Mein Kind ist homosexuell

Mein Sohn ist schwul: Wie man sein Kind beim Outing unterstützen kann

Für viele ist es erstmal ein Schock, wenn sich der Sohn als schwul oder die Tochter als lesbisch outet. Was jetzt wirklich wichtig ist, erklärt die Familientherapeutin Marthe Kniep. 

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Manche Eltern werden unerwartet mit der Homosexualität des eigenen Kindes konfrontiert, andere hatten schon länger "so eine Ahnung". Davon hängt oft ab, ob die Nachricht eher als Schock empfunden wird. Oder ob sie Erleichterung bringt, weil endlich Klarheit herrscht. Innerhalb und außerhalb der Familie muss jetzt die Nachricht erstmal verdaut werden. Mit allem, was das für jeden Einzelnen bedeutet. Manchen fällt es leicht, anderen überhaupt nicht.  Worauf es jetzt wirklich ankommt: 

Haltung zeigen

Optimal ist es, wenn ein Kind in der Familie erlebt, dass Homosexualität allgemein als normal gesehen wird und dass „schwul“ oder „lesbisch“ eine sexuelle Orientierung ist, aber kein Problem im ganz normalen Umgang mit homosexuellen Mitmenschen. Wo einem das Thema begegnet und ganz normal darauf reagiert werden kann, erleben Kinder eine Selbstverständlichkeit, die es ihnen ziemlich sicher leichter macht sich zu outen, als wenn ständig blöde Bemerkungen über andere Homosexuelle in der Umgebung gemacht werden.

Was wirklich wichtig ist in die Mitte stellen

Selbst wenn das Outing des Kindes einen oder beide Elternteile in eine Krise stürzt, weil mancher Plan, den sie für sich und ihr Kind gemacht haben, sich jetzt nicht mehr so erfüllen wird, sollten sich alle darauf besinnen, was wirklich zählt: Das Kind muss sein Leben als lebenswert erleben dürfen und darf den Weg, den es gehen wird, allein entscheiden. Dass es zufrieden ist mit sich und die Unsicherheiten gut übersteht, die mit seinem Outing verbunden sind – das ist das Wichtigste. Wenn Eltern nicht darüber wegkommen, sollten Sie einen Therapeuten aufsuchen, um wieder Sicherheit zurückzugewinnen und die Liebe zum Kind in den Mittelpunkt zu stellen.  

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Sich beraten lassen

Nicht selten haben Familien keine oder nur sehr wenig Erfahrung damit, was es für einen anderen Menschen bedeutet, dass er sich outet. Und manche Eltern haben zu Anfang das Gefühl, dass sie die Einzigen weit und breit sind, die sich damit auseinandersetzen müssen. Sie haben keine Ahnung, was das eigentlich nun für die Familie bedeutet, wie sie damit umgehen sollen und was ihr Kind jetzt braucht. Deshalb ist es wichtig, sich selber zu öffnen und Antworten auf neue Fragen zu finden.

Ein guter Weg führt zu einem Termin in einer Beratungsstelle. In jeder größeren Stadt gibt es schwul-lesbische Zentren oder Vereine, die oftmals auch offen für Angehörige mit Fragen sind.

Mein Sohn ist schwul: Wie kann ich ihm beim Outing unterstützen
Wenn sich das Kind outet, ist es okay, erstmal geschockt zu sein. Die Reaktion sollte trotzdem unterstützend sein. Foto: ljubaphoto / iStock

Angst vor den Reaktionen

Innerhalb der Familie gelingt es vielen Familien heute schon recht gut, die Homosexualität des (eigenen) Kindes als normalen Teil des Alltags zu sehen, der er ja auch ist. Man hatte nur vorher nicht daran gedacht, dass sich das Kind auch in diese Richtung entwickeln könnte. Das passiert in vielen anderen Lebensbereichen auch, nur bei der Sexualität scheint es besonders hohe Wellen zu schlagen. Und manch einer äußert sich unbedacht dazu, den es eigentlich nichts angeht.

Viele fürchten besonders die Reaktionen im sozialen Umfeld wie Schule, Nachbarschaft oder Job. Denn obwohl unsere Gesellschaft in dieser Hinsicht schon liberaler ist als früher, sind dann doch leider viele Menschen nicht so offen und tolerant, wie sie es heute sein könnten. Und mancher dachte vielleicht, er sei sehr offen, hat dann aber doch daran zu knabbern, wenn es um das eigene Kind geht.

Aber auch das ist normal, wenn man von der Nachricht völlig überrascht wurde. Niemand muss sofort jubeln, dem nicht danach ist. Es ist völlig okay zu sagen: „Das muss ich erst mal sacken lassen.“ Alles besser als schweigen, ausrasten, witzeln oder was man sonst noch Unpassendes tut, wenn man nicht weiß, was man tun soll.

Mit denen sprechen, die es betrifft

Das Sexualleben eines Kindes ist grundsätzlich ab der Pubertät kein Bereich mehr, zu dem es Detail kundtun muss. Aber natürlich dürfen Eltern jederzeit interessiert die Dinge nachfragen, die für andere Lebensbereiche wichtig sind: Wie ist es denn jetzt für dich? Wer weiß es schon außer uns? Wer soll es erfahren und wer auf keinen Fall? Willst du es (schon) anderen sagen? Möchtest Du, dass wir noch nichts sagen?

Gut wäre auch, wenn es Eltern gelänge, weitgehend entspannt zu sein, wenn ihr jugendliches oder auch fast erwachsenes Kind gleichgeschlechtlichen Besuch mitbringt. Da kann schon mal die Fantasie mit den Eltern durchgehen, ob da vielleicht „was läuft“. Aber angehen tut es sie genaugenommen nichts. Ob "nur Kumpel" oder "mehr", ist die Sache des Kindes.

Trotzdem müssen sich Eltern oft erst daran gewöhnen, wenn die Kinder nicht heterosexuell sind - wie sie selbst. Bei der ersten homosexuellen Beziehung des Kindes sind es oft die Väter von Jungs, die dran zu knacken haben, wenn sie den Sohn das erste Mal mit einem anderen Jungen/Mann knutschen sehen. Aber auch Mütter sind irritiert oder auch traurig, wenn die Aussicht auf Enkel erst mal unklar ist. Erinnern Sie sich dann wieder an das Eltern-Credo: Hauptsache er/sie ist glücklich! 

Hinter dem Kind stehen

Ein ganz wichtiger Punkt ist die Rückendeckung der Eltern. Das Kind braucht sie umso mehr, je unsicherer es mit seiner (sexuellen) Identität ist. Egal wie alt Kinder sind – auch wenn sie schon 30 Jahre alt sind: Alles ist leichter, wenn die Eltern hinter einem stehen.

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