Yusra Mardini: "Beim Schwimmen fühle ich mich sicher"
Die Olympia-Schwimmerin Yusra Mardini kam als syrischer Flüchtling nach Deutschland. Heute ist sie weltberühmt. Ein Interview über die Möglichkeiten des Sports, Heimat und Träume.
2015 floh die damals 17 Jahre alte Schwimmerin Yusra Mardini zusammen mit ihrer älteren Schwester Sarah, ebenfalls eine Schwimmerin, von Syrien nach Deutschland. Während ihrer Flucht fiel bei dem Schlepperboot, auf dem die Schwestern zusammen mit weiteren Menschen zwischen der Türkei und Griechenland unterwegs waren, der Motor aus. Das Boot drohte zu kentern. Schwimmend hielten Yusra und Sarah es 3,5 Stunden stabil im Wasser und retteten so 20 Männern, Frauen und Kindern das Leben.
Angekommen in Berlin fand Yusra einen Schwimmverein und trat 2016 als Teil des Flüchtlingsteams bei den Olympischen Spielen in Brasilien an. Ab diesem Zeitpunkt rückte Yusra mehr und mehr in den Fokus der Medien. Inzwischen ist die 21-Jährige als Athletin bei Under Armour unter Vertrag, wurde zusammen mit ihrer Schwester für einen Bambi in der Kategorie "Stille Helden" ausgezeichnet und ist Sonderbotschafterin für das Flüchtlingshilfswerk UNHCR.
Wir haben mit Yusra Mardini über ihre Heimat gesprochen, was ihr das Schwimmen bedeutet und welche Ziele und Träume sie jetzt verfolgt.
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Wann hast du mit dem Schwimmtraining begonnen?
Ich habe mit dem Schwimmen angefangen, als ich vier Jahre alt war und trainiere richtig seit meinem sechsten Lebensjahr.
Du hast jahrelang in Syrien gelebt, während um dich herum Krieg herrschte. Schließlich entschlosst ihr, deine Schwester und du, euch das Land zu verlassen. Was war der Grund dafür?
Es gab mehr als einen Grund, aber der offensichtlichste ist wohl, dass wir nicht mehr sicher waren und kein normales Leben mehr führen konnten. Wir wussten nicht, ob wir noch einen weiteren Tag überleben und das war schrecklich.
In deinem Buch "Butterfly" beschreibst du die Flucht von Syrien nach Deutschland. Wie hat es sich angefühlt, diese Tage noch einmal zu durchleben?
Es war hart und sehr traurig, gleichzeitig bin ich stolz, dass ich all dies zusammen mit meiner Familie und meiner Schwester bewältigt habe. Ich bin dankbar für alles, was passiert ist, und ich nutze jetzt es als Motivation in meinem Alltag. Diese Geschichte wird immer ein Teil von mir sein.
Was bedeutet dir das Schwimmen? Und hat sich diese Bedeutung in den letzten Jahren, seit du in Deutschland bist, verändert?
Beim Schwimmen fühle ich mich sicher und es ist meine Leidenschaft seit ich klein war. Nein, das hat sich nicht verändert. Ich liebe es sogar mehr, weil es mir das Leben gerettet hat.
Für wen schwimmst du? Was ist die Botschaft, die du senden möchtest?
Zu allererst schwimme ich für mich selbst und zweitens, um meine Familie stolz zu machen. Dann schwimme ich auch für alle Flüchtlinge, die viel verloren haben, die aber wieder aufgestanden sind und wieder begonnen haben zu träumen. Ich möchte ihnen dabei helfen, ihren Weg wiederzufinden, indem sie sehen, was in meinem Leben passiert.
Wie hat es sich angefühlt, an den Olympischen Spielen 2016 teilzunehmen?
Es fühlte sich wie ein wunderschöner Traum an, war aber die Realität. Ich war stolz, Millionen zu repräsentieren und die olympische Flagge zu präsentieren, die wiederum für Athleten auf der ganzen Welt steht.
Wie hat dir das Schwimmen bei der Integration hier in Deutschland geholfen?
Das Schwimmen hat mir geholfen, neue Freunde zu finden und offen gegenüber Veränderungen zu sein.
Du bist zusammen mit deiner älteren Schwester geflohen. Wie hat das eure Beziehung verändert und was denkst du über ihr Engagement für andere Flüchtlinge?
Unsere Beziehung war immer stark, aber sie wurde noch stärker nach unserer Reise. Ich denke, dass sie einen tollen Job macht. Ich unterstütze sie und vertraue auf ihre Arbeit, weil sie die Art von Mensch ist, die alles gibt, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Das ist das Schöne daran.
Bist du noch mit Menschen aus Syrien in Kontakt?
Ja, ich habe immer noch Freunde und Familie dort.
Könntest du dir vorstellen, wieder nach Syrien zurückzukehren und dort zu leben?
Ja, das kann ich. Ich liebe mein Land und werde es immer lieben.
Könntest du dir vorstellen, Syrien eines Tages als Athletin zu repräsentieren?
Ja, das kann ich mir vorstellen.
Seit April 2017 bist du UN-Sonderbotschafterin für Flüchtlinge. Seit Oktober 2017 repräsentierst du die internationale Marke Under Armour. Wie fühlt es sich an, so berühmt zu sein, und was hat sich seitdem für dich verändert?
Es ist verrückt, was in den letzten Jahren in meinem Leben passiert ist. Aber ich bin immer noch ein normaler Mensch, der hart dafür arbeitet, gut zu schwimmen, um Flüchtlingen helfen zu können. Nach den Olympischen Spielen in Tokio 2020 möchte ich studieren. Ja, es ist verrückt, all das getan zu haben. Aber ich bin immer noch ein normaler Mensch mit Zielen und Träumen.
Was ist dein nächstes Ziel?
Als Athletin sind es die Olympischen Spiele 2020 in Tokio. Als junge Frau möchte ich mich darauf konzentrieren, hart zu arbeiten, um so vielen Flüchtlingen zu helfen, wie ich kann.
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