Unglückliche Liebe: Warum wir uns in bindungsunfähige Männer verlieben
Jede Frau kann sich in einen bindungsunsicheren Mann verlieben. Paartherapeutin Sandra Konrad erklärt, warum wir uns in Bindungsphobiker verlieben und wir wir solche Männer wieder loswerden können.
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Warum verlieben Frau sich immer wieder in Männer, die keine Beziehung wollen? Hier erklärt die Hamburger Paartherapeutin Sandra Konrad, was bindungsunfähige Männer so anziehend macht und wie wir es schaffen können, uns von solchen Männern zu lösen.
"Am Anfang war er so aufmerksam und liebevoll und hat mit mir von einer gemeinsamen Zukunft geträumt!, oder "Wenn wir uns sehen, ist es wunderschön, aber in der Zeit dazwischen meldet er sich einfach nicht und möchte keinen Kontakt haben", berichten Frauen, die sich unglücklich in Bindungsphobiker verliebt haben.
Liebe macht blind, heißt ein bekanntes Sprichwort, aber es ist nicht reine, wahre Liebe, sondern es sind unsere alten Verletzungen, unsere falschen Glaubenssätze, die uns blind, taub, stumm und handlungsunfähig werden lassen in Anbetracht eines Partners, der an den alten Wunden rührt und uralte Muster reaktiviert. Es ist die eigene mangelnde Bindungsfähigkeit, die uns an Partner bindet, die ebenso wenig wie wir wissen, wie das funktioniert mit der ruhigen, erfüllten Liebe. Es ist die eigene Fehlprogrammierung, dass Liebe unbeständig und schmerzhaft, deshalb aber umso leidenschaftlicher und intensiver ist.
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Bindungsphobiker sind schwer zu erkennen
Tatsächlich sind bindungsvermeidende Männer nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen, weil sie besonders charmant und einfühlsam sind in den wenigen Momenten, in denen sie Nähe zulassen können. Weil sie sich immer wieder entziehen, weil sich die Frauen ihrer nie ganz sicher sein können, halten sie die Spannung und die Leidenschaft auf einem hohen Niveau – die Beziehung bleibt immer "wie am Anfang". Dieses unbewusste Nähe-Distanz-Spiel kann Frauen mit einer ebenfalls unsicheren Bindungsstruktur süchtig machen. Sie werden immer hungriger nach dem besonderen Bisschen, was der Mann ihnen anzubieten hat und gleichzeitig - wie ein Insekt im Spinnennetz - immer bewegungs- und denkunfähiger.
Mit der Zeit übernehmen sie die Logik des bindungsvermeidenden Mannes, zweifeln an der Rechtmäßigkeit ihrer eigenen Bedürfnisse und ihrem eigenen Wert. Je nach Persönlichkeit gleiten sie in eine Depression und die totale Selbstabwertung oder versuchen, ein Minimum an Kontrolle zu simulieren, indem sie rationalisieren: "Mein Freund hilft mir, nicht abhängig von ihm zu werden und meine symbiotischen Nähewünsche im Griff zu halten."
Viele Frauen suchen die Schuld bei sich
Fakt ist: Jede Frau kann sich in einen bindungsunsicheren Mann verlieben. Aber eine Frau, die von ihrem inneren Wert überzeugt ist, weiß eher, was sie will und was sie braucht, um glücklich zu sein und hat keine Scheu, ihre Bedürfnisse zu formulieren. Sie hat gute Antennen für die Bindungsfähigkeit ihres Gegenübers und wird schneller hellhörig bei Unstimmigkeiten zwischen Worten und Taten. Sie wird die Schuld für Missverständnisse oder Konflikte nicht ausschließlich bei sich selbst suchen und recht schnell erkennen, ob sie das, was sie wünscht, von dem Mann bekommt oder ob sie auf ewig an verlorener Front dafür kämpfen müsste.
Eine Trennung ist auch für selbst- und bindungssichere Frauen schmerzhaft, aber sie lassen sich nicht solange täuschen, bis ihr Selbstwertgefühl empfindlich angegriffen ist.
Wer sich dauerhaft auf eine Beziehung mit einem bindungsunsicheren Mann einlässt, hat oft wenig Selbstwertgefühl und versucht, sich den Bedürfnissen des Partners anzupassen. Die Frauen vermeiden, Forderungen zu stellen und zwingen sich, immer mehr auszuhalten, was ihnen eigentlich nicht gut tut. Sie werden abhängig von ihren nicht erfüllten Sehnsüchten und der Hoffnung, dass alles doch noch besser werden wird. Sie suchen ihr Heil in einer Beziehung, obwohl sie dort nur Unheil erleben. Frauen mit wenig Selbstwertgefühl lieben oft bedingungslos. Aber nur die Männer, die ihnen nicht gut tun. Sich selbst lieben sie nicht genug. Sich selbst schätzen sie nicht genug. Aus intelligenten, attraktiven,erfolgreichen Frauen werden sehnsüchtige Wochenend- und Bettgespielinnen, die hoffen, irgendwann doch noch das zu bekommen, was sie sich schon immer erwünscht haben: dass der Mann sich für sie entscheidet.
