Quälende Liebe

Sehnsuchts-Magneten: Ich kann ihn nicht vergessen

Ich kann ihn nicht vergessen ... Sehnsuchts-Magneten: Warum manche Männer, die wir einst geliebt haben, uns niemals loslassen, erklärt hier Eric Hegmann, Paarberater, Single- und Parship-Coach!

Die erste große Liebe prägt, so heißt es oft. Wurden wir verletzt, werden wir in Liebesdingen vorsichtig sein und versuchen, neuen Schmerz zu vermeiden. War es großartig, werden wir ihr immer nachhängen. Vielleicht werden wir vergleichen, ob es jemals danach wieder so wundervoll wurde. Manchmal kann es tatsächlich besser sein, wenn es keinen Grund zum Verklären gibt. Das macht nämlich zufriedener.

Einige Männer taten uns gar nicht gut und dennoch können wir sie nicht vergessen. Warum eigentlich?

"Da ist diese Stimme", erklärte mir in der Beratung einmal eine Klientin. "Sie sagt, er war der Beste, den du je hattest. Und du hast ihn gehen lassen. Ich kann ihn einfach nicht vergessen."

Was tun, wenn ich ihn nicht vergessen kann?

Nun sind Stimmen und was sie sagen, immer mit Vorsicht zu genießen, selbst wenn es nur die eigene ist. Sie gehört nämlich oft dem Inneren Kind, also unserem jungen Ich, das gleichermaßen ehrlich und leider oft auch etwas trotzig ist. Außerdem neigt sie zu Vorwürfen. "Hätte ich nur ..."  was soviel heißt wie "Du hast einen Fehler begangen." Wer jemals einige Jahre nach dem Wegzug in eine andere Stadt ins Elternhaus zurückgekehrt ist und genervt von der Familie Tinder angeworfen oder alte Facebook-Kontakte durchforstet hat, kennt diese Sehnsucht. Warum nicht melden? Warum nicht verabreden? Nur auf einen Drink, der guten alten Zeiten wegen?

Dahinter steckt der Wunsch, kurz in die Vergangenheit zu reisen, zu überprüfen, ob die Gefühle von damals heute noch da sind, ob die Erinnerungen nicht vielleicht doch geschönt sind? Es hat ja schließlich Gründe gegeben, warum es nicht geklappt hat. Nur: Wären die heute denn noch so wichtig? Mit all der Lebenserfahrung von heute: Wäre immer noch so störend, was damals gar nicht erträglich war? Und schon ist er wieder da, der Zweifel.

Wir projizieren Wünsche in den Ex

Ganz besonders schmerzhaft ist er, wenn die aktuelle Beziehung gerade nicht so rund läuft. Im Ärger über das Jetzt ist die Vergangenheit schnell sehr attraktiv. "Ich kann ihn nicht vergessen" - solche sehnsuchtsvollen Gedanken quälen uns dann. Aber weil wir eben nicht zurück in die Zeit reisen können, wird auch niemand uns das Gegenteil beweisen können: Wir können unsere Hoffnungen und Wünsche ganz folgenlos in den Ex projizieren. Natürlich ist das ungerecht dem aktuellen Partner gegenüber. Doch wer weiß, ob der diese Gedanken nicht ebenso in seinem Kopf wälzt?

Vermutlich wird er das sogar tun. Das lässt sich mittlerweile dank sozialer Medien sogar belegen. 80 Prozent aller Facebook-Nutzer haben bereits mindestens einmal einen Ex-Partner gesucht – und gefunden. Nicht alle haben eine Freundschaftsanfragen geschickt, aber alle checkten den Beziehungsstatus. Immerhin die Hälfte folgte auch dem Link zur neuen Partnerin, wenn es ihn denn gab. Andere forsteten durch die Freundesliste und die Bilder, um Hinweise zu erhalten, mit wem der Ex denn wohl nun zusammen wäre. Und ob er glücklich wirkte dabei.

Wie kann ich ihn endlich vergessen?

Zum Loslassen gehört die Aufarbeitung von Gefühlen. Könnte es also sein, dass diese Gedankenspiele helfen sollen, abzuschließen? Dass es einen Sinn hat, wenn unser Gehirn uns immer wieder denken lässt: "Ich kann ihn nicht vergessen"? Es ist eine Frage des Selbstwertes, ob das möglich ist.Wer sich seiner sicher ist und die Vergangenheit als eine Schule fürs Leben versteht, der kann wohl leicht lächelnd zurückblicken, Fehler eingestehen, sie einordnen und bewerten.

Anders sieht es aber aus, wenn man sich immer noch Vorwürfe macht, sich vielleicht immer noch nicht verziehen hat. Dann ist die Stimme des Inneren Kindes das Werkzeug, dass uns immer noch klein hält, das uns hindert, erwachsen zu werden in dem Sinne, dass wir Wunschdenken von Realität unterscheiden können. Das ist nicht immer leicht, ganz besonders nicht, wenn die Wirklichkeit gerade kein Highlight ist.

Genau dann ist wichtig, Achtsamkeit und Dankbarkeit zu trainieren. Genau zu beobachten und herauszufinden, was eigentlich gut gelaufen ist, wohin uns welche unsere Entscheidungen gebracht haben. Sicher waren einige davon – vorsichtig formuliert – suboptimal. Aber sie hielten uns am Leben und lassen uns heute immer noch die eigene Wahl, was wir nun machen möchten. Das hätte schlimmer kommen können. Möglicherweise ärgern wir uns gerade über unseren Partner und spielen im Kopf den Film ab, in dem der Ex eine Oscar-reife Hauptrolle spielt. Doch das ist und bleibt nur eine Fantasie.

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Den Ex vergessen: Die Gegenwart lieben

Die Realität dagegen hat dafür gesorgt, dass da ein Mensch aus Fleisch und Blut bei uns ist, nicht perfekt, aber zum Anfassen, zum Ankuscheln, zum Miteinandersprechen und zum Planen. Mit dem sich Konflikte besprechen und lösen lassen. Die Angst vorm Loslassen hält uns auf dem Boden. Wir heben nicht ab, weil wir Angst haben, zu stürzen. Aber was, wenn wir fliegen könnten?

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