Mama-Burnout

Depressionen: Was tun, wenn Mama nicht mehr kann?

Jede Mutter möchte eine gute Mutter sein. Doch was kann eine Frau tun, wenn sie unter Depressionen leidet und den Alltag nicht mehr bewältigen kann? Familientherapeutin Marthe Kniep gibt Rat!

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Wenn Mama nicht mehr kann...

Wie kann ich trotz Depressionen eine gute Mutter sein? "Nichts geht mehr. Ich bin so unendlich müde. Ich sehe meine Kinder an und möchte mich nur noch verstecken. Ihre Fröhlichkeit strengt mich an. Ich weiß nicht, wie ich ihnen noch gerecht werden soll. In mir ist kein Funken mehr an Energie. Wie soll ich mit diesen endlosen dunklen Wolken im Kopf bloß weiter eine gute Mutter sein?“

Eine gute Mutter sein! Der Wunsch danach ist ein innerer Antrieb, den jede Frau mit Kindern in sich spürt.

Und wir unternehmen mit diesem Motor alle erdenklichen Anstrengungen, um dem Nachwuchs mit unserer Hilfe einen guten Start ins Leben zu bereiten. Doch oft liegt die Messlatte für den „Gute-Mutter-Status“ sehr hoch. Wobei eigentlich unklar ist, welche Fähigkeiten und Erfolge Frau dafür vorweisen muss. Schon gesunde Mütter tun sich schwer, den eigenen Ansprüchen oder auch denen anderer nachzukommen.

Aber was, wenn Mama plötzlich nicht mehr kann, wie sie will?

Wir klären auf, welche Hilfen es für Mütter mit Depressionen gibt, wie ihre Kinder aufgefangen werden können und wie wichtig es aus Expertensicht für Kinder und Eltern ist, dass Betroffene sich Hilfe holen.

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Mama kann nicht mehr: Was ist „eine richtige Depression“?

Depression ist mehr als eine längere Traurigkeit. Diese Krankheit lässt viele Gefühle unfreiwillig abflachen und verschüttet Freude und Zuversicht. Betroffene schaffen es kaum gut für sich selbst zu sorgen, geschweige denn für ihre Kinder. Und je nach Schwere der Krankheit minimiert sich bei Depressiven die ganz persönliche Hoffnung auf eine Heilung.

Die Verläufe von Depressionen sind sehr individuell. Manchmal schleicht sich ein depressiver Zustand in das Leben und manifestiert sich zunehmend. In anderen Fällen bringt eine länger andauernde Überforderung oder ein bestimmtes Lebensereignis – auch eine Geburt - von jetzt auf gleich alles ins Wanken.

Kennzeichnend für diese Krankheit sind vor allem die über Wochen andauernde Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit und Freudlosigkeit. Darüber hinaus können Betroffene unter Appetitlosigkeit, sexueller Lustlosigkeit, Schlafstörungen, dem Verlust des Selbstwertgefühls und Schuldgefühlen leiden. Nicht selten drängen sich in diesem Zustand Selbstmordgedanken auf, die ein wichtiger Hinweis sind, dass es mehr als allerhöchste Zeit für professionelle Hilfe ist!

Je nach Anzahl und Schwere der Symptome wird von einer leichten, mittelschweren oder schweren Depression gesprochen.

Depression: Diese Symptome sind Warnsignale der Krankheit

Ab wann brauche ich professionelle Hilfe?

Einigen Frauen mit einer leichten Depression und einem guten Helfernetzwerk gelingt die Bewältigung des Alltags manchmal gerade noch so. Doch niemand sollte sich zu lange damit quälen, es allein schaffen zu wollen. Denn „das Wichtigste ist die Behandlung einer Depression – so früh wie möglich,“ betont Prof. Dr. Schulte-Markwort. Und das hat einen guten Grund: „Die Prognose steht und fällt nämlich mit dem frühen Behandlungsbeginn.“

Der Klinikdirektor der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und leitende Abteilungsarzt am Altonaer Kinderkrankenhaus hat langjährige Erfahrung mit der Behandlung von depressiven Müttern und der Einbeziehung ihrer Familienangehörigen.

Für ihn ist „der erste wichtige Schritt, die Krankheit anzuerkennen und sich Hilfe zu holen. Gerade Mütter laufen Gefahr, sich selber Schwäche vorzuwerfen, statt sich einzugestehen, dass sie wirklich erkrankt sind.“ Erschwerend hinzu komme aus seiner Sicht noch der aktuelle „Selbstoptimierungswahn, der sich auch auf Eltern bezieht und diese zunehmend überfordert“. Und das macht schon gesunden Müttern zu schaffen!

Wer oder was kann mir helfen?