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Der Kinderwunsch kann die Situation dramatisch verschärfen
Eine dramatische Situation entsteht meist in der Lebensphase, in der die biologische Uhr anfängt zu ticken und Frauen sich ein Kind wünschen. Wer sich in dieser Phase für den bindungsphobischen, familienunfreundlichen Mann und gegen die eigenen Gefühle entscheidet, leidet oft sein ganzes Leben darunter. Dass die Frau ja durchaus die Chance hatte, sich einen anderen Mann zu suchen, dass sie viele Jahre die Verantwortung für ihr eigenes Leben verneint und sich selbst etwas vorgemacht hat, wird oft vergessen – oder bitter bereut. Manchmal allerdings hilft ein bindungsvermeidender Mann, der sich ganz klar gegen ein Kind ausspricht, seiner Partnerin auch dabei, die Verantwortung für ihre Kind-ja-Kind-nein-Ambivalenzen abzugeben. Mancher Frau fällt es leichter, ihren Mann zu hassen, als sich einzugestehen, dass sie selbst emotional gar nicht in der Lage gewesen wäre, ein Kind zu versorgen. Das Kind bleibt dann eine Vision, eine Sehnsuchtsblase im Leben einer unreifen Frau, die auf verschiedenen Ebenen genauso wenig wie ihr bindungsvermeidendes männliches Pendant erwachsen wird und keine Verantwortung übernimmt - auch wenn im Inneren eine große Sehnsucht danach besteht, eine Familie zu gründen.
Vivian trennte sich gerade noch rechtzeitig
Die 32-jährige Vivian erkennt gerade noch rechtzeitig, dass sie ihr Herz an einen Mann verloren hat, der sie nie glücklich gemacht hätte. Ihr 40-jähriger Freund Marco hält sie auf Abstand - und sich selbst alle Türen offen. Er möchte nicht mit ihr zusammenziehen, er bezieht sie nicht in seine Urlaubsplanung mit ein, "Unabhängigkeit" ist und bleibt sein höchstes Gut. Vivian liebt ihren Freund, aber sie hat auch klare Vorstellungen von ihrer Zukunft: Sie wünscht sich Kinder, eine Familie und einen Mann, der bereit ist, diesen Weg mit ihr gemeinsam zu gehen. "Er sagt zwar, dass er nicht bereit ist, Vater zu werden, aber wenn er mit Kindern von Freunden spielt, wirkt er total glücklich. Alle Kinder lieben ihn. Er wäre ein absolut toller Vater", schwärmt Vivian und setzt ihre rosarote "Alles-wird-gut-egal-was-er-sagt-er-meint-es-nicht-so-Brille" auf.
Als sie ihrem Freund mitteilt, dass sie die Pille absetzen möchte, um schwanger zu werden, ist seine Antwort deutlich: Er schläft nicht mehr mit ihr. Gespräche führen immer wieder zu einem Ergebnis: Er möchte keine Familie gründen, er möchte kein Vater werden, er möchte keine Verantwortung tragen, er möchte nicht für die Zukunft planen. Vivian hinterfragt sich ein paar Monate und erkennt, dass ihr das Risiko zu groß ist, mit ihm zusammen zu bleiben. "Ich liebe ihn, aber ich möchte unbedingt Kinder haben. Aber was, wenn er irgendwann doch dazu bereit ist und ich zu früh aufgebe?"
Schweren Herzens entscheidet sie sich für die Trennung. Als sie einige Zeit darauf erfährt, dass er mit einer anderen Frau ein Kind erwartet, bricht sie zusammen. Ihre Horrorvision ist wahr geworden. Sie macht sich Vorwürfe, sich zu früh getrennt zu haben und beneidet die andere Frau um ihr Glück. Bis sie erfährt, dass ihr Ex schon längst wieder eine andere hat und seine schwangere Freundin kurz vor der Geburt sitzen gelassen hat. Ihr wird klar, dass sie sich selbst vor dem größten Fehler ihres Lebens bewahrt hat, denn sie wünscht sich nicht nur ein Kind, sondern auch einen Mann, der Lust darauf hat und emotional dazu in der Lage ist, mit ihr gemeinsam eine Familie zu gründen.
Woran erkennt man bindungsvermeidende Männer?
Es gibt drei Typen vonbindungsvermeidenden Männern: Die, die sich sofort zu erkennen geben und ehrlich sind in ihren Bemühungen, Nähe zu vermeiden. Die, die Spaß am Erobern haben und sich eigentlich Nähe wünschen, sie aber nicht leben können. Und die, die versuchen, ihre Ängste im Rahmen einer Beziehung in den Griff zu bekommen, indem sie den Grad der Nähe diktieren und kontrollieren.
