Neurologische Erkrankung

Guillain-Barré-Syndrom: GBS-Krankheit, Folgeschäden und Erfahrungsbericht

Das Guillain-Barré-Syndrom ist eine neurologische Erkrankung. Alles zu Entstehung, Verlauf, Behandlung und Folgeschäden hat uns Experte Privatdozent Dr. Dr. Mark Stettner erklärt. Zudem hat uns ein Betroffener seine Erfahrungen mit der GBS-Krankheit geschildert.

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Guillain-Barré-Syndrom – kurz GBS – ist eine seltene Erkrankung mit schwierigem Namen. Wer davon betroffen ist, erlebt oft eine außerordentlich schwere Zeit. Wir haben mit Oberarzt und Leiter der Poliklinik der Neurologischen Universitätsklinik in Essen Privatdozent Dr. Dr. Mark Stettner und dem Betroffenen Christian Maier (Name geändert) über das Thema GBS-Syndrom gesprochen.

Guillain-Barré-Syndrom: Was ist die GBS-Krankheit?

Das Guillain-Barré-Syndrom (kurz GBS-Syndrom) ist eine Krankheit, von der viele Menschen noch nie etwas gehört haben. Woran das liegt, ist eigentlich klar – sie ist selten. „Wahrscheinlich sind es 1 bis 5 Fälle pro 100.000 Einwohner weltweit, es ist jedoch davon auszugehen, dass es eine relativ hohe Quote an Patienten gibt, bei denen die Erkrankung gar nicht erkannt wird“, erklärt Stettner, Experte für das Guillain-Barré-Syndrom.

Auch Christian Maier kann das bestätigen. Der heute 35-Jährige gibt an, vor seiner Erkrankung nichts über das GBS gewusst zu haben: „Ich habe mich einfach schlecht gefühlt. Ich hatte den Drang, mich immer wieder auszuruhen und habe mich einfach überall hingelegt.“ Auch seinem Umfeld war die Krankheit demnach kein Begriff. Es sei anfangs nicht ganz verständlich gewesen, „dass ich mich im Zimmer auf den Boden lege. Man sieht es einem ja nicht an. Es wurde aber relativ schnell klar, dass es doch etwas Ernsteres ist.“

Medizinhistorisch ist das GBS-Syndrom schon lange bekannt. Es gehöre zu den „alten“ Krankheiten, die noch einen Eigennamen nach den Erstbeschreibern haben, erzählt Stettner. „Das Guillain-Barré-Syndrom wurde vor über 100 Jahren erstmals beschrieben. 1916 veröffentlichten Guillain, Barré und Strohl einen Artikel, in dem zwei französische Soldaten beschrieben wurden, die an GBS erkrankt waren. Strohl war der Student und wird im Eigennamen der Erkrankung meist vergessen.“

Beim Guillain-Barré-Syndrom handelt es sich um eine Polyneuropathie, also eine Erkrankung des peripheren Nervensystems. Zum peripheren Nervensystem gehören alle Nerven außerhalb des zentralen Nervensystems (Rückenmark und Gehirn). Innerhalb der Polyneuropathien gehört es zu den entzündlichen Neuropathien, erklärt Stettner.

 „Unser körpereigenes Immunsystem richtet sich quasi gegen körpereigene Strukturen“, so der Mediziner, und erklärt den Vorgang mit einem Beispiel: „Sie müssen sich den Nerv vorstellen wie ein Elektrokabel, innen ein Kupferdraht und außen die Gummihülle. Beim Guillain-Barré-Syndrom wird die Isolierschicht – also die Gummihülle – durch das Immunsystem angegriffen. Durch diese Entzündung kann es dann zu akut verlaufenden Lähmungen und Sensibilitätsstörungen kommen.“

Diese Entzündung der Isolierschicht (med. Myelinscheide) ist beim GBS in Europa die häufigste Form, welche man auch als AIDP (Akute inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie) bezeichnet. Wenn man den Blick bspw. in Richtung Südostasien oder Indien richte, sei hingegen eine Entzündung des Kupferdrahts im Nerv – also des sogenannten Axioms – häufig zu beobachten.

