Penisknochen: Warum Männer ihn verloren haben
Im Laufe der Evolution haben Männer ihren Penisknochen verloren. Der Grund dafür soll das Paarungsverhalten der Menschen sein.
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Der Penis des Mannes ist ohne Knochen. Aber der Penisknochen ist Realität - bei Hunden und anderen Säugetieren. Doch was ist das genau und wozu ist das sogenannte Baculum eigentlich gut?
Was ist ein Penisknochen? Hund & Co. haben das Baculum
Es gibt große Penisse, kleine Penisse und sogar ein Frenulum. Doch was der menschliche Penis nicht hat, das ist ein Knochen. Doch erstmal alles von Anfang:
Vor etwa 95 Millionen Jahren hat sich bei Säugetieren der Penisknochen (lat. Os penis oder Baculum) entwickelt. Vor 50 Millionen Jahren hatten ihn also auch Primaten - unsere Vorfahren. Hunde, Katzen, Bären und viele andere Tiere haben bis heute einen Knochen im Penis, genauer gesagt eine Verknöcherung oder Verknorpelung des Schwellkörpers. Wobei die Spitze des Penis oft erst bei ausgewachsenen Tieren verknöchert.
Der Penisknochen kann bis zu 60 Zentimeter (z.B. beim Walross) lang werden. Allerdings können sie auch winzig klein sein, wie etwa bei Schimpansen, bei denen er nur einige Millimeter lang ist. Bei Makaken allerdings ist der Penisknochen rund fünf Zentimeter lang - was im Verhältnis zu ihrem kleinen Körper beachtenswert ist.
"Anders als die übrigen Teile es Knochensystems ist der Penisknochen jedoch nicht durch Gelenke, Muskeln und Bänder mit dem Skelett verbunden", erklärt Jesko Wilke in seinem Buch "Guten Morgen, Latte!" (Wilke: Guten Morgen, Latte!, S. 29). "Er dient ausschließlich der passiven Versteifung des Gliedes."
Wie einen Knochen im Penis von Säugetier-Männchen gibt es bei einigen Säugetier-Weibchen wie dem Orang-Utan, Gibbons, diversen Bären, Fledermäusen, Meerschweinchen oder auch Eichhörnchen den Klitorisknochen (lat. Os clitoris oder Baubellum). Der Knochen befindet sich im Klitorisschwellkörper. In wenigen Fällen ist statt einer Verknöcherung auch eine Verknorpelung möglich. Ein Klitorisknochen bedeutet allerdings nicht, dass beim Männchen zwangsläufig ein Penisknochen vorhanden sein muss.
Beim Menschen kann der Knochen im Penis nur durch Krankheiten wie die Peyronie-Krankheit, einer Art der Penisverkrümmung, auftreten - und auch da nur sehr selten.
Os penis: Was sind die Vor- und Nachteile vom Penisknochen?
Die gut bestückten Makaken haben Forschungen zufolge (relativ) lange Sex. Damit die Erektion während der durchschnittlich drei Minuten andauernden Penetration nicht erschlafft, haben die Äffchen einen langen Penisknochen. Aber auch bei anderen Tieren gibt es das Baculum aus rein praktikablen Gründen, wie Wilke erklärt: "Seine Besitzer kommen im Bedarfsfall blitzschnell zur Sache kennen keine Erektionsprobleme und glänzen mit dauerhaftem Stehvermögen." (Wilke: Guten Morgen, Latte!, S. 29) Volker Wittmann und Oliver Stöwing streichen in ihrem Buch "Gut aufgestellt!" zudem heraus, dass das Baculum recht praktisch sei: "Das Männchen kann seinen Samen nicht nur nah an der Gebärmutter platzieren, der Knochen ist auch eingebautes Viagra." (Stöwing/Wittkamp: Gut aufgestellt! Alles über den Penis, S. 36)
Neben dieser "Stützfunktion" dient der Penisknochen auch dem Männlichkeitsbeweis unter den Männchen. Schließlich sind Penisse mit Penisknochen auch allzeit bereit, mit der Begattung eines Weibchens loszulegen - durch das Baculum brauchen sie nicht erst stimuliert zu werden.
Zudem legt eine 2015 (an Fledermäusen) durchgeführte Studie nahe, dass das Baculum auch die Harnröhre während der Paarung schützt.
