Wie schön!

Jutta Speidel: Ihr großes Glück mit 70 Jahren!

Sie ist für ihre Art beliebt. Nun erzählt Jutta Speidel im "tina"-Interview, wie sie auch mit 70 Jahren glücklich ist.

Jutta Speidel: Ihr großes Glück mit 70 Jahren!
Foto: Tristar Media/Getty Images
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Die Schauspielerin Jutta Speidel ist gerade 70 geworden.
Im "tina"-Interview verrät sie ihr Glücks-Geheimnis und warum sie nie die Lust am Arbeiten verliert.

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Jutta Speidel im Interview: "Amaryllis" als erster Roman

Sei es als Charlotte in „Drei sind einer zu viel” oder als Nonne in „Um Himmels Willen” – Jutta Speidel ist aus dem deutschen Fernsehen nicht wegzudenken. Nicht nur die Schauspielerei begeistert sie, in der Vergangenheit sind schon einige Bücher von ihr erschienen. Während „Zwei Esel auf Sardinien” oder „Wir haben gar kein Auto …” autobiographisch sind, veröffentlichte sie mit „Amaryllis” nun ihren ersten Roman.

tina: Worum geht es in Ihrem ersten Roman?

Jutta Speidel: „Amaryllis“ erzählt die bewegende Lebensgeschichte einer Frau, die davon träumt, als große Artistin und Clownin in einer Männerdomäne berühmt zu werden. Um ihren Mann, einen erfolgreichen Artisten, zu unterstützen, stellt sie ihren Traum hintenan. Doch eines Tages erhält sie ihre Riesenchance, aus ihrer Rolle hinterm Vorhang in das Rampenlicht der Manege zu treten.

Warum benannten Sie den Roman nach einer Blume?

Jutta Speidel: Die Amaryllis ist eine widerstandsfähige Blume mit prächtigen Blüten, aber eben auch längeren Ruhephasen. Sie ist für mich das Sinnbild einer menschlichen Entwicklung. Manchmal braucht man Geduld und viel Pflege, bis etwas besonders Schönes zum Vorschein kommt. So wie bei meiner Roman-Heldin: Sie stellt ihr außergewöhnliches Talent für die große Liebe sehr lange hintan und lässt es erst spät zur vollen Entfaltung kommen – aber dann so richtig!

Haben auch Sie Träume, die Sie lange Zeit zurückgestellt haben?

Jutta Speidel: Ich habe immer große Träume gehabt. Schon als Neunjährige beschloss ich, dass ich eines Tages als Schauspielerin auf der großen Bühne stehen möchte. Das hat auch gar nicht so lange gedauert. Mit 15 bekam ich bereits meine erste Rolle als Komparsin in „Die Lümmel von der ersten Bank“. In meinem Kopf war aber auch immer: Hollywood! Der Oscar ist wohl einer der Träume, die sich nicht mehr erfüllen werden…

Jutta Speidel: Karriere trotz wenig Marketing

War Ihr bisheriges Leben eher selbstbestimmt – oder vom Schicksal abhängig?

Jutta Speidel: Beides! Ich habe einen ziemlich guten Instinkt dafür, im richtigen Moment auf galoppierende Pferde aufzuspringen. Aber oft war ich auch von den Entscheidungen anderer abhängig. Ich verrate Ihnen ein Geheimnis: Obwohl ich gar nicht so aussehe und wirke, kann ich auch ein sehr scheues Reh sein.

Wie meinen Sie das?

Jutta Speidel: Ich bin überhaupt keine Angeberin! Mir liegt es nicht, anderen Menschen zu erzählen, wie toll ich bin. Da geniere ich mich schon, wenn ich nur darüber nachdenke. Ich war nie jemand, der sich aufgedrängt hat. Das wäre mir unangenehm. Es gibt Schauspielerinnen, die ins In-Lokal gerannt sind, um einem angesagten Regisseur persönlich davon zu überzeugen, sie für seinen nächsten Film zu besetzen. Das wäre unvorstellbar für mich. Wenn ich nicht persönlich eingeladen war, bin ich auch nicht hingegangen. Es ist eigentlich ein Wunder, dass ich trotz meines nicht besonders ausgeprägten Selbst-Marketings dennoch eine Karriere gemacht habe. Zumal ich auch noch eine wahnsinnig große Casting-Angst habe…

Das vermutet man bei Ihnen wirklich nicht!