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Guillain-Barré-Syndrom: Symptome und Auftreten

Gehäuft tritt das Guillain-Barré-Syndrom zu den klassischen Infektzeiten auf, also im Frühjahr und Herbst/Winter. Der Experte merkt auch an, dass das leicht durch eine Suche bei Google Trends zu erkennen sei, „hier kann man sehen, wie oft ein Begriff im Jahresverlauf gegooglet wird“. […] Zu den Infektzeiten ist das häufiger, da viele Patienten und Angehörige diesen Begriff suchen.“ Aber warum tritt diese seltene Erkrankung ausgerechnet dann auf?

Bei 30-50% der Patienten geht der Erkrankung ein fieberhafter Infekt voraus. Es kann auch ein Magen-Darm-Infekt sein“, erklärt der Arzt. Es gebe einige Erreger, die die Wahrscheinlichkeit erhöhten, an GBS zu erkranken, darunter Campylobacter jejuni (Magen-Darm-Infekte) und Mykoplasmen, welche die Lunge befallen können.

„Wenn der Patient das GBS bekommt, ist die Infektion meist schon wieder abgeklungen.“, erklärt PD Dr. Stettner den Verlauf. Durch den Infekt kann es zu einem sogenannten immunologischen Mimikry – also einer immunologischen Kreuzreaktion kommen. Das heißt, dass die Oberfläche des Erregers Ähnlichkeiten mit der Struktur der Myelinscheide, also der Isolierschicht des Nervs, hat. Nach dem überstandenen Angriff des Erregers „reagiert folglich das Immunsystem im zweiten Schritt fälschlicherweise gegen körpereigenes Gewebe“.

Bei Christian Maier, damals gerade 18 geworden, fing alles mit einem solchen Magen-Darm-Infekt an – und auch die Jahreszeit passt in seine Beschreibung: „Es war am 28. Dezember, dem Geburtstag meines Großvaters. Wir waren auf dem Rückweg vom Geburtstagsfest und haben angehalten. Ich musste mich aus der Autotür heraus übergeben.“

Ein Arzt habe dann eine Magen-Darm-Grippe diagnostiziert, „allerdings fingen meine Beine immer mehr an zu schmerzen, ein aufsteigender Schmerz. Gleichzeitig hatte ich immer weniger Kraft – und an Silvester oder Neujahr konnte ich das letzte Mal allein aus dem Bett aufstehen.“ Der Hausarzt habe ihn dann nach einigen Untersuchungen ins Krankenhaus geschickt, da er nicht herausfinden konnte, um was es sich bei der aufsteigenden Lähmung handelte.

Die Symptome bestätigt auch Stettner, der Oberarzt der Klinik für Neurologie des Uniklinikums Essen. Die Schwäche entwickle sich meist in einem Zeitraum zwischen zwei Tagen und zwei bis drei Wochen. „Aber immer unter vier Wochen – ebendann nennen wir die Erkrankung GBS“, so Stettner.

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GBS-Syndrom: Diagnose der entzündlichen Neuropathie

 „Neurologen können viele Erkrankungen mit einer genauen körperlichen neurologischen Untersuchung diagnostizieren – hierzu gehört auch die Untersuchung mit dem bekannten Reflexhammer. Auch beim Guillain-Barré Syndrom kann man durch die Befragung des Patienten und die körperliche Untersuchung eine relativ treffsichere Verdachtsdiagnose stellen.“ In der Notaufnahme finde daher eine gründliche Untersuchung statt:

  • Anamnese: Im ärztlichen Gespräch werden unter anderem die Vorgeschichte und Beschwerden festgestellt.

  • Neurologische Untersuchung: Hierzu gehört unter anderem die Testung von Motorik, Sensibilität und die Untersuchung mit dem Reflexhammer.

  • Lumbalpunktion: Mit einer Spritze wird Nervenwasser aus dem Rückenmark entnommen. „Das hört sich brachial an, ist für uns Neurologen aber eine wichtige Untersuchung mit relativ niedrigem Risiko, aber hoher Aussagekraft, gerade bei Verdacht auf GBS. Eine Konstellation mit normaler Zellanzahl, aber erhöhtem Gesamteiweiß im Nervenwasser kann auf ein GBS hindeuten.“

  • Elektrophysiologische Messung: Diese Untersuchung, die den typischen Schaden an den Nervenbahnen erfassen kann, bestätigt dann letztendlich die Diagnose. Komme der Patient nachts, würde man aber die Therapie ggf. bereits vor dieser Untersuchung beginnen.