Doch auch ein fehlender Penisknochen bringt Vorteile mit sich - jedenfalls für den Nachwuchs. So dauert bei Schimpansen (die Affenart mit dem winzigen Baculum) der Sex nur sieben Sekunden - weil unter Schimpansen akzeptierte Polygamie herrscht, die Weibchen also sich mit möglichst vielen Schimpansen-Männchen aus der Gruppe paaren. Nicht etwa, weil sie leicht zu haben wären, sondern um die daraus entstehenden Schimpansen-Babys vor den Männchen zu schützen: Da jeder der potentielle Vater des Babys sein könnte, tun sie ihm nichts - es könnte schließlich ihr eigener Nachwuchs sein.
Knochen im Penis: Warum haben Männer kein Baculum (mehr)?
Der menschliche Penis hat keinen Knochen, wie auch Prof. Dr. Frank Sommer & Oliver Bertram in "Das Men's Health Penis-Buch" erklären: "Er besteht aus verschiedenen Gewebearten und kommt bei Menschen im Gegensatz zu einigen (Säuge-)Tierarten ganz ohne knöcherne oder knorpelige Strukturen aus." (Sommer/Bertram: Das Men's Health Penis-Buch, S. 10)
Doch das Fehlen des Knochens im Penis des Mannes ist keine Sache, die schon immer so war. "Im Laufe der Evolution ging eine bestimmte DNA-Steuersequenz verloren, was zum Verlust des Penisknochens führte", erklärt Jesko Wilke die Erkenntnisse von Forscher*innen der Stanford University im Wissenschaftsfachblatt "Nature". (Wilke: Guten Morgen, Latte!, S. 29)
Das Menschen-Männer keinen Penisknochen haben, stellt eher eine Ausnahme im Tierreich dar. Außer bei Menschen fehlt das Baculum nur noch bei Sulawesi-Koboldmakis, wenigen Klammerschwanzäffchen, Walen, Seekühen, Elefanten sowie Huf-, Kloaken- und Beuteltieren. Alle anderen Säugetiere haben einen Penisknochen. Stöwing/Wittkamp meinen, dass das Fehlen des Knochens für Weibchen einen entscheidenden Vorteil habe: "Es paart sich nur mit gesunden, angstfreien Männchen, für die eine reine Schwellkörpererektion kein Problem ist." Allerdings käme inzwischen ja das Viagra der Natur zuvor... (Stöwing/Wittkamp: Gut aufgestellt! Alles über den Penis, S. 36-37)
Die Anthropologen Matilda Brindle und Christopher Opie vom University College in London haben ihrer Aussage nach eine Verbindung zwischen dem Paarungsverhalten der Tiere und dem Penisknochen festgestellt. Unter Menschen hat sich den Forscher*innen zufolge in der Fortpflanzung die Monogamie durchgesetzt. Und das sei nicht nur in der modernen Gesellschaft so, sondern schon vor rund 1,9 Millionen Jahren geschehen.
Ob das mit der Monogamie wirklich so ist, darf heute in Zweifel gesetzt werden - denn der Stand der Wissenschaft besagt eigentlich, dass Monogamie eine gesellschaftliche Erfindung ist. Ob das also wirklich der Grund fürs Verlieren des Os penis ist, sei mal dahingestellt.
Diese "Monogamie" heißt laut den Wissenschaftler*innen folglich auch: weniger Wettbewerb unter den Männchen. Das könnte wiederum bedeuten, dass mit "Monogamie" gemeint ist, dass der Konkurrenzdruck nicht mehr so stark gegeben ist, wie es vielleicht einmal war - der Mann müsste demnach nicht mehr "wie die Primaten allzeit bereit sein" (Wilke: Guten Morgen, Latte!, S. 29) - und hat den Sex mit seiner Partnerin eher alleine als in der Gruppe.
Jedenfalls ist die Aussage von Brindle und Opie: Der Nutzen des Penisknochens sei nicht mehr gegeben gewesen. Die Partnerin sei stets an der Seite des Mannes, sodass er sie ständig begatten kann - jedenfalls theoretisch - und der Sex im Sinne der Evolution also gar nicht lange dauern brauche. Frei dem Motto: sich mehrmals kurz zu paaren sei genauso gut, wie eine einzige lange Paarung - die Quantität hätte die Qualität also besiegt...
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Quellen
Sommer, Frank/Bertram, Oliver (2018): Das Men's Health Penis-Buch. Mehr Gesundheit, Potenz und Spaß im Bett. Südwest Verlag, München.
Stöwing, Oliver/Wittkamp, Volker (2023): Gut aufgestellt. Alles über den Penis. Piper Verlag, München.
Wilke, Jesko (2018): Guten Morgen, Latte! Wilhelm Goldmann Verlag, München.
Artikelbild und Social Media: Nastasic/iStock (Themenbild)