Kinderwunsch? Alle Fakten zur In-vitro-Fertilisation
Unerfüllter Kinderwunsch: Wie die In-vitro-Fertilisation dabei helfen kann, schwanger zu werden.
Kinderwunsch: So funktioniert die In-vitro-Fertilisation
Wieder nur ein Strich. In Ninas Bauch macht sich ein dumpfes Gefühl der Enttäuschung breit. Sekunden später stehen die Tränen in ihren Augen. Sie hatte so sehr gehofft, dieses Mal schwanger zu sein. Aber wieder Fehlanzeige. Seit einem Jahr versuchen sie und ihr Mann ein Kind zu bekommen - vergeblich ...
Was Frauen wie Nina tun können, um schwanger zu werden, erklärt hier Prof. Dr. Wolfgang Würfel, einer der Leiter des Kinderwunsch Centrums München, in dem jeden Monat etwa 150 Paare behandelt werden.
Ein bis zwei Jahre nach dem Ende der Empfängnisverhütung ohne Eintritt einer Schwangerschaft sprechen Ärzte von ungewollter Kinderlosigkeit. Die Gründe dafür können vielfältig sein. Ein wesentlicher Grund ist das zunehmende Alter der Frauen zum Zeitpunkt des ersten Versuches schwanger zu werden. „Das Durchschnittsalter der Frauen, die bei uns behandelt werden, liegt bei 37 Jahren. Da ist die Fruchtbarkeit schon sehr stark gesunken. Körperlich ist eine Schwangerschaft zwischen 20 und 30, vielleicht noch bis 35 Jahre ideal“, erklärt Prof. Dr. Würfel. Für viele Paare bleibt irgendwann nur noch der Versuch einer künstlichen Herbeiführung der Schwangerschaft. Zu den künstlichen Methoden zählen unter anderem Insemination und In-vitro-Fertilisation.
Bei der Insemination werden zum Zeitpunkt des Eisprungs besonders aufbereitete Spermien direkt in die Gebärmutter übertragen. Diese Methode kommt häufig zum Einsatz, wenn die Anzahl der Samenzellen vermindert, ihre Beweglichkeit eingeschränkt oder die Aufnahme der Spermien in die Gebärmutter gestört ist.
Nach der ivF-Behandlung bekommen viele Frauen Zwillinge
Bei der In-vitro-Fertilisation (ivF) erfolgt die Befruchtung der Eizelle außerhalb des Körpers in einem Reagenzglas. Dort werden die Eizelle der Frau und das Sperma des Partners zusammengebracht. Die Verschmelzung von Ei- und Samenzelle erfolgt anschließend in einem Brutschrank statt im Mutterleib. Wenn die Zellteilung bei der befruchteten Eizelle beginnt, wird von einem Embryo gesprochen. Dieser wird in die Gebärmutter übertragen. „Die meisten Embryos sind zu empfindlich und nicht entwicklungsfähig genug, um zu einer Schwangerschaft zu führen. Darum werden mehrere Embryonen eingesetzt, sofern das Patientenpaar einverstanden ist. Heutzutage sind es jedoch in der Regel maximal zwei und nicht drei, denn es hat sich gezeigt, dass sowohl der Körper der Frau als auch später das Elternpaar mit Drillingen oft überfordert sind“, erläutert Prof. Dr. Würfel. Zu Zwillingsgeburten kommt es nach einer ivF-Behandlung entsprechend oft. Die Rate liegt bei 20 bis 25 Prozent auf alle ivF-Schwangerschaften.