Patientin bei der Reflexhammeruntersuchung durch einen Neurologen (Symbolbild)
Patientin bei der Untersuchung mit dem Reflexhammer beim Neurologen (Symbolbild) Foto: romaset/iStock

Beim ehemaligen GBS-Patienten Christian hat die Diagnose allerdings zwei bis drei Tage gedauert, „danach wurde eine Lumbalpunktion gemacht“. Davor sei auch der Krankenschwester nicht gleich klar gewesen, dass der Jugendliche schwerer erkrankt war: „In der ersten Nacht musste ich auf die Toilette und habe die Pflegerin gerufen. Sie hat mich dann erst gefragt, warum ich denn nicht allein aufs Klo gehe, ich sei ja schließlich jung genug, dass ich mich bewegen könnte. Ich konnte allerdings nur noch allein sitzen – gehen ging nicht mehr.“ Doch wie geht es nach der Diagnose weiter?

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Guillain-Barré-Syndrom: Behandlung – zwei Möglichkeiten

Die Guillain-Barré-Syndrom-Behandlung begann bei Christian Maier direkt nach der Diagnose – allerdings auf der Intensivstation. „Wenn ich eingeschlafen bin, hatte ich kleine Atemaussetzer, von denen ich aufgewacht bin“, berichtet er, „dann wurde mit einer Immunglobulin-Therapie begonnen. Dafür wurden die Beutel extra mit dem Taxi gebracht, an den Tropf gehängt und intravenös verabreicht.“ Allerdings wurde es dann sehr kritisch und Christian wurde auf die Stroke Unit (Schlaganfall-Station) der Uniklinik ins 45 Minuten entfernte Tübingen verlegt.

„Etwa die Hälfte der Patienten bei uns muss intensivmedizinisch betreut werden“, berichtet PD Stettner. „Je früher ein Patient richtig behandelt wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass keine körperliche Behinderung zurückbleibt.“ Der Experte nennt zwei Hauptbehandlungsmöglichkeiten:

  • Blutwäsche-Therapie: Hierbei wird das Blutplasma entweder ausgetauscht und mit Spenderplasma ersetzt oder das Plasma wird gefiltert.  „Beim zweiten Verfahren werden die flüssigen Bestandteile des Blutes über eine Membran ‚gereinigt‘ und Entzündungsbestandteile aus dem Blut entfernt."
  • Immunglobulin-Therapie: Die zweite Therapiemöglichkeit ist die Gabe von sogenannten intravenösen Immunglobulinen (IVIg). Diese seien aus dem Blut von Spendern gewonnen und aufbereitet. Durch die Verabreichung wird die eigene Immunantwort des Patienten moduliert und die Entzündung komme zum Stillstand.

GBS-Syndrom: Alter, Frauen und Männer

Christian Maier war gerade 18 Jahre alt, als ihn die Krankheit heimsuchte. „Das passierte rund um meinen 18. Geburtstag. An dem Tag ging alles los“, erinnert er sich an die Anfänge seiner GBS-Krankheit.

Experte PD Stettner berichtet über ein breites Altersspektrum der Betroffenen: „Das GBS kann alle Altersklassen betreffen – vom Kind bis zum Hochbetagten."

Es gibt zwei Altersgipfel bei GBS-Patienten, einen im frühen Erwachsenenalter und einen um das 60. Lebensjahr.

Die Schädigung und die Heilung hängen beim GBS eng zusammen – das liegt unter anderem an den ‚großen Fresszellen‘, im Fachjargon Makrophagen genannt: „Sie verursachen auf der einen Seite einen Teil des Schadens, auf der anderen Seite räumen diese Immunzellen aber nach der Entzündung den ‚Zellschrott‘ und die Reste der Isolierschicht aus dem Nerv und schaffen somit die Grundlage, dass der Nerv wieder heilen kann. “

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Guillain-Barré-Syndrom: Mortalität, Komplikationen und Rückfallrisiko

Es war knapp bei Christian Maier, wie er uns im Gespräch erzählt. „Größtenteils“ hätten ihn die Ärzte über die Risiken aufgeklärt: „Was sie mir aber nicht gesagt haben, sondern nur meiner Mutter: dass sie nicht wüssten, ob ich die kritischste Nacht überstehen würde. Davon wusste ich nichts und das stand für mich auch nie zur Debatte.“ Allerdings ist der Tod von GBS-Patienten durchaus im Bereich des Möglichen.

