Kinderkrankheiten

Angelman-Syndrom: Ein Gendefekt, der Kinder zum Lachen zwingt

Das Angelman-Syndrom ist eine Krankheit, die genetisch bedingt ist. Kinder leiden u.a. unter Schlafstörungen, sind hyperaktiv und lachen viel. Eine Übersicht.

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Das Angelman-Syndrom ist ein Gendefekt, der Kinder so aussehen lässt, als würden sie lachen - allerdings ist die seltene genetische Erkrankung zwanghaft. Alles, was du über Betroffene, Ursachen und Symptome bzw. deren Therapie wissen solltest, erfährst du hier.

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Was ist das Angelman-Syndrom?

Das Angelman-Syndrom, kurz AS, (früher Happy-Puppet-Syndrom genannt; deutsch: Glückliche-Puppe-Syndrom; gilt heute als abwertend) ist eine Form geistiger und körperlicher Behinderung (psychische und physische Entwicklungsverzögerungen), die aber auch mit motorischen und kognitiven Einschränkungen einhergeht (Symptome siehe unten). Oft macht sich das Angelman-Syndrom schon bei kleinen Kindern bemerkbar: sie lachen (zwanghaft) wie fröhliche Puppen.

Das Syndrom ist benannt nach dem britischen Kinderneurologen Harry Angelman, der das Syndrom im Jahr 1965 das erste Mal wissenschaftlich beschrieb (begonnen mit drei Fallbeispielen). Inzwischen sind über 800 Fälle des Angelman-Syndroms dokumentiert. Experten schätzen, dass durchschnittlich etwa einer von 15.000 Menschen unter dieser Krankheit leidet (andere Quellen: einer von 20.000 bis 30.000 Menschen), die Krankheit ist also recht selten..

Die Schwierigkeiten bei der Diagnose:

  1. Die Symptome des Syndroms sind dem Autismus sehr ähnlich, sodass bei betroffenen Kindern oft nicht die Diagnose Angelman-Syndrom gestellt wird. Wird bei einer genetischen Untersuchung (Gentest) diagnostiziert, dass das Chromosom 15 verändert ist (z.B. fehlen DNA-Abschnitte dieses - meistens mütterlichen - Chromosoms 15), handelt es sich jedoch definitiv um AS. Allerdings kann auch eine Aufzeichnung der Hirnströme (Elektroenzephalographie, kurz EEG) zur Diagnose führen. Diese Anomalie des Erbguts kann nicht ursächlich geheilt werden. Der Gendefekt entsteht während der Entwicklung der Eizelle, sodass viele Mütter von betroffenen Kindern kein geschädigtes Gen aufweisen.
  2. Da die Symptome bei betroffenen Kindern erst im Säuglings- oder Kleinkindalter auftreten, kann eine eindeutige Diagnose erst zwischen dem 3. und 7. Lebensjahr gestellt werden. Schwangerschaft und Geburt eines betroffenen Kindes verlaufen ohne Komplikationen, sodass das Angelman-Syndrom in dieser Phase unbemerkt bleibt. Einzige Ausnahme: Eine Pränataldiagnostik, bei der ein Gentest des Ungeborenen schon im Mutterleib durchgeführt wird. Möglich ist trotzdem, dass bestimmte Chromosomenbesonderheiten der (gesunden) Eltern die Wahrscheinlichkeit erhöhen, ein AS-Kind zur Welt zu bringen ("stille Weitergabe").

Angelman-Syndrom: Beim meist maternalen Chromosom 15 fehlt ein DNA-Abschnitt
Angelman-Syndrom: Beim meist maternalen Chromosom 15 fehlt ein DNA-Abschnitt Foto: Dr_Microbe/iStock

Angelman-Syndrom-Symptome: Typische Merkmale und mögliche Folgen

Die Ausprägung des Angelman-Syndroms fällt von Fall zu Fall unterschiedlich aus, sodass die Symptome je nach Patient verschieden stark ausgeprägt sein können.

Typische Merkmale des Angelman-Syndroms sind:

  • Entwicklungsstörungen: verzögerte geistige und körperliche Entwicklung (z.B. ruckartige Bewegungen)
  • Bewegungsstörungen: Gleichgewichtsprobleme (Ataxie), unkoordinierte Bewegungen, unkontrollierter Gang
  • Verhaltensstörungen: häufiges grundloses Lächeln und / oder Lachen (häufig glücklicher Gesichtsausdruck), leichte Erregbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten / Ruhelosigkeit (Hyperaktivität), Händeklatschen / Winken / Herumfuchteln
  • Sprachstörungen: Sprache wird zwar verstanden, jedoch sprechen Betroffene nur wenige Wörter. Menschen, die unter dem Angelman-Syndrom leiden, können ggf. nonverbal kommunizieren (etwa mit Gebärdensprache oder mit Zeichen, Mimik und Gestik)

Mögliche Folgen des Angelman-Syndroms sind:

  • epileptische Anfälle (Krampfanfälle), oft schon ab dem 3. bis 26. Lebensmonat (kann oft ab dem Jugendalter wieder verschwinden)
  • (zu) kleiner Kopf (Mikrozephalie) - erst etwa ab dem dritten Lebensjahr sichtbar - und ggf. abgeflachter Hinterkopf
  • ausgeprägter, hervorstehender Oberkiefer, breiter, großer Mund, auseinanderstehende (relativ kleine) Zähne, schielende (bei 30 bis 80 Prozent schon im Säuglingsalter Betroffener zu beobachten) und oftmals kurzsichtige, helle Augen
  • wenig pigmentierte Haut und helles Haar mit Tendenz zum Albinismus (Lichtempfindlichkeit)
  • Hitzeempfindlichkeit (übermäßiges Schwitzen)
  • oft herausgestreckte Zunge, übermäßige Kaubewegungen, häufiges Spucken (übermäßiger Speichelfluss)
  • flache, nach außen gedrehte Füße beim Laufen
  • verkrümmte Wirbelsäule (Skoliose)
  • veränderte Hirnströme
  • geringer Schlafbedarf / gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus
  • ausgeprägte Begeisterung für Wasser, knisterndes Papier, Plastik, Folien
  • außergewöhnliches Essverhalten und/oder Verstopfung

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Ist das Angelman-Symptom heilbar?

Nein. Da die Ursache der Krankheit im Erbgut liegt, ist das Angelman-Syndrom unheilbar. Allerdings haben Betroffene eine normale Lebenserwartung, wie gesunde Menschen - sind jedoch ihr ganzes Leben lang auf die Hilfe anderer angewiesen.

In der Regel werden die Symptome des Angelman-Symptoms behandelt, etwa das Schielen oder die mit der Krankheit einhergehenden Epilepsie-Anfälle.

Zudem werden Kinder mit Angelman-Symptom in ihrer Entwicklung gefördert, zum Beispiel mit Physio-, Moto- oder Ergotherapien (Bewegungstherapie), Logopädie (Behandlung der Sprechstörungen) und Frühförderung, an heil- oder sonderpädagogischen oder integrativen Schulen oder beim therapeutischen Reiten.

Eltern von betroffenen Kindern hilft es, wenn sie sich ausführlich mit der Erbkrankheit auseinander setzen. Der Selbsthilfeverein Angelman e.V. wurde "von Eltern für Eltern" gegründet. Hier tauschen sich seit der Gründung 1993 über 400 Familien mit betroffenen Verwandten über den Umgang mit der Krankheit aus.

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