Reparativtherapie: Homo-Heilung in Deutschland immer noch erlaubt!
In den USA verbietet ein Staat nach dem anderen die Reparativtherapie, also die "Heilung der Homosexualität." In Deutschland ist sie erlaubt.
Dass jeder Mensch das Recht auf die sexuelle Orientierung seiner Wahl - bzw. seiner Gefühle - hat, ist heute selbstverständlich? Leider nicht überall. Und vor allem: Nicht in Deutschland.
Zwar wurde hierzulande die Ehe für alle eingeführt. Doch in der Gesellschaft herrscht immer noch die Vorstellung, dass Homo- oder Bisexualität nicht "normal" sind. Wer heterosexuell ist, entspricht der "Norm". Wer homo- oder bisexuell ist, entspricht nicht der "Norm" - und muss "geheilt" werden. Was aus dieser Einstellung hervorgegangen ist, nennt sich Reparativtherapie - eine psychotherapeutische Methode, homosexuelle Neigungen in heterosexuelle umzuwandeln.
Reparativtherapie: Erlaubt oder verboten?
Reparativtherapie (auch Konversionstherapie oder Reorientierungstherapie genannt) soll Lesben und Schwule in Heteros verwandeln. Dass das völliger Humbug ist, haben schon zahlreiche Experten, Mediziner und Therapeuten belegt. Auch der Weltärztebund und die Bundesärztekammer sprechen sich schon lange gegen die Reparativtherapie aus. Für sie steht fest: Homosexualität ist eine Form menschlicher Sexualität, die niemandem schadet - weder dem Betroffenen selbst noch seinem Umfeld.
Homosexualität wurde in den USA schon 1974 von der American Psychological Association (APA) aus der Liste der psychischen Störungen gestrichen. 1990 folgte die Streichung aus dem weltweit anerkannten ICD-10-Katalog (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems, deutsch: Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme).
Einige Staaten haben diese Therapieform sogar gesetzlich verboten. In dieser Woche sollen die US-Staaten Washington, Arizona und Virginia ein gesetzliches Verbot der Reparativtherapie einführen. In Kalifornien und New Jersey ist diese Therapie bereits verboten - allerdings nur bei Minderjährigen. Troy Stevenson, Chef der amerikanischen Bürgerrechtsorganisation Garden State Equality, stellt fest: "Die Leute sollten ihre Kinder einfach akzeptieren, statt sie mit einer Schrott-Wissenschaft zu quälen."
In der EU herrscht lediglich in Malta das Verbot von Reparativtherapien (seit Dezember 2016). Hier drohen Geldstrafen von bis zu 10.000 Euro, wenn gegen das Gesetz verstoßen wird. In Spanien trat das Verbot nur regional in Kraft, z.B. in der Autonomen Gemeinschaft Madrid (Geldstrafe für Reparativtherapie liegen bei 20.000 bis 45.000 Euro).
In der EU herrscht lediglich in Malta das Verbot von Reparativtherapien (seit Dezember 2016).Hier drohen Geldstrafen von bis zu 10.000 Euro, wenn gegen das Gesetz verstoßen wird.In Spanien trat das Verbot nur regional in Kraft, z.B. in der Autonomen Gemeinschaft Madrid (Geldstrafe für Reparativtherapie liegen bei 20.000 bis 45.000 Euro).
In Deutschland lehnte die Bundesregierung ein Verbot der Reparativtherapie erst im März 2017 ab. Die Grünen dagegen fordern seit Jahren ein Verbot der wirkungslosen Therapieform. "Die Bundesregierung tritt Rechte von Homo- und Transsexuellen mit Füßen", sagte damals Volker Beck (Grüne), als die Bundesregierung einen Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie vom Frühling auf den Sommer schob und der Plan somit ins Sommerloch fiel. "Es geht hier um Jugendschutz und Suizidprophylaxe", vertrat Beck seinen Standpunkt. "Homo-Heiler" seien "Scharlatane, die krank machen, statt zu heilen."
Was ist Reparativtherapie?
In der Reparativtherapie wird versucht, Homosexuelle "umzukehren." Meist bieten zwielichtige Organisationen Kurse an, bei denen die "homosexuellen Gedanken" vernichtet werden sollen. Solche Organisationen sehen Homosexualität als Krankheit an, homosexuelle Bedürfnisse als "Fehlverhalten", welches "korrigiert" und "geheilt" werden müsse. Die "Patienten" werden gezwungen, ihre vermeidlich fehlgeleitete sexuelle Orientierung als "Fehler" einzugestehen.
Teilnehmer dieser "Umkehrkurse" berichteten auch von kalten Duschen, Nackttänzen, Gebeten und Trommelschlägen. Auch ein Wochenende in der Wildnis soll "helfen", die sexuelle Orientierung umzukehren. Zudem sollen Therapiesitzungen zu einer "Umorientierung" beitragen. Homosexuelle Patienten werden dazu ermutigt, ihre Gefühle und Bedürfnisse zu unterdrücken.
Vor allem radikal christliche Vereine bieten solche Reparativtherapien an, wie z.B. der Verein Gesellschaft für Lebensorientierung, der - wie das ARD-Magazin "Fakt" herausfand - auch einige CDU-Mitglieder angehören.
Im Grunde sind diese "Umerziehungstherapien" für die Vereine schnell und leicht verdientes Geld. In den USA zahlen Homosexuelle für die Reparativtherapie schon mal 600 Dollar (ca. 490 Euro) - für ein einziges Wochenende (Erfahrungsbericht siehe HIER). In Deutschland kann es sogar passieren, dass Krankenkassen für die "Homo-Heilung" bezahlen. Zwar sehen die Krankenkassen Homosexualität nicht als Erkrankung an. Allerdings zahlen viele Kassen für psychotherapeutische Sitzungen, da das Therapieziel nicht in der Abrechnung vermerkt ist - weder bei Kindern noch bei Jugendlichen oder Erwachsenen.
Ist die "Homo-Heilung" gefährlich?
Durchaus kann eine Reparativtherapie Betroffenen schaden. Die "Umpolungsversuche" können zu Depressionen, Ess- und Angststörungen führen, die zur Flucht in den Drogenkonsum und zu Selbstmord führen können. Durch die Therapie fühlen sich Homosexuelle minderwertig. Sie verlieren ihre Identität, statt zu ihrer Sexualität zu stehen. Die gesundheitsschädigende Wirkung von Reparativtherapien ist inzwischen wissenschaftlich belegt.
Der Versuch zur Umkehrung der sexuellen Orientierung ist eine "Verletzung der Menschenrechte", wie der Weltärzteverband beteuert. So lange Reparativtherapien gesetzlich legal sind - wie in Deutschland - kann einem Arzt, der sie anbietet, nichts passieren - auch dann nicht, wenn der Patient oder die Patientin aufgrund der Therapie in den Suizid getrieben wird.
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