Die Schwäche der starken Frauen

Mir sind in meinem Leben viele Typen von starken Frauen begegnet. Doch auch sie haben ihre Schwächen.

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Und Schwächen sind gut! Glaube mir. Ich erkläre es dir.

Stärke ist ein sehr abstrakter Begriff, unter dem sich jeder Mensch etwas anderes vorstellen wird.

Mir sind in meinem Leben viele Typen von starken Frauen begegnet.
Sie sind in ihrer Energie, ihrem Enthusiasmus und in ihrem Humor schier unverwüstlich und unerschütterlich.
Sie sind sehr gut im Zähne zusammenbeißen und wieder aufstehen, sie sind tolle Energielieferanten, sie haben ein unfassbares Organisationsgeschick, eigentlich immer eine Lösung für jedes Problem, sie haben fast nie schlechte Laune und was immer ihnen passiert, sie können es beiseiteschieben und weitermachen und gegen sich selbst eine gewisse Härte an den Tag legen.

Starke Frauen haben oft in ihrem Leben an den gleichen Wendepunkten gestanden, wie viele andere Menschen auch, aber sie haben sich an diesen Kreuzungen immer schnell entschieden einen Weg zu wählen und weiter zu gehen.
Vielleicht weil sie mussten oder weil grad keiner da war, um sie zu unterstützen oder ihnen eine Pause zu gönnen.
Meistens hat das auch positive Folgen gehabt, so dass sie daraus gelernt haben, dass es gut ist, dass sie robust, eigenständig und schnell sind. Sie merken, dass sie Erfolg damit haben, vielleicht sogar, dass sie dafür bewundert werden.
Also machen sie immer mehr davon, denn so sind wir Menschen, wir wiederholen sehr gerne ein Verhaltensmuster mit dem wir gute Erfahrungen gemacht haben. Die Dinge, mit denen wir schlecht gefahren sind, lassen wir lieber links liegen und probieren sie selten ein zweites oder ein drittes Mal aus.

Wo liegt nun aber die Schwäche der starken Frauen?

Sehr ketzerisch könnte ich jetzt sagen: in ihrer Stärke.
Viele von uns haben verlernt schwach zu sein, denn das ist dieses stiefmütterliche Verhaltensmuster, was in unserer Wahrnehmung nicht so erfolgreich war, wie das andere.

Gelobt sei was hilft, der Rest kann uns doch eigentlich egal sein – oder?

Wir betrachten heutzutage glücklicherweise viele komplexe Themen des Lebens immer ganzheitlicher.
Und im Sinne der Ganzheitlichkeit sollten wir uns der Frage stellen: Wofür ist die Schwäche da? Hat sie vielleicht einen Sinn? Warum gibt es sie denn in dieser Welt?

Wenn wir in einem ausgewogenen Zustand - nennen wir es in Balance - sind, dann bewegen wir uns entspannt zwischen unseren zwei ureigenen Spannungsfeldern Ratio und Emotio, also zwischen Kopf und Herz oder auch Vernunft und Gefühl.
Überall sind diese Pole im Leben, und sie sind immer wichtig.
Ohne Sonne und Mond kein Tag und Nacht, kein Ebbe und Flut, kein Aufblühen und Vergehen.
Ohne "Böse" wüssten wir nicht was "Gut" ist, ohne auszuruhen könnten wir uns nicht anstrengen, ohne Leid wüssten wir nicht die Freude zu schätzen und ohne den Tod hätte das Leben keinen Sinn.

Und die Stärke? Die soll, so wünschen es sich Viele, ohne die Schwäche auskommen?
Die Stärke ist eher im Bereich der Vernunft angesiedelt und die Schwäche im emotionalen, also gefühlsbetonten Bereich.
Vernunft und Gefühl sollten wir nicht trennen, also Stärke und Schwäche vielleicht auch nicht.

Ist Schwäche in diesem Kontext überhaupt der richtige Gegenspieler von Stärke?

Sprechen Sie doch in diesem Fall besser von stark und weich, das klingt nämlich gleich viel freundlicher und einladender. Und vergessen Sie nicht, dass Sprache, also wie Sie sich über etwas äußern, immer auch Ihre Interpretation und damit Ihren Umgang darüber mit sich trägt

Wenn wir uns all dieser Punkte bewusst werden und uns dann noch einmal ganz kritisch selbst betrachten, finden wir uns dann immer noch so stark wie vorher, oder merken wir, dass uns eigentlich eine Hälfte fehlen könnte, um wahrhaft stark zu sein?

Wenn wir Kopf und Herz liebevoll verbinden, damit wir aus deren voller Kraft schöpfen können, gehört auch das liebevolle Akzeptieren von stark und weich dazu, das lässt sich nicht ausgrenzen.