Die Mortalitätsrate bei GBS-Patienten liegt laut Neurologe Stettner zwischen 5% und 15%. Das Guillain-Barré-Syndrom kann lebensbedrohlich sein, wenn es nicht behandelt werde. Gefährlich sei es für Patienten, wenn neben das autonome Nervensystem (Herzrhythmus oder die Engstellung der Blutgefäße) und die Atemmuskulatur betroffen sind. Falls die Atmung zu schwach wird, kann das durch eine unterstützende Beatmung oder eine vollständige Maschinenbeatmung ausgeglichen werden. Komplikationen können beim GBS den Verlauf verkomplizieren, diese können zum Beispiel sein:

  • Herzrhythmus gerät außer Takt
  • Thrombosen
  • Lungenentzündungen
  • Lungenembolien

„All das erhöht die Wahrscheinlichkeit, an der Erkrankung zu versterben“, gibt der Oberarzt zu bedenken. Das Rückfallrisiko bei GBS sei jedoch gering. In Einzelfällen besteht jedoch kein GBS, sondern eine chronische Variante einer Nervenentzündung, eine sogenannte CIDP (Chronische Inflammatorische Demyelinisierende Polyradikuloneuropathie). Die beiden Erkrankungen sind manchmal zu Beginn der Erkrankung nicht eindeutig zu unterscheiden.

GBS: Therapie nach der Erkrankung

"Folgeschäden der Krankheit können durchaus zurückbleiben", sagt Stettner, "bei 20-30% der Patienten ist dies der Fall. Bei den meisten Patienten bilden sich die Lähmungen unter intensiver Physiotherapie langfristig zurück.“ Wie lief es beim ehemaligen GBS-Patienten Christian ab?

Nachdem die Atemaussetzer wieder aufgehört hätten, sei es erst einmal nur langsam wieder bergauf gegangen: „Es hieß, ich hätte zwischendurch undeutlich gesprochen, aber das habe ich selbst nicht bemerkt. Dass es richtig bergauf geht, merkte ich erstmals in der Reha.“ Dort habe es damit angefangen, dass er seine Arme wieder bewegen und sich selbst drehen konnte. „Das war ein unglaubliches Gefühl, als ich nicht mehr jedes Mal jemanden holen musste, der mich umbettet. Du kannst keine Nacht nur in einer Position liegen, sonst tut dir alles weh“, erinnert er sich.

Die Reha habe nach einem Krankenhausaufenthalt von 4-6 Wochen begonnen. Als Patient war er „in Gailingen am Hochrhein, direkt an der Schweizer Grenze, im Hegau-Jugendwerk. […] Dort war ich dann bis Anfang April, nach den Osterferien bin ich wieder in die Schule gegangen“. Er erzählt aber auch von einem weiteren GBS-Patienten in seinem Alter, „bei dem die Beschwerden viel langsamer weggingen“.

„Die Mitarbeiter mussten mich sogar etwas einbremsen, da ich einen sehr günstigen Verlauf hatte und es vergleichsweise sehr, sehr schnell ging“, weiß er zu berichten. Anfangs sei er wegen der wochenlangen Lähmung schließlich noch sehr pflegebedürftig gewesen – denn Essen konnte er im Krankenhaus nicht mehr. „Ich habe nur noch 49 Kilo gewogen – bei einer Körpergröße von 1,76 m.“ Seine erste Nahrung habe daher vor allem aus Brei bestanden.

Neben der Pflege habe er in der Guillain-Barré-Syndrom-Reha täglich Physiotherapie, Ergotherapie und sonstiges Training gehabt. „Am Anfang war ich auch noch bei einer Logopädin. […] Bei der Frühmobilisation wurde ich wieder fitgemacht, damit ich Alltagsdinge wie mich umziehen, essen oder auf die Toilette gehen wieder selbst machen konnte“, beschreibt er den Alltag in der Reha-Einrichtung. „Da ich anfangs praktisch gar keine Muskeln mehr hatte, musste ich aber alles wieder lernen, auch das Laufen. Das kann man sich gar nicht vorstellen, wie schwer das ist - zum Beispiel das Gleichgewicht zu halten. Das konnte ich am Anfang einfach gar nicht und fühlte mich, als ob ich umfallen musste. Im Alltag scheint vieles so einfach, obwohl es eigentlich richtig schwer ist“, erinnert er sich an die GBS-Therapie.

