Probleme beim Geschlechtsverkehr

Lost Penis Syndrom: Ist meine Vagina zu weit oder ist sein Penis zu klein?

Beim Lost Penis Syndrom kommt es dazu, dass die Frau den Penis nicht richtig in der Scheide spüren kann und der Mann keine Reibung in der Vagina spürt. Wir erklären dir, wie es zu dem Phänomen kommt und was man dagegen tun kann.

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Beim Sex wollen wir Spaß, Lust und Genuss - doch manchmal kommt es leider nicht dazu. Kann die Frau den Penis des Mannes nicht spüren und er die Vagina seiner Sex-Partnerin nicht, wird oft vom Lost Penis Syndrom gesprochen. Was sich dahinter verbirgt, welche Ursachen es haben kann und was ihr nun tun könnt.

Was ist das "Lost Penis Syndrom"?

Es gibt mehrere Gründe für das sogenannte Lost Penis Syndrom, wobei der Begriff einseitig ein Phänomen beschreibt, für das es mehrere Ursachen gibt, für die auch Männer verantwortlich sein können - nicht nur Frauen.

Wenn eine Scheide sehr weit oder der Beckenboden geschwächt ist, kann es dazu kommen, dass der Penis während des sexuellen Aktes nicht in der Vagina zu spüren ist. Es entsteht keine Reibung, die zu den lustvollen Gefühlen beim Sex führt. Das gilt nicht nur für die Frau, der Mann stößt mit seinem Penis auf keinen Widerstand, wodurch er erschlaffen kann. Es entsteht auf beiden Seiten das Gefühl, als wäre das Glied in der Scheide verloren (gegangen), wie das Wort Lost Penis Syndrom auch bezeichnend sagt.

Allerdings geht der Begriff am Kern der Wahrheit vorbei, denn es liegt mitnichten allein an der Frau, dass das Problem auftritt. Zudem wird der Begriff in der Wissenschaft eher selten verwendet, hat also keinen wirklich medizinischen Hintergrund. Er ist eine subjektive Beschreibung des Zustands, dass das Gefühl bei der vaginalen Penetration von beiden Seiten nicht mehr wie gewohnt in der Vagina gespürt wird. Letztlich taucht der Begriff oft im Zusammenhang im Kreise der sexuellen Dysfunktionen auf. Damit ist beispielsweise gemeint, wenn ein Mann keine (stabile) Erektion bekommt oder frühzeitig oder verzögert ejakuliert.

Weite Vagina oder kleiner Penis: Ursachen des Lost Penis Syndroms

Zum Lost Penis Syndrom kann es durch Schwächungen der Beckenbodenmuskulatur kommen, aber auch, wenn der Penis klein ist oder Erektionsprobleme beim Mann vorliegen. Die Stärke der Muskulatur beeinflusst die Enge eine Vagina stark. Durch eine geschwächte Beckenbodenmuskulatur wird die Vagina sehr elastisch.

Wichtig: Eine Vagina kann nicht durch zu viel Sex oder einen zu großen Penis ausleiern, ebenso wenig kann das Phänomen des Lost Penis Syndroms durch "Konzentration auf das Wesentliche" wieder verschwinden. Das ist Unsinn, geistert aber leider immer noch durch die Gesellschaft.

Zur Schwächung des Beckenbodens kann es zum Beispiel in der Menopause, aber auch nach der Geburt eines Kindes kommen. Hier werden die Muskelbänder manchmal überdehnt. Mangelnde Rückbildung kann das Lost Penis Syndrom zur Folge haben, mit Rückbildungstraining und Beckenbodentraining ist die Ursache aber oft - nicht immer - behoben, doch später mehr dazu.

Auch Probleme, die bei einer Geburt auftreten können, wie zum Beispiel ein Dammriss, können die Elastizität der Beckenbodenmuskulatur stark beeinflussen. Bei einem Dammriss passiert nämlich etwas, das die Muskulatur im Unterbauch je nach grad besonders schwer in Mitleidenschaft zieht. Laut Dr. med. Martina Lenzen-Schulte, Autorin des Buches "Untenrum offen - Der Beckenboden nach der Geburt", haben dänische Forscher*innen einen Zusammenhang zwischen dem Schweregrad der Verletzung und der Beeinträchtigung des Geschlechtsverkehrs gefunden. Oft haben Betroffene als Folge Schmerzen beim Sex, das Gefühl, ständig auf Toilette zu müssen, die Angst vor Inkontinenz oder den Verlust der Libido als Konsequenz der Angst, etwas der vorherigen Dinge könnte eintreten. Letztlich beschreibt Dr. Lenzen-Schulte die Situation so: "Der Sex ist nach einer Geburt, die den Beckenboden beschädigt hat, nicht mehr derselbe wie davor."

