Sudden Repulsion Syndrom: Plötzlicher Ekel vor dem*der Partner*in
Wenn du dich plötzlich vor deinem*deiner Partner*in ekelst, bist du wahrscheinlich vom Sudden Repulsion Syndrom betroffen. Was das bedeutet erklärt Eric Hegmann, Paarberater und Parship-Coach.
Das Sudden Repulsion Syndrom: Wie Ekel vor dem*der Partner*in entsteht
Häufig tritt es in der Anfangsphase einer Beziehung auf, selten auch mittendrin in einer anderen Beziehungsphase: das Sudden Repulsion Syndrom (Unvermitteltes-Ekel-Syndrom). Der Kontakt oder der*die Partner*in, der*die eben noch attraktiv wirkte und zu dem*der du vielleicht sogar eine sexuelle Anziehung hattest, macht etwas, aller Zauber verfliegt und es bleibt nur noch Abscheu zurück.
Ein Beispiel für das Sudden Repulsion Syndrom aus der Beratung:
„Ich mochte ihn wirklich gerne“, klagte Franziska. „Aber irgendwann sah ich ihn im Bad, wie er mit den Haaren in seiner Nase kämpfte und wie er an seinen Fußnägeln riss. Das Bild wurde ich nie wieder los. Ich konnte ihn danach nicht mehr in die Nähe lassen, so eklig fand ich ihn plötzlich.“
Nach zwei Monaten Kennenlernphase erlebte Franziska das Sudden Repulsion Syndrom genannt. Dahinter verbirgt sich ein Phänomen mit schwerwiegenden Folgen: Der neue Kontakt oder auch der*die langjährige Partner*in macht etwas, das einen so starken Ekel erzeugt, dass eine Fortführung der Beziehung nicht mehr möglich ist.
Jeder Gedanke an den*die zuvor noch begehrenswerte*n Partner*in wird regelrecht überschrieben von einem starken Gefühl der Abscheu.
Auch Betroffene, die eine sexuelle Anorexie entwickeln, erleben ein stark gehemmtes sexuelles Verlangen. Erfahre mehr über die Anzeichen und Ursachen der Funktionsstörung.
So wird das Ekel-Syndrom ausgelöst
Die erschreckende Nachricht: Das Syndrom kann jederzeit auftreten. Die Nachricht, die Mut macht: Es ist sehr selten und geschieht meist nicht einfach so. Da es sich bei Ekel um einen starken Schutzmechanismus des Körpers vor Gefahr wie durch Vergiftung handelt, wird es in den meisten Fällen zuvor eine Veränderung oder Situation gegeben haben, die den*die Partner*in nun in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt:
Das kann beispielsweise sein, dass der*die Partner*in etwas getan hat, das nun Ekel bei der Erinnerung erzeugt. Manchmal entsteht die Abscheu nicht direkt, sondern indirekt. Ekel kann auch weitergegeben werden. Beispielsweise finden wir verdorbenes Essen eklig, weil es uns krank machen kann. Hat jemand etwas Verdorbenes gegessen, können wir diese Person ebenfalls eklig finden. Auch moralisch kann man jemand eklig finden.
Oft werden die extremen Gefühle durch Banalitäten ausgelöst wie zum Beispiel Schmatzgeräusche oder Schnarchen, also Dinge, die wir sowieso eher unangenehm finden.
Stoffwechselausscheidungen erzeugen Ekel, aber auch Schweiß und Körpergerüche. Hat das Gehirn das eklige Bild erst einmal abgespeichert, entsteht beim Betroffenen ein Tunnelblick: die andere Person steht nicht mehr als Ganzes im Vordergrund, sondern nur noch deren ekliges Verhalten.
Ekel ist ebenso wie Angst eine Schutzfunktion. Widerwille oder Abneigung sind streng genommen noch keine Abscheu. Erst wenn körperliche Reaktionen wie Schweißausbruch, Würgen oder Erbrechen, Kreislaufsymptome auftreten, sprechen wir von Ekel.
Eine Phobie oder Zwangsstörung kann ebenfalls Auslöser für das Sudden Repulsion Syndrom sein.
Auch Gewalt oder Bindungsangst können Ekel auslösen
Das Syndrom erleben manche Menschen häufiger, die meisten aber gar nicht. In Beziehungen können unterdrückte Aggressionen, aber auch vorherige, möglicherweise gewalttätige Auseinandersetzungen solche Ekelgefühle hervorrufen. Wenn bei der Partnersuche das Repulsion Syndrom auftritt, dann könnte etwas vorgefallen sein, dass den Blick verändert hat. Nicht immer lässt sich genau herausfinden, was das war, weil viel davon unbewusst abläuft.
Aus der Singleberatung kenne ich einige Fälle, in denen Bindungsangst ein Auslöser war. Das bedeutet, eine unbewusste Furcht vor Nähe bricht sich Bahn in einem Ekel. Es ist dann so, als ob der Körper die Abwehrreaktion übernimmt, die der Verstand nicht einleitet. Das Gefühl lässt sich auch nicht einfach unterdrücken, weil es eben so stark ist. Stell dir vor, jemand hat dir ein Dessert gegeben, du hast es voller Freude gegessen und dann erfährst, dass es aus etwas ganz besonders Widerwärtigem bestand. Die Folgen sind Schweißausbruch, Erbrechen, Herzrasen, Schwindel ...
Das Suden Repulsion Syndrom erleben Frauen häufiger als Männer, so wie Frauen statistisch grundsätzlich ein höheres Risiko haben, an Phobien und Zwangsstörungen zu erkranken als Männer.
Bedeutet das Sudden Repulsion Syndrom das Ende der Beziehung?
Wenn das Syndrom auftritt, ist leider das Ende der Beziehung gekommen. Ich würde dazu raten, professionelle Unterstützung aufzusuchen und zu versuchen, die Ursachen zu erforschen. Dass die Liebe noch eine Zukunft hat, wenn ein*e Partner*in sich vor dem*der anderen ekelt mit starken, körperlichen Reaktionen, kann ich mir leider nur schwerlich vorstellen.
* Name geändert
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