Versöhnungssex: Leidenschaftlicher Sex dank Streit
Kolumne: Sex to go
Leidenschaftlicher Sex: Wenn zwei sich uneinig sind, freut sich die Libido! Versöhnungssex kommt nämlich gut.
Manchmal ist er nicht nur schärfer, sondern auch konstruktiver als jede Diskussion
Der erste Streit
Nach wenigen Wochen auf Wolke sieben machte Ralf plötzlich einen schweren Fehler: Ich würde ihn an seine kritische Exfreundin erinnern, rutschte ihm heraus, als ich wegen irgendeiner Kleinigkeit anderer Meinung war. Gleich begann unser Kampf im Zweier-Kanu:
Hektisch herumpaddeln (ich hab’s nicht so gemeint), Wellen machen (ich bin verletzt und du begreifst gar nichts), zurückrudern (ich rede eben auch mal Quatsch), gegenrudern (aber du hast es gesagt) und sich im Kreis drehen (komm, vergessen wir das). Ich ließ die Tür hinter mir knallen, aber ich hasse Schmollphasen, dann vertrage ich mich doch lieber unter Zeitdruck.
Versöhnungssex
Ralf erwartete mich schon, nicht mit dämlichem Dackelblick, sondern eher mit einer rosigen Hello-Kitty-Weichheit. Wir redeten nicht viel, wir taten es. Bei Ralf und mir half das, denn wir waren beide so aufgekratzt, so nackt, so schutzlos. Und wie ich erwartet hatte, war der Sex gut und der Streit hinterher gar nicht mehr so wichtig.
Der Versöhnungssex passt so zum Paar wie der Sex vorher auch schon, er ist allerdings die XL-Ausgabe davon. Manche Paare streiten sich allein deswegen. Meiner Erfahrung nach gibt es drei verschiedene Arten.Nummer 1: Man versöhnt sich erst in Worten und probiert dann die körperliche Wiederannäherung.
Rollenspiele
Die Gänseblümchen-Version. Immer schön. Nummer 2 dagegen ist rauschhaft, ich nenne es mal „gemeinsam kommen“ , nämlich Sex während der Versöhnung. So lief es zwischen Ralf und mir. Wir wollten uns zusammenraufen, aber das Gespräch tat weh – und dann beschlossen wir, die Körper weiterreden zu lassen.
Wir waren erhitzt wie nach dem Sport, küssten mit „tut mir leid“ und schauten uns dann selbst zu. Es ist etwas Rollenspiel dabei. Aber es klappt durchaus großartig. Nummer 3 ist immer hardcore, nämlich Sex vor einer Versöhnung. Man hasst sich eigentlich noch, geht aufeinander los, wutentbrannt. Statt einer Vase schmeißt man sich selbst, küsst sich wie beißend, vielleicht mit einem „Du Schwein!“ auf den Lippen.
Körpersprache
Man reißt dem Feind die Klamotten runter, der aggressive Sex zeigt dem anderen, was geht. Es ist eine Belastungsprobe, so, als würden zwei Sportgeräte sich testen. Nichts für mich, aber ich kenne zwei Paare, die kriegen es gar nicht anders hin.
Die schieben alles vor sich her, bleiben aber zusammen, ganz ohne reden. Ralf achtete tatsächlich ein wenig mehr auf das, was er sagte. Aber von da an hatten wir eine Art hauseigenes Reparaturset für alle Streitfälle: Wenn Worte versagen, nimmt man eben Handzeichen, Körpersprache ist ja auch eine Sprache.
Buchtipp
Was sich liebt das neckt sich: Einer, der sich auskennt mit der Leidenschaft: Der amerikanische Paar- und Sex-Therapeut Dr. David Schnarch verhilft in seinem Institut Paaren zu mehr Lust. Seine These: Liebende, die sich auch streiten können, haben besseren Sex. Denn sie sprechen offen über ihre Gefühle, auch wenn das erst mal zu Auseinandersetzungen führt.(„Die Psychologie sexueller Leidenschaft“, Piper, um 11 Euro)