Kein Tindergarten mehr

"Ich mach Schluss!"

Eigentlich würde man denken, dass erwachsene Menschen auch ein erwachsenes Verhalten an den Tag legen. Beim Online-Dating gelten die Regeln des zwischenmenschlichen Miteinanders und Respekts aber nicht. Der letzte Teil der Online-Dating-Kolumne. Spoiler: Für ein happy end gehst du lieber ins Kino. 

Tinder-Kolumne: Ich mach Schluss!
Ein Date nach dem anderen und am Ende blieb nur Herzhack. Foto: Andrii Yalanskyi / iStock
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Er respektiert dich, weiß es, seine Bedürfnisse klar zu kommunizieren und käme nie auf die Idee mit deinen Gefühlen zu spielen? Herzlichen Glückwunsch, du hast die Fata Morgana unter den Online-Dating-Gewinnen gezogen. Oder um es anders auszudrücken: Pass auf dich auf, man wird dir wehtun.

Die Online-Dating-Kolumne: 

Mittlerweile habe ich mich schon daran gewöhnt, dass das „sich nicht melden“ nach dem ersten Date unter Online-Datern normal ist. Wird bei vier bis fünf Dates im Monat tatsächlich schon zum Nebenjob. Ich musste lernen, dass die eindeutige Abfuhr darin besteht, wenn das Match in der App nur wenige Minuten nach dem Date aufgelöst wurde.

Nach Hause kommen, die App öffnen und dann enttäuscht feststellen, dass all seine Nachrichten plötzlich verschwunden sind. Möglicherweise wollte er mir ja eigentlich schreiben, wie toll alles war und hat sich einfach nur verklickt? Nein, hat er nicht.

Das Daten verunsichert mich

Je mehr ich über Dating Apps date und den ein oder anderen Griff ins Klo hingelegt habe, verändere ich mich. Habe ich mich am Anfang noch über das plötzliche Unmatchen geärgert, tat ich es bald selbst (ja, nicht cool). Doch selbst, wenn es zum näheren Kennenlernen kommt, bin ich unsicher. Ich! Die, die immer die größte Klappe hat.

Mich jemandem öffnen und zeigen, dass ich ihn mag? Niemals, es könnte ja wehtun, wenn er sich nach fünf Dates dann nicht mehr bei mir meldet. Ihn einfach mal darauf ansprechen, was das mit uns denn ist, jetzt wo wir uns seit drei Monaten mindestens zwei Mal die Woche sehen? Also bitte, ich lasse mir doch nicht mein schönes Gefühlsschloss kaputt machen. Lieber werfe ich mein Herz zur Rush Hour auf die Willy-Brandt-Straße. Tut sicherlich weniger weh als mal wieder zu erfahren, dass er mich „voll lieb“ hat, aber er doch erst vor drei Jahren aus der letzten Beziehung kam und „nicht schon wieder bereit ist für was Ernstes“.

Dieser Artikel ist Teil von #wunderbarECHT, eine Aktion für mehr Authentizität im Netz. Sei dabei!​

Das Traurige: Wenn ich mich mit Freunden über die emotionalen Schmerzen des Online-Datings unterhalte, haben alle ähnliche Geschichten zu erzählen.

  • "Er hat sich plötzlich nicht mehr gemeldet."
  • "Sie hat mich monatelang warm gehalten."
  • "Er schreibt nicht mehr, guckt aber ständig meine Instastories an."

Ich swipe mir die Welt, wie sie mir gefällt

Versteh' mich nicht falsch: Man kann niemanden zu Gefühlen oder einer Beziehung zwingen. Aber dann kann man das doch einfach offen kommunizieren. Stattdessen stellt man sich lieber tot. Warum findet man so ein asoziales Verhalten insbesondere auf Dating Apps? Manchmal habe ich das Gefühl, die Menschen swipen sich die Welt, wie sie ihnen gefällt. Ist doch alles nur Spaß, no strings attached. Der Kick vom nächsten Match macht’s möglich sich gar nicht mehr intensiv auf Leute einzulassen, es könnte ja jemand Besseres um die Ecke kommen. Neudeutsch heißen diese Methoden, die mit den Gefühlen beim Dating spielen: Ghosting, Benching und Orbiting. Ich hab‘ da noch einen anderen Vorschlag: Hurting.

Nachdem mein Herz durch den Fleischwolf gedreht wurde, habe ich alle Dating-Apps auf meinem Handy gelöscht. In drei Wochen lesen wir uns vermutlich wieder. Wenn die nächste Hochzeitseinladung reinflattert oder ich wieder nur inszenierte Pärchen-Bilder auf Insta sehe. Bis dahin.