Welche Therapie die Richtige ist, hängt unter anderem vom Schweregrad der Depression ab und vom Auslöser, soweit man diesen festmachen kann. Eine Psychotherapie ist in jedem Fall hilfreich. Sie kann Betroffene stärken, in dem zum Beispiel alte Wunden verarbeitet werden, Achtsamkeit für die eigenen Bedürfnisse wieder hergestellt oder das Helfernetzwerk aktiviert und erweitert wird. Parallel muss ein Arzt gemeinsam mit dem Patienten abwägen, ob Antidepressiva eingesetzt werden sollten. Aus Sicht des Klinikleiters sind „Medikamente ab einem bestimmten Schweregrad der Depression ein wichtiger Teil der Behandlung“.

Und bei postnataler Depression (nach der Geburt)?

Studien belegen, dass etwa 15 Prozent aller Frauen nach der Geburt vorübergehend Depressionen haben. Aber nur etwa die Hälfte von ihnen ist damit in Behandlung. Das liegt auch daran, dass die Krankheit nicht immer gleich erkannt wird und sich viele Mütter schämen, weil sie von sich denken: „Eigentlich müsste ich doch jetzt glücklich sein und mich über mein Kind freuen.

Für Mütter mit postnatalen Depressionen, die über den normalen Baby-Blues hinausgehen, ist deshalb der Erwachsenen-Psychiater der richtige Ansprechpartner. Er hat sowohl die körperlichen als auch die seelischen Veränderungen der Frau im Blick und weiß, welche Medikamente auch für stillende Mütter in Frage kommen.

Postpartale Depression: Mehr als Heultage und Babyblues

Wie erkläre ich es meinem Kind?

Viele Eltern sind verunsichert, wie sie ihrem Nachwuchs die Krankheit der Mutter und ihre gedrückte Stimmung erklären sollen. Doch so schwer, wie viele denken, ist es nicht. „Sie können mit dem Kind über diese Krankheit genau so reden, wie sie auch über andere Dinge mit ihm sprechen. Wichtig ist, Depression nicht zum Tabuthema zu machen. Kinder merken ohnehin, dass etwas nicht stimmt. In jedem Alter. Dem Kind hilft es, zu verstehen, dass es die Stimmung der Mutter nicht auf sich beziehen muss und dass es keine Schuld daran hat.

Vorsicht ist jedoch geboten, wenn es darum geht, um Rücksichtnahme oder Unterstützung zu bitten. „Das überfordert Kinder schnell,“ gibt Schulte-Markwort zu bedenken.

Das Vorlesebuch "Warum ist Mama traurig?" von Susannen Wunderer macht das Thema Depressionen für Kinder besonders behutsam zugänglich.

Wird mein Kind auch krank, wenn ich depressiv bin?

Die Wahrscheinlichkeit später möglicherweise an Depressionen zu erkranken, ist bei Kindern statistisch höher, deren Eltern einmal daran erkrankt waren. Doch es muss nicht so kommen, bestätigt auch Schulte-Markwort. „Es ist kein irreparabler Schaden beim Kind zu befürchten, wenn eine Mutter zum Beispiel nach der Geburt einige Monate unter Depressionen leidet. Denn Kinder sind sehr flexibel, sich auf Veränderungen für eine Zeit einzustellen. Außerdem ist die Mutter ist ja meist nicht die einzige Bezugspersonund der Vater kann einiges auffangen.“

Wenn eine Mutter jedoch befürchtet, dass ihre Krankheit sich negativ auf die Beziehung zum Kind auswirkt, sollte sie das ansprechen. Zunächst kann sie um eine Einschätzung des Kinderarztes bitten. Dazu gehört jedoch, dass sie vor dem Arzt zu ihrer Krankheit und der damit verbundenen Sorge um ihr Kind steht. Im Zweifelsfall wird der Kinderarzt sie zu einem Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeuten oder an eine Psychiatrie für Kinder – und Jugendliche überweisen.

Es bleibt jedoch nicht ohne Folgen für das Kind, wenn es über einen längeren Zeitraum unter der unbehandelten Depression seiner Mutter leidet. „So kann es bei Säuglingen zu Bindungs- und Beziehungsstörungen kommen. Das drückt sich später dann entweder im Rückzug oder in der Hyperaktivität aus.

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Das Kind wird dauerhaft irritiert, weil die Mutter kein ausreichender emotionaler Resonanzkörper mehr ist. Ihr fällt es schwer, bei den Emotionen des Kindes mitzuschwingen und es bekommt keine angemessene Rückmeldung. Dadurch kann dem Kind ein wichtiger Teil der psychischen Entwicklung fehlen.“ Schulte-Markwort findet jedoch auch hier beruhigende Worte. Denn „auch das ist nicht irreparabel. Es erfordert jedoch oft therapeutische Unterstützung.“

Ich schaffe es zu Hause nicht mehr! Was jetzt?