Schon der Gynökologe kann oft helfen
Wer ärztliche Hilfe zum Herbeiführen einer Schwangerschaft in Erwägung zieht, kann sich zunächst an den Gynäkologen, Urologen oder auch Andrologen wenden. „Von hormonellen Untersuchungen bis hin zu einer Insemination ist bei den Fachärzten heute schon vieles möglich“, berichtet Prof. Dr. Würfel. Erst wenn es so nicht klappt, sollte ein Fertilitätszentrum aufgesucht werden. „Dieser Schritt macht Sinn, wenn alle bisherigen Methoden nicht erfolgreich waren, oder aber die Diagnose sehr schlecht ist. Bei genetischen Störungen, schlechter Qualität der Spermien oder verklebten Eileitern braucht es mehr Hilfe.“
Grundsätzlich ist die ivF-Behandlung genauso für verheiratete Paare wie nicht-verheiratete oder auch lesbische Paare erlaubt. Auch alleinstehende Frauen können eine ivF-Behandlung durchführen lassen. „Gesetzlich ist das alles erlaubt, sofern nicht die Ärztekammer eines Bundeslandes Einschränkungen macht. Probleme ergeben sich generell durch die rechtlichen Aspekte“, so Prof. Dr. Würfel. „Für eine alleinstehende Frau etwa ist es schwierig, einen Samenspender zu finden, weil das Kind ein unverbrüchliches Recht darauf hat, zu erfahren, wer der biologische Vater ist.“ Dieser könne dann erbrechtlich belangt werden. „Dagegen können sich weder Klinik noch Spender rechtlich absichern. Wer als alleinstehende Frau so einen Spender sucht, kann sich an die Samenbanken wenden."
Wer bei den deutschen Samenbanken nicht fündig wird, hat eventuell bessere Chancen im Ausland, beispielsweise in Dänemark, da dort rechtlich auch anonyme Samenspenden möglich sind. Einfacher ist es bei lesbischen Paaren. Bei ihnen wird das Kind von der nicht-austragenden Frau adoptiert, diese übernimmt somit Unterhalts- und Erbansprüche.
Eine gute Gesundheit ist Voraussetzung
Frauen, die eine ivF-Behandlung durchführen lassen möchten, sollten nicht älter als 40 Jahre und in einem guten Gesundheitszustand sein. Weitere Voraussetzungen sind eine funktionstüchtige Gebärmutter und mindestens ein funktionstüchtiger Eierstock. Außerdem muss der Rötelnschutz nachgewiesen sein. Gleiches gilt für den Mann, der bei gesetzlichen Krankenkassen höchstens 50 Jahre alt sein sollte.
Alle Krankenkassen zahlen unterschiedlich
Wer allerdings auf die Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenkasse hofft, muss mit stärkeren Einschränkungen rechnen. Prof. Dr. Würfel erklärt: „Bis 2004 war die Kostenübernahme durch gesetzliche Krankenkassen klar geregelt. Inzwischen ist das völlig aufgebrochen und jede Krankenkasse bietet unterschiedliche Leistungen. Manche zahlen die ganze Behandlung, manche zahlen genau 50 Prozent, andere dehnen die Altersgrenzen aus. Da müssen sich Interessenten aktuell informieren“. Bei Privatversicherten zahlt die Kasse desjenigen, der von der Ursache der Kinderlosigkeit betroffen ist. Sind verklebte Eileiter schuld, zahlt die Versicherung der Frau. Pro Zyklus kostet die ivF-Behandlung für gesetzliche Krankenkassen 1200 bis 1500 Euro.
Bei der Auswahl der Klinik sollten Interessenten auf die Statistik achten. Wichtig sind die Schwangerschaftsrate pro Embryotransfer und die Zahl der folgenden Geburten. Um eine Vergleichbarkeit der Zahlen von allen IVF-Zentren zu ermöglich, wurde das Deutsche IVF-Register (DIR) geschaffen. Die Zahlen des DIR sind auch international angesehen. Davon abgesehen sollte aber auch das Bauchgefühl stimmen.
Das Risiko für Fehlgeburten ist leicht erhöht
Natürlich bringt die ivF auch Risiken mit sich. Prof. Dr. Würfel erklärt: „Bei einer ivF kann die Hormonbehandlung gelegentlich schmerzhaft sein und es besteht ein geringe Erhöhung des Risikos von Fehlbildungen und Fehlgeburten.“
Und woran kann eine Frau dann erkennen, ob es geklappt hat, ob sie wirklich schwanger geworden ist? Prof. Dr. Würfel berichtet: „Wirklich verlässlich ist nur der Bluttest. Doch es gibt auch ganz subjektive Anzeichen für eine Schwangerschaft wie Müdigkeit und einen niedrigen Blutdruck. Was ich bei schwangeren Frauen wahrgenommen habe, das ist eine veränderte Ausstrahlung. Sie wirken strahlend, wie ein Mensch, der von einem Erfolg beflügelt wird.“
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