Als mir das bewusst geworden ist, habe ich viel über mein Bild von starken Frauen, und ich gebe es zu auch von mir selbst, nachgedacht.
Ich habe mich noch einmal umgeschaut, wieviele starke Frauen ich da mit diesem neuen Bewusstsein noch entdecke, und ich habe in meinem direkten Umfeld noch zwei gefunden – ich war keine davon.

Zwei Frauen, die unübersehbar eigenständig, entscheidungsstark, robust, kämpferisch, mitreißend und zäh sind, die aber im gleichen Maße wundervoll weiblich, emotional, verletzlich, zart und warm sind.
Absolute Ausnahmeerscheinungen!

Wie schaffen Sie es aber nun, dieses unschlagbare Ganze auch in sich selbst zurück zu holen?

In dem Moment, in dem Sie ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass Sie nur mit Beidem komplett sein können, fangen Sie ganz automatisch an, die Sicht darauf zu verändern.

Plötzlich betrachten Sie den ausgetretenen, wohl bekannten und bequemen Weg der ewigen Härte und Stärke ein bisschen anders, und der so stiefmütterlich, wenig betretene Weg der Weichheit und Wärme kommt wieder ins Bewusstsein.

Sie fangen an wieder aktiv zu entscheiden, wie Sie auf Situationen reagieren. So wie immer? Schnell, hart und zackig oder weich, abwartend, emotional, vielleicht auch mal verletzlich.

Wozu das gut sein soll, verletzlich auf etwas zu reagieren?

Die Verletzlichkeit kann man nur ausblenden, wenn man die Gefühle ausblendet und ein Leben mit reduzierter Gefühlswelt ist vollkommen möglich, aber man bleibt damit weit unter dem Potenzial, was das Leben bereit hält, und viele Dinge des Lebens werden unerreichbar.

Seit ich für mich mein kleines Stärkedefizit in der Stärke erkannt habe, hängt ein Bild* in meinem Büro, das für mich den Zustand beschreibt, in meiner vollen Kraft zu stehen und als ein Ganzes zu erstrahlen. Es hängt so, dass ich ganz oft drauf schauen kann und ich habe in großen Buchstaben darauf geschrieben:

ICH GÖNNE MIR WÄRME!

Diese Bild sehe ich so oft, dass es Teil meines Bewusstseins geworden ist und immer wenn ich an einer Weggabelung stehe und mich entscheiden soll zwischen Rationalität und Emotionalität oder zwischen Stärke und "Schwäche", schiebt sich mir dieses Bild wie ein kleines Stopp-Schild ins Bewusstsein, so dass ich Zeit habe abzuwägen, ob ich immer wieder meinen wohlbekannten Weg gehen möchte, oder ob ich in dieser Situation auch mal den Anderen ausprobieren könnte.

Schließlich gibt es ja nichts Schöneres, als sich von Allem etwas zu gönnen, um ganzheitlich betrachtet, perfekt ausgestattet zu sein.

Wenn Sie auch ab und an das Gefühl haben zu hart zu sich oder zu anderen zu sein, vor lauter Stärke und Kraft das Weibliche und Warme zu verlieren, dann gönnen Sie sich hier und da einfach mal ein bisschen davon.

Sagen Sie es sich laut vor:

Ich gönne mir Wärme!
Ich gönne mir Weichheit!
Ich gönne mir Schwäche!

Wie fühlt es sich an?

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*Die Arbeit mit Bildern und sogenannten Mottozielen nach Maja Storch ist eine Methode, die im Coaching angewendet werden kann und mit der ich sehr gerne arbeite, da sie unglaublich ressourcenstärkend und motivierend ist.

Dieser Text ist ein Gastbeitrag von Susanne Henkel. Susanne ist systemischer Coach und Unternehmerin. Sie arbeitet bundesweit als Coach. Ihre Praxis befindet sich in Neu-Isenburg, in der Nähe von Frankfurt am Main. Ihr Angebot richtet sich sowohl an Privatpersonen, die mit rein privaten Themen zu ihr kommen, als auch an Firmen, die sie für Führungskräfte- und Team Coachings buchen. Spezielles Augenmerk legt Susanne Henkel immer darauf ihre Klienten dabei zu unterstützen, ihr eigenes Bauchgefühl wahrzunehmen, um Entscheidungen und Lösungen immer auf Basis der rationalen und emotionalen Ebene treffen zu können. Der Grund dafür klingt denkbar einleuchtend: Laut Susanne Henkel sind alle Lösungen oder Entscheidungen, die in derartiger Ausgewogenheit von Kopf und Herz getroffen werden, für die Menschen mit Leichtigkeit und voll motiviert umzusetzen.

Nähere Informationen zu Susanne Henkel und zum Thema Coaching finden Sie hier. Mehr Artikel von Ihr gibt es auf ihrem Blog: www.talkabout-blog.de

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