Das Eingeständnis krank zu sein ist ganz wichtig, damit Betroffene endlich Entlastung erfahren können. Ist es so, dass eine Familie durch die Krankheit der Mutter den Familienalltag auch mit Unterstützung im Haushalt von außen nicht mehr bewältigen kann, gibt es unterschiedliche Hilfen. Dazu gehören zum Beispiel Tageskliniken für Mutter und Kind oder auch die vollstationäre Behandlung in einer Mutter-Kind-Einheit an einer Klinik. Für beides gibt es keine Wartezeiten, wenn akuter Handlungsbedarf besteht. Geh als Betroffene in die Ambulanz eines Krankenhauses oder lass dich dorthin fahren. Bei allen weiteren Schritten wird man dir helfen.

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Wenn ich es ohne Medikamente schaffen will ...!

Viele Frauen zögern, wenn das Thema Antidepressiva aufkommt. Die Sorge vor Nebenwirkungen wie einer Abhängigkeit oder dauerhaften körperlichen Schäden ist weit verbreitet. Hier gibt Schulte-Markwort Entwarnung und erklärt: „Die meisten modernen Antidepressiva machen nicht abhängig, sind nebenwirkungsarm und verändern nicht die Persönlichkeit.“ Um zum Beispiel durch besseren Schlaf wieder mehr Kraft zu bekommen und das Nervenkostüm zu stärken, ist es ein Versuch wert. Manchmal geht es eben nicht ganz aus eigener Kraft. Wäre Depression ein Virus, würdest du doch vielleicht auch ein Antibiotikum einnehmen, wenn sonst zum Beispiel das Herz in Mitleidenschaft genommen würde.

Wie wirken Antidepressiva?

Die Wirkung von Antidepressiva ist auch für Laien nachvollziehbar und macht manch einem die Entscheidung leichter, sich für eine begrenzte Zeit auch mit Medikamenten zu helfen. Denn „Medikamente gegen Depressionen wirken sich vor allem positiv auf die Stimmung aus. Das funktioniert, indem das Medikament den Serotoninspiegel erhöht. Und Serotonin ist einer der Stoffe, dessen Spiegel sich im Gehirn positiv oder negativ auf unsere Stimmung auswirkt. Antidepressiva sind jedoch kein Doping. Sondern sie funktionieren durch die Verlängerung der Wirkung des körpereigenen Serotonins durch den Wirkstoff,“ erklärt Schulte-Markwort.

Was du für dein Kind tun kannst!

Vielleicht gehörst du zu den Frauen mit Depressionen, die Angst davor haben, ihre Kinder könnten ihr später Vorwürfe machen. „Du hast so wenig mit uns gespielt!“ Oder: „Ich mochte keine Freunde zu uns einladen, weil du da warst.“ Vielleicht auch: „Ich hatte immer Angst, dass du dir was antust!“

Doch mach dir klar: Alle Eltern machen hin und wieder Dinge, die die Kinder ihnen später vorwerfen werden. Das kann niemand verhindern. Und deine Krankheit hast du dir nicht ausgesucht. Du kannst jedoch Einfluss darauf nehmen, wie deine Kinder die Zeit mit dir während der Erkrankung wahrnehmen - was du trotz oder wegen deiner Krankheit machst, damit du und die Familie wieder gesund werden können.

Das kann der Schritt zum Arzt oder auch in die Klinik sein, damit alle für eine gewisse Zeit entlastet werden und durchatmen können. Hilfreich ist auch, den Kindern viele Kontakte nach außen zuzugestehen, damit sie sich dort frei machen können, von der gespürten Verantwortung für dich und von der Stimmung zu Hause.

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Du musst keine perfekte Mutter sein!

Erlaube dir, deine Vorstellung einer perfekten Mutter loszulassen. Sie ist vermutlich selbst gesund unerreichbar. Deinem Kind sind eine gebügelte Hose oder geputzte Fensterscheiben jedoch nicht wichtig. Und auch ein Geburtstagskuchen kann gekauft oder von der Tante vorbei gebracht werden. Der Vater kann genauso kompetent zum Elternabend gehen, wie du es getan hast und auch wieder tun wirst.

Wichtig ist, dass deine Kinder sehen: Meine Mutter lässt sich von kompetenten und netten Leuten helfen. Damit kannst du trotz Depression etwas vorleben, was für deine Kinder sehr wichtig ist: die Bereitschaft sich Hilfe zu holen.

Autorin: Marthe Kniep

Adressen und Empfehlungen für Menschen mit Depressionen und deren Angehörige:

Und auch sehr schön: "Warum ist Mama traurig?" - ein Vorlesebuch für Kinder mit einem psychisch erkrankten Elternteil.

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