Nach einer GBS-Erkrankung müssen viele Patienten auch das Laufen wieder lernen (Symbolbild)
Nach einer GBS-Erkrankung müssen viele Patienten das Laufen neu lernen (Symbolbild) Foto: kzenon/iStock

Die Physiotherapeutin sei über seinen GBS-Verlauf erfreut gewesen. Maier berichtet von einem Klemmbrett samt Liste mit fast 30 Punkten, die er wieder können sollte: „Der letzte war, einbeinig aus dem Sitzen im 90-Grad-Winkel wieder aufzustehen – mit beiden Beinen, und selbst das hat geklappt. Das war knapp 4 Wochen, nachdem ich gerade mal so frei stehen konnte. Zwischendurch musste er mit dem Rollstuhl fahren lernen oder „diese kurze Flugphase, die man während des Joggens hat.“

Insgesamt blickt Christian sehr positiv auf die Zeit zurück, gibt aber auch zu, dass er sich am Anfang unwohl gefühlt habe und nicht ins Hegau-Jugendwerk wollte. „Das hat sich aber schnell gegeben und ich war sehr gern dort. […] Ich habe außerdem gemerkt, dass ich im Gegensatz zu vielen anderen Patienten dort privilegiert war und die Aussicht hatte, dass die Folgen meiner Erkrankung wieder verschwinden“, beschreibt er den Wandel seiner Gefühle.

Späte Folgen habe er zudem kaum gespürt – außer beim Sprinten und mit dem Sprunggelenk. „Ich konnte noch lange danach nicht mehr so schnell sprinten wie vor der GBS-Erkrankung, vielleicht auch dauerhaft. […] Aber an sich hatte ich ab April oder Mai keine Einschränkungen mehr“, berichtet Christian.

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Guillain-Barré-Syndrom: Corona hat einige Auswirkungen

In Zeiten der Coronapandemie lässt sich laut Stettner auch nicht leugnen, dass die Auswirkungen des Coronavirus auch das GBS-Syndrom betreffen. „Es gab Berichte, dass SARS-CoV-2 ein GBS auslösen kann. Allerdings kann das GBS durch viele Triggerfaktoren ausgelöst werden. Impfungen, Infektionen, Traumata oder Schwangerschaften können alle zum GBS führen“, beschreibt er das Spektrum der möglichen Auslöser.

Hinsichtlich der Impf-Empfehlung gebe es für ehemalige GBS-Patienten keine Einschränkungen, wie der Neurologe sagt. „In der akuten Krankheitsphase würde man nicht impfen und die Impfung nach hinten schieben“, schränkt er allerdings ein.

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Guillain-Barré-Syndrom: Erfahrungsbericht folgt eindeutiges Fazit

Dass er innerhalb weniger Tage gelähmt war und fast gestorben wäre, hat Christian Maier nachhaltig geprägt. Das liest sich auch in der Antwort auf die Frage, was er aus seiner Guillain-Barré-Erkrankung gelernt habe: „Es kann einfach jederzeit vorbei sein, damit muss man rechnen. Das verdrängt man über die Jahre wieder ein bisschen und nimmt das Leben als gegeben an. Ich habe für lange Zeit jeden Aufzug, jede Rolltreppe gemieden, wenn es nur irgendwie ging, und bin zu Fuß gegangen, weil ich so happy war, dass ich einfach laufen konnte. Es ist für die meisten etwas Selbstverständliches, und erst wenn man es nicht mehr kann, merkt man, was einem fehlt.“

Zu den Personen:

Privatdozent Dr. med. Dr. rer. nat. Mark Stettner ist Leiter der Poliklinik und Oberarzt an der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Essen. Er arbeitet als Arzt und Wissenschaftler und forscht mit seinem Team an entzündlichen Erkrankungen des peripheren Nervensystems wie dem GBS.

Christian Maier (Name geändert) erkrankte im Alter von 18 Jahren am Guillain-Barré-Syndrom. Nach rund vier Monaten in Krankenhaus und Reha konnte er wieder nach Hause zurückkehren. Er ist heute 35 Jahre alt und vollständig genesen.

Artikelbild und Social Media: Dr_Microbe/iStock

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