentlich merkst, dass es Zeit ist deine Affäre zu beenden? Natürlich liegt die Entscheidung pro oder kontra Affäre letztendlich bei dir. Nichtsdestotrotz gibt es Anzeichen und Gründe, die dir dabei helfen können, einen klaren Entschluss zu fassen. So erklärt Henchen:

„Affären können aufregend sein, aber oft gehen sie mit emotionalen Unsicherheiten einher. Besonders Frauen wird gesellschaftlich vermittelt, ihre Bedürfnisse zurückzustellen oder darauf zu hoffen, dass "mehr daraus wird".

Psychologisch betrachtet lohnt es sich, innezuhalten und sich selbst zu fragen:

1. Gibt mir diese Affäre das, was ich wirklich brauche – oder hoffe ich auf eine Veränderung, die wahrscheinlich nie kommt?

2. Fühle ich mich respektiert und selbstbestimmt, oder überwiegen Unsicherheit und Schuldgefühle?

3. Würde ich einer guten Freundin raten, in dieser Situation zu bleiben?

Sobald emotionale Abhängigkeit oder innere Zerrissenheit überwiegen, ist es Zeit, loszulassen. Denn gesunde Verbindungen sollten dich stärken, nicht destabilisieren.“

Das Ende einer Affäre ist oft schwieriger als gedacht, weil emotionale Bindungen nicht mit reiner Willenskraft gekappt werden können. Ein sauberer Abschluss ist essenziell – sowohl für die eigene mentale Gesundheit als auch für die emotionale Unabhängigkeit.

• Klarheit statt Ausflüchte: Vermeide schwammige Abschiede wie "Lass uns sehen, was die Zukunft bringt." Ein klares "Ich beende das für mich" hilft deinem Gehirn, den Schlusspunkt zu setzen.

• Ziehe Konsequenz: Emotionale Eskalationen binden nur noch mehr Energie an die Person. Halte es sachlich, aber bestimmt.

• Kein direkter "freundschaftlicher Übergang": Gerade wenn Gefühle im Spiel sind, braucht es Abstand, um wirklich loslassen zu können.

Lies hier, warum es besser ist nicht mit dem Ex befreundet zu bleiben.

Noch komplizierter wird’s (emotional gesehen) also, wenn du dich von deiner Affäre getrennt hast, den Liebeskummer aber heimlich verarbeitest. Zum Beispiel weil deine Affäre oder aber du selbst noch in einer anderen Beziehung seid. Oder weil du aus anderen Gründen nicht mit Freund*innen oder Verwandten über deine Affäre sprechen kannst. Zum Beispiel, wenn ihr eure Beziehung geheim gehalten habt. Was hilft den Trennungsschmerz zu überwinden sind laut Henchen folgende psychologische Strategien:

• Akzeptiere deine Emotionen, ohne sie sofort zu bewerten. Du kannst nichts für deine Gefühle – aber du kannst entscheiden, wie du damit umgehst.

• Schaffe dir sichere Räume für Verarbeitung: Wenn du niemandem davon erzählen kannst, nutze alternative Wege wie Journaling oder kreative Ausdrucksformen.

• Reflektiere deine aktuelle Beziehung: Ist dein Kummer ein Zeichen dafür, dass dir etwas fehlt? Oder liegt es mehr an unerfüllten Sehnsüchten, die du auch in einer anderen Form in deine aktuelle Beziehung integrieren könntest?

• Es ist wichtig, dass Frauen sich selbst nicht nur in Bezug auf Beziehungen definieren. Manchmal steckt hinter dem heimlichen Liebeskummer die tiefere Frage: "Wer bin ich außerhalb dieser Rollen?"

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