Arbeiten nach der Elternzeit: Warum es härter ist, als ich dachte
Nach einem Jahr kehren etwa 45 Prozent der Mütter in den Job zurück. Doch der Wiedereinstieg gestaltet sich nicht immer so leicht, wie viele Mütter glauben.
Elternzeit - als ich schwanger war und diesem Jahr entgegengefiebert habe, dachte ich noch: "Super, nicht mehr arbeiten und stattdessen ein Jahr Vollzeitmama sein, das wird super!" Ich träumte davon täglich für meine Kinder zu kochen, lange Spaziergänge bei jedem Wetter mit ihnen zu machen, vielleicht stricken zu lernen und endlich Ordnung in die gefühlt 1.000 Kartons auf den Dachboden zu bringen. Geschafft habe ich davon nach 14 Monaten Elternzeit nicht wirklich viel. Meine Zwillinge haben mich ordentlich auf Trapp gehalten. Und als ich dann wieder anfing zu arbeiten, hatte der Tag plötzlich viel zu wenig Stunden.
Ich habe mir den Wiedereinstieg leichter vorgestellt
Als ich mich entschieden habe, 30 Wochenstunden in meinen alten Job zurückzukehren, habe ich mir anfangs nicht viele Gedanken gemacht. Selbst als Freundinnen, die den Wiedereinstieg schon hinter sich hatten und es besser wussten, meinten: "30 Stunden mit zwei Kindern, das ist aber ganz schön sportlich." Der Gedanke, meine Kinder acht Stunden in der Kita zu lassen, hat mich schon mehr beschäftigt, als die Frage, ob ich Job und Familie so einfach unter einen Hut bekomme. Eine Fehleinschätzung.
Wieder im Job fand ich es schön, mal ein paar Stunden keine Windeln zu wechseln und mich endlich wieder mit Menschen zu unterhalten, die älter als ein Jahr alt sind und nicht zu meiner Familie oder meinem Freundeskreis gehören. Wieder in einen neuen und doch altbekannten Kosmos einzutauchen.
Wieder angefangen zu arbeiten habe ich Mitte November, mitten in der Erkältungszeit. Wenn meine Kinder die Viren nicht aus der Kita mitgebracht haben, hab ich sie aus der Bahn oder aus dem Büro mit nach Hause geschleppt. Ich war ständig krank, egal wie sehr ich auch versuchte mein Immunsystem zu stärken, ich nahm jede noch so kleine Infektion mit. Im Nachhinein würde es mich nicht wundern, wenn ich am Jahresende den inoffiziellen Titel der Mitarbeiterin mit den meisten Krankentagen bekommen würde.
Plötzlich bekam ich Zweifel: Schaff ich das?
Ständig krank, ständig das Gefühl, doch nicht das leisten zu können, was ich früher konnte. Und die immer wiederkehrende Frage: Schaff ich das? Ist es nicht vielleicht doch zu viel? Wie schaffen Alleinerziehende das? Oder Familien, die nicht so viel Unterstützung von den Großeltern und Freunden haben? Fakt ist, arbeiten nach der Elternzeit ist sehr viel härter, als ich es mir vorgestellt habe.
Es ist der eigene Anspruch, so gut zu sein wie vor der Elternzeit, aber auch das ständig schlechte Gewissen. Wenn man morgens seine Kinder in der Kita abgibt, sie weinen und es überhaupt nicht verstehen, warum Mama und Papa jetzt arbeiten gehen müssen. Aber auch ein bisschen Neid, wenn die Kolleginnen abends den neusten Fitnesstrend ausprobieren, spontan ins Kino gehen oder einfach bei einem Serien-Marathon auf der Couch relaxen.
Auch, wenn ich vor meinen Kolleginnen Feierabend habe, beginnt der eigentlich erst, wenn die Kinder schon lange im Bett liegen. Dann muss noch die Wäsche auf- und abgehängt werden, das Chaos vom Abendessen beseitigt und der morgige Tag geplant werden. Ja, auch bei uns hängt jetzt ein überdimensionaler Familienkalender am Kühlschrank, in den alle Termine eingetragen werden. Total praktisch die Dinger, seitdem vergesse ich nur noch die Hälfte.
Der Lohn nach einem langen Tag: Das Lächeln meiner Kinder
Nach fast einem Jahr zurück im Job, kann ich sagen, es wird besser. Ich werde besser. Ich bin entspannter. Mut zur Lücke lautet mein neues Mantra. Nicht im Job und niemals bei meinen Kindern, aber bei Dingen, die für mich einfach nicht mehr so wichtig sind. Und das Eingeständnis, dass das Familienleben eben auch ein bisschen chaotisch ist und noch lange nicht wie ein perfekt eingespieltes Uhrwerk funktioniert.
Aber das Strahlen meiner Kinder, wenn ich sie abhole, das aufgeregte Geplapper, wenn sie versuchen mir von ihrem Tag zu erzählen (und ich nur die Hälfte verstehe), die kleinen, weichen Hände, die mir abends übers Gesicht streichen und die müden Stimmen, die flüstern "Mama lieb", machen das alles wett. Das ist mein Antrieb, mein Lohn, meine Motivation und das Wissen, es wird alles gut, ich schaffe das.
Arbeiten nach der Elternzeit: Mit diesen Tipps wird der Einstieg leichter
Die eigenen Wünsche überprüfen: Wie viel kannst du und willst du wieder arbeiten? Besprich dich mit deinem Partner und deinem Chef. Wenn du weißt, was du willst, kannst du die nächsten Schritte besser planen und umsetzen.
Mit dem schlechten Gewissen richtig umgehen: Das schlechte Gewissen kommt zwangsläufig. Wenn das Kind morgens beim Abgeben in der Kita weint, wenn es krank ist und du zur Arbeit musst, es nicht immer selbst betreuen kannst, es gestürzt ist und du nicht da warst, um es zu trösten. Das nagt an jeder Mutter. Aber an diese Momente wird sich dein Kind nicht erinnern, sondern nur an all die Male, als du da warst, versprochen!
Zeit lassen, ein Wiedereinstieg gelingt nicht von heute auf morgen: Wenn du beispielsweise einen neuen Job antrittst, brauchst du auch eine gewisse Einarbeitungszeit, um richtig anzukommen. Nach der Elternzeit ist das ganz ähnlich. Arbeitsabläufe und Prozesse haben sich geändert. Hab Geduld, bitte Kollegen um Hilfe und scheu dich nicht, Fragen zu stellen. Denn nur so gewinnst du Sicherheit und kommst schneller in deinen alten Arbeitsrhythmus zurück.
Hilfe annehmen: Wer das Glück hat, die Großeltern in der Nähe zu haben oder gute Freunde, die vielleicht einmal pro Woche die Kinder von der Kita abholen und ein paar Stunden bespaßen können, sollte das unbedingt tun. Ein freier Nachmittag ist Gold wert. Nicht um Ordnung in den Haushalt zu bringen, sondern um ein paar Stunden nur etwas für sich selbst zu tun.
Weiterlesen:
Als Mann in Elternzeit: Was hat sich in 25 Jahren geändert?
Mutter-Kind-Kur beantragen: Was tun, damit Kur bewilligt wird?
Tabu-Thema Mama-Burnout: Der Weg heraus
Mütter, nehmt lange Elternzeit! Es dankt die Karriere
Brückenteilzeit kommt: Gute Nachrichten für berufstätige Mütter