Typ 1: Der ehrliche Vermeider
Wenn ein Mann sich ohne triftigen Grund eine Woche nachdem ersten, tollen Date nicht meldet, kannst du ziemlich sicher sein, dass er entweder kein Interesse an dir hat, oder kein Interesse an einer verbindlichen Beziehung. Wenn ein Mann deutlich sagt, dass er Probleme mit Intimität und Verbindlichkeit hat, dass er noch nie Freude an engen Beziehungen hatte und zu viel Nähe erdrückend findet, dann hör ihm gut zu. Verschließ bei diesen wichtigen Informationen nicht Augen und Ohren und steiger dich nicht in die Überzeugung hinein, dass du diejenige bist, die ihn retten und ändern und einführen kann in die schöne Welt der echten Beziehungen. Wenn ein Mann mit 45 noch nie mit einer Frau zusammengelebt hat und keine längeren Beziehungen hatte, sieht die Prognose eher düster aus, dass er sein Junggesellenleben für dich aufgeben wird. Liebe ist nicht stärker als Bindungsangst.
Typ 2: Der leidenschaftliche Eroberer
Dieser bindungsvermeidende Typ Mann ist oft zu gut, um wahr zu sein: Er trägt dich auf Händen, er liest dir jeden Wunsch von den Augen ab, er neigt zu großen Gesten, er ist liebevoll, zärtlich, leidenschaftlich, er geht auf dich ein, er ist der Superman der Liebe. Zumindest am Anfang der Beziehung. Oder in den wenigen Momenten, in denen ihr euch seht. Der Eroberer ist ein Mann für gewisse Stunden, der beste Mann, den du dir vorstellen kannst. Aber er ist kein Mann für die Woche, den Monat, das Jahr und erst recht nicht für die Ewigkeit. Er entzieht sich nach Momenten der intensiven Nähe, ist sich nicht sicher, ob die Beziehung oder du für ihn das Richtige bist. Er verschwindet ohne Erklärung oder er löst die Beziehung und dann taucht er plötzlich wieder auf mit einer großen oder zumindest berührenden Geste. Er hebt dich ins Himmelhochjauchzend und stürzt dich ins Zu-Tode-betrübt - nicht einmal oder zweimal, sondern wieder und wieder und wieder. Eroberer sind oft sehr sensible Menschen, die sich danach sehnen, geliebt zu werden, aber die Angst, sich auf eine Frau einzulassen, ist größer als die Sehnsucht. Das Hin- und Her schafft Spannung und Leidenschaft, aber auch Ohnmacht und Leid, solange die Partnerin noch hofft, oder wenn sie bereits abhängig geworden ist von der sich wiederholenden Eroberung ihres Geliebten.
Typ 3: Der Nähe-Distanz-Regler
In dieser Kategorie tummeln sich bindungsvermeidende Männer, die mehr Nähe zulassen können als die beiden vorherigen Typen, oder Männer, die aufgrund starker Konventionen eine Frau an ihrer Seite brauchen. Der Nähe-Distanz-Regler sitzt immer allein am Beziehungs-Mischpult, er diktiert und kontrolliert das Maß der Nähe – nicht um seine Partnerin zu quälen, sondern weil er nur so seine Ängste im Zaum halten kann. Je nach Bindungsangst braucht dieser Mann viel Freiraum, um die Konvention einer Beziehungaufrechtzuerhalten: Vielleicht hat er eine Zweit-Wohnung oder zumindest einen eigenen Bereich in der Wohnung, den niemand außer ihm betreten soll. Er hat zeitraubende Hobbys oder andere Möglichkeiten, sich den Nähewünschen seiner Partnerin zu entziehen wie Computerspielen oder exzessives Fernsehen. Er besteht darauf, oft allein in Urlaub zu fahren oder er schiebt Arbeit vor, um möglichst viel Zeit allein und außer Haus zu sein - Workaholics sind oft verkappte Bindungsphobiker. Frauen, die mit Nähe-Distanz-Reglern zusammen sind, beschreiben oft, dass sie immer hungrig sind nach Nähe, dass sie über das Verhalten des Mannes verwirrt sind, der sie gerade dann zurückstößt, wenn das Zusammenleben für sie am schönsten war. Auch dieser Typ des bindungsvermeidenden Mannes kann punktuell sehr charmant und liebevoll sein, aber er braucht Phasen des extremen Rückzuges, um der gefühlten Bedrohung auszuweichen, von der Frau "verschlungen" zu werden.
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Unsere Expertin
Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch "Liebe machen - Wie Beziehungen wirklich gelingen" von Dr. Sandra Konrad.
Sie ist Diplom-Psychologin und arbeitet seit 2001 als systemische Einzel-, Paar- und Familientherapeutin in eigener Praxis in Hamburg. In ihrem Buch erklärt sie anhand vieler Fallbeispiele aus ihrer Praxis typische falsche Überzeugungen und Missverständnisse: warum Mr. Right im Laufe der Beziehung immer falscher wird, aber trotzdem der Richtige sein kann, warum Seitensprünge nicht immer das Ende bedeuten müssen, sondern sogar beziehungsrettend sein können, und wann wirklich Schluss ist mit der Liebe. "Denn je klarer wir erkennen,was wir selbst zur Liebe beitragen können und an welchen Stellen wir sie überfordern, umso glücklicher werden wir leben und lieben."
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