Jutta Kammann: "Der Selbstmord meiner Mutter verfolgt mich bis heute"
Offen wie nie spricht Schauspielerin Jutta Kammann über ihr turbulentes Leben.
Wer ihr Buch "Rothaarig und wild entschlossen" aufschlägt, wird es so schnell nicht mehr aus der Hand legen. Jutta Kammann ("In aller Freundschaft") erzählt sehr bewegend von ihrer traurigen Kindheit, der depressiven Mutter und einer großen Liebe, die viel zu früh starb. Am meisten aber fasziniert an ihrer erschütternden Lebensgeschichte, dass sie trotz aller Schicksalsschläge nie aufgab.
*Triggerwarnung: In diesem Artikel geht es um Suizid. Bei manchen Menschen kann dieses Thema negative Reaktionen auslösen. Bitte sei achtsam, wenn das bei dir der Fall ist!
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Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Ihre Biografie zu schreiben?
"Vor zehn Jahren habe ich zum ersten Mal angefangen, meine Lebensgeschichte aufzuschreiben. Nach 70 Seiten habe ich aufgehört und mir die Frage gestellt, ob das überhaupt jemand interessiert. Dann, vor einem Jahr, sprach mich der Kösel Verlag an und hat mir ein Stück weit die Angst genommen."
Wie war es für Sie, die alten Geschichten wieder Revue passieren zu lassen?
"Es war wie eine Psychotherapie. Es war nicht immer leicht, ich habe viele schlaflose Nächte gehabt, weil mich die Stationen meines Lebens dermaßen überwältigt haben."
Sie beschreiben, wie Ihr Vater die Hand gegen Sie erhoben hat …
"Ja, alle Männer, die aus dem Krieg zurückkamen, waren traumatisiert und verroht. Mein Vater, zu dem ich später ein sehr gutes Verhältnis hatte, dachte, dass man Probleme mit Gewalt lösen könnte."
Ihre Eltern haben sich getrennt, als Sie noch klein waren. Als Sie 18 waren, wollten Sie Ihren Vater kennenlernen, oder?
"Meine Mutter hatte mich extra mit ihren Pelzen ausgestattet, um zu demonstrieren, wie gut es uns geht. Dann habe ich einen sehr liebenswerten und gebildeten Herrn kennengelernt. Mein Vater hatte nach der Trennung sofort wieder geheiratet und später auch meine Schwester zu sich genommen."
Ihre Mama hatte starke Stimmungsschwankungen. Heute würde man sagen, sie hatte das Borderline-Syndrom, oder?
"Ja, sie hatte keine Kontrolle über sich. Sie war hochintelligent und beruflich sehr tüchtig. Sie hat vieles erreicht. Und das war gerade in den Nach-Kriegszeiten nicht leicht, alleinerziehend mit zwei Kindern. Aber ihre Laune schlug immer von einem Extrem ins andere um. Mal verwöhnte sie mich und kaufte mir ein Abend-Kleid für 1000 Mark, was damals ein Vermögen war, mal wurde sie schnell handgreiflich."
Wie sind Sie als Kind damit umgegangen?
"Mir wurde klar, dass ich so schnell wie möglich von zu Hause wegmusste."
Ihre Mutter starb an einem Suizid. Vorher überlebte sie drei Versuche ...
"Damals war ich 24 Jahre alt. Ich habe mir Vorwürfe gemacht, weil sie ihren Selbstmord indirekt angekündigt hat. Ich hätte das erkennen und ihr helfen müssen!"
Wilhelm Semmelroth war Ihr erster Mann. War er auch Ihr letzter?
"Ich habe nach seinem Tod nicht wie eine Nonne gelebt. Aber er war der zentrale Mann in meinem Leben. Er war mein großes Glück. Welche Frau kann behaupten, dass sie die große Liebe leben durfte?"
Bereuen Sie, dass sie keine Kinder haben?
"Ja, Wilhelm hatte zwei Kinder und wollte keine mehr. Ich habe den Mann über alles geliebt und mir war auch mein Beruf sehr wichtig. Kinder habe ich viele Jahre nicht vermisst. Heute hätte ich gerne welche und dann auf alle Fälle ein Mädchen lieber als einen kleinen Rowdy (lacht)."
Wenn du Hilfe brauchst, findest du hier eine Auswahl an Beratungsstellen:
Telefonseelsorge 0800 111 0 111 (kostenlos, rund um die Uhr), https://www.telefonseelsorge.de
Nummer gegen Kummer Kinder- & Jugendtelefon: 116 111 Elterntelefon: 0800 111 0 550 https://www.nummergegenkummer.de
Weißer Ring 116 006 https://weisser-ring.de
AGUS (Angehörige um Suizid) 0921 15 00 380, https://agus-selbsthilfe.de/
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Artikelbild und Social Media: IMAGO / Michael Schöne