Jutta Speidel: Das ist aber so! Für mich ist das Casting, also das Vorsprechen für einen Film, der größte Albtraum. Darin war ich immer schlecht und konnte mein wahres Können selten zeigen. Noch heute denke ich, wenn eine Einladung zu einem Casting für einen Film oder ein Theaterstück kommt: Oh Gott, jetzt muss ich wieder vorsprechen. Das kann ich gar nicht. Da brauche ich gar nicht erst hinzugehen, die Rolle kriege ich eh nicht.

Jutta Speidel: Alter ist eine unabhängige Zahl

Ende März sind Sie 70 geworden. 
Was macht die Zahl mit Ihnen?

Jutta Speidel: Ich habe kein richtiges Verhältnis zu dieser Zahl. Sie hat mit mir nichts zu tun, beschreibt mich gar nicht. Das wahre Alter eines Menschen zeigt sich meiner Meinung nach nicht an den Lebensjahren, sondern wie viel ich körperlich und geistig noch zulasse. Es gibt junge Menschen, die wirken bereits furchtbar alt. Ich glaube, ich habe mir die Verspieltheit und die Neugier eines Kindes bewahrt und verfüge über die Unternehmenslust eines Teenagers. Ich gehe weiterhin mit offenen Augen durch die Welt und lasse meine Kreativität auf keinen Fall eindämmen. Langeweile war und bleibt für mich ein Fremdwort. Ich habe so viel um die Ohren, ich habe gar keine Zeit zum Älterwerden.

Sie schreiben Bücher, arbeiten als Schauspielerin und engagieren sich mit Feuereifer für Ihre gemeinnützige Initiative „HORIZONT“, was bereits ein Fulltime-Job ist. Sie könnten es doch auch ab sofort ruhiger angehen lassen – warum tun Sie sich diesen ganzen Stress noch an?

Jutta Speidel: Ganz ehrlich? Das sind alles Dinge, die ich unendlich gerne mache, die ich wahnsinnig spannend finde und die mein Leben bereichern. Wie blöd müsste ich sein, wenn ich jetzt nur noch die Füße hochlegen würde? Ich glaube, wenn ich anfange, auf der Couch Kreuzworträtsel zu lösen, dann muss man wirklich Alarm schlagen und sich Sorgen um mich machen. Um Himmels Willen, dann ist es bald vorbei mit mir!

Was können Sie heute mehr genießen als früher noch?

Jutta Speidel: Viele jammern über das Alter – ich finde es großartig! Je älter ich werde, desto entspannter werde ich. Warum? Weil ich mir weniger Gedanken machen muss als früher. Als junger Mensch hast du noch viel mehr zu grübeln, weil du auf ungewohnte Situationen oder Personen triffst, die neu für dich sind. Mit den Jahren hat man bereits vieles schon einmal erlebt oder durchdacht und Lösungen parat. Es ist alles nur noch halb so wild, weil man auf einen großen Schatz an Lebenserfahrungen zugreifen kann. Außerdem spüre ich im Alter weniger Druck. Ich muss nicht mehr auf Bäume klettern und einen Salto rückwärts runter machen. Das habe ich schon längst hinter mir! Ich klettere immer noch auf Bäume, aber den Salto lasse ich inzwischen weg… (lacht)

Sie wirken mit fast 70 so zufrieden und ausgeglichen wie nie zuvor. Wie lautet Ihr Glücks-Geheimnis?

Jutta Speidel: Ich war schon immer ein großer Kindskopp und kann es auch heute noch sein. Ich bin authentisch und gehe selbstbewusst und entspannt mit meinen Lachfalten um. Die Lust auf das Abenteuer Leben hat bei mir nie nachgelassen. Essen, trinken, die Natur und gute Gespräche mit wunderbaren Menschen genießen und mich für die gute Sache einsetzen – das ist für mich pure Lebenslust. Ich setze mir keine Limits und lass es auch mit 70 noch so richtig krachen!

Interview: Benjamin Cibach / Redaktion tina

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