Hera Lind: "Nein heißt nein! Das muss doch in die Köpfe der Männer rein"
Bestsellerautorin Hera Lind über das Thema häusliche Gewalt und Neuanfänge nach Lebenskrisen...
Sie gibt in ihren Büchern Menschen eine Stimme, die sonst wenig Gehör finden. So wie Sara. Eine allein erziehende Mutter, die als Kind, aber auch als Erwachsene unter der Tyrannei ihres gewalttätigen Vaters gelitten hat, bis sie endlich den Mut fand, sich zu wehren. Saras Geschichte hat Hera Lind in ihrem neuen Roman „Mit dem Rücken zur Wand“ aufgezeichnet. Mit DAS NEUE BLATT sprach die Bestsellerautorin über das Thema häusliche Gewalt und Neuanfänge nach Lebenskrisen.
Hera Lind: "Gewalt ist ein jämmerliches Zeichen von Schwäche"
Welche Erfahrungen haben Sie damit persönlich oder im Freundeskreis gemacht? Wie sind Sie damit umgegangen?
Glücklicherweise habe ich das selbst nie erlebt und auch niemanden im Freundeskreis. Umso erschütterter war ich, als ich die Geschichte von Sara las: Gibt es das tatsächlich heute noch? Und wie kann es der Gesellschaft so verborgen bleiben?
Der Spuk war für Sara vorbei, als sie den Mut hatte, sich zu wehren. Was können Menschen tun, die sich das nicht trauen?
In dem Tatsachenroman wird von der Betroffenen die Realität geschildert: Sogar nach einer Anzeige bei der Polizei, lauten Hilferufen in der Nachbarschaft, selbst nach jahrelangem Martyrium der Mutter von Sara half dem Opfer niemand. Wo bleibt die Zivilcourage? Redet, ruft und macht euch bemerkbar!
Wann haben Sie im Leben mal gespürt: „Jetzt ist es genug! Ich kann und will das nicht mehr, ich wehre mich jetzt!“?
Ich habe wohl immer genug Willensstärke ausgestrahlt, sodass mir nie jemand zu nahe kam. Aber Gespräche mit Freunden haben mir im Leben weitergeholfen, die richtige Entscheidung zu treffen.
Und warum ist es oft so wichtig, sich nicht mehr alles gefallen zu lassen?
Nein heißt nein! Das muss doch in die Köpfe der Männer rein, die zwar physisch überlegen, aber keinesfalls berechtigt sind, Frauen und Mädchen zu bedrängen, körperlich zu bedrohen oder gar zu misshandeln. Gewalt ist ein jämmerliches Zeichen von Schwäche.
Hera Lind: "Dafür bin ich dankbar"
Sie selbst hatten auch schon oft den Mut, Dinge zu ändern, einen Neuanfang zu wagen. Sei es nach der Trennung vom Vater Ihrer Kinder oder nachdem Sie Haus und Geld verloren hatten. Mit diesen Erfahrungen: Was würden Sie Menschen als Rat mit auf den Weg geben?
Man muss auf sein Herz hören. Dauerhafte Kompromisse in der Liebe, in der Partnerschaft, in der Familie, im Beruf oder in Freundschaften belasten einen sowohl physisch wie auch psychisch. Und irgendwann kommt es zu der Erkenntnis: Ich will mich nicht mehr verbiegen! Dann denkt man sich: Darauf hätte ich auch eher kommen können, dann hätte ich mir und anderen viel Leid erspart.
Sie erlebten, wie bereits erwähnt, auch Schicksalsschläge. Woher haben Sie die Kraft genommen, das zu meistern?
Meine Geschichte hat einen ganz anderen Hintergrund, ist also nicht mit Saras Geschichte zu vergleichen. Aber ja, auch ich hatte schlaflose Nächte und musste meine Kräfte bündeln, um mich aus dieser Situation zu befreien. Ich habe aber auch daraus gelernt! Mein Mann, meine Familie und gute Freunde waren stets an meiner Seite. Dafür bin ich dankbar.
Warum können auch bittere Erfahrungen ein Geschenk sein?
Man spürt in solchen Situationen seine eigene Stärke, und am Ende weiß man, wie viel Kraft man selber hat und wer die wahren Freunde sind. Eine Erfahrung, die zu jedem Leben gehört und die man am Ende nicht missen will. Aus eigener Kraft noch mal von vorn anzufangen, das ist etwas, worauf man sehr stolz sein kann. Am Ende bleibt große Dankbarkeit, eine kostbare Energie.
Sie haben sich damals allen Unkenrufen zum Trotz für die Liebe zu Engelbert (66) entschieden. Was macht Ihren Mann aus?
Wir passen einfach zueinander! Das ist kein Verdienst, sondern ein riesiges Geschenk.
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