Die sexuelle Funktionsstörung kann jedoch auch neurologische und genetische Ursachen haben. Dadurch kann es im Verhältnis zum Penis dazu kommen, dass die Vagina recht weit ist und so die Freude am Sex verloren geht.

Doch wie schon erwähnt, kann der Ursprung des Problems genauso auch beim Mann liegen, wenn der Penis eher klein ist. Doch ab wann gilt ein Penis überhaupt als "klein"? Ist der Penis nicht erigiert, gilt eine Größte unter 5 cm als "klein", im Durchschnitt ist er allerdings 8,6 bis 10,7 cm lang. Hier kommt es aber auch auf den Unterschied zwischen Fleisch- und Blutpenis an. Letzterer wird bei einer Erektion deutlich größer, während ersterer nicht mehr wirklich große Sprünge zwischen Erektion und schlaffem Zustand zeigt. Der Umfang liegt beim erigierten Penis bei ca. 11,66 cm an der dicksten Stelle. Diese ganzen Zahlen haben aber auf die sexuelle Gewandtheit und das "Können" letztlich keine Auswirkung.

Trotzdem gibt es den Fall, dass das Verhältnis von Penis zu Vagina sehr ungünstig ist. Das kommt nur selten vor und vor allem, wenn Männer einen sogenannten Mikropenis haben, der erigiert 7,5 cm oder kleiner ist. Neben Problemen beim Urinieren ist Geschlechtsverkehr für Männer die Männer oftmals problembehaftet.

Eine weitere Ursache auf Seiten der Männer ist die Erektile Dysfunktion. Dabei hat der Mann Probleme, eine Erektion zu haben oder sie über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten. So wird der Penis irgendwann zu weich, um die Vagina zu penetrieren & stimulieren. Selbst wenn es anfänglich klappen sollte, kann es schnell dazu kommen, dass der Penis erschlafft und sich quasi aus dem Liebesspiel verabschiedet. Die Gründe können sowohl körperlicher Natur (z.B. bei durch starkes Übergewicht), aber auch psychisch begründet sein, dazu später mehr.

Orgasmus-Probleme bis zu Depressionen – so schwerwiegend können die Folgen sein

Wie so oft bringt ein körperliches Problem bei beiden Geschlechtern auch weiteres Unheil mit sich. Denn wenn Paare unfreiwillig wenig Sex haben, weil es einfach nicht läuft mit dem "verlorenen Penis" oder der "weiten Scheide", bleibt oft ein Orgasmus aus und somit die Befriedigung. Auf Dauer kann das Lost Penis Syndrom zum Problem für die Beziehung werden - und das Thema hat auch die Kraft, die Verbindung am Ende in sich zusammen fallen zu lassen.

Neben der Gefahr für die Beziehung können bei allen Geschlechtern Gefühle von Minderwertigkeit auftreten, ebenso wie eine Störung der Libido. Zudem sind Erektionsprobleme nicht nur eine der Ursachen, sie können auch als Folge des Lost Penis Syndroms auftreten. Ebenso möglich sind in der Konsequenz der Erkrankung Depressionen.

Lost Penis Syndrom: Was hilft?

Da die Ursachen individuell sind, muss die Gynäkologie bzw. Urologie klären, was die Gründe der Funktionsstörung sind. Also am besten mal einen Termin in der Praxis deines Vertrauens vereinbaren.

Wichtig ist es zu wissen, dass es sich bei den Phänomenen rund ums Lost Penis Syndrom in fast allen Fällen nicht um irreparable Dinge handelt. Das Problem ist behandelbar und lässt sich so überwinden. Es ist aber notwendig, dass sich Liebespartner darüber unterhalten und gemeinsam eine Lösung finden.

Meist entsteht das Lost Penis Syndrom jedoch als Folge einer Beckenbodenschwäche nach der Geburt. In diesem Falle fehlt es der Beckenbodenmuskulatur an Grundspannung, was durch Beckenbodentraining behoben werden kann. Vier Monate nach der Entbindung sollte mit dem Trainieren des Beckenbodens begonnen werden.

Liebeskugeln gegen Beckenbodenschwäche - so geht's!

Wenn das Trainieren des Beckenbodens keine Besserung bringt, können Medikamente helfen, die eine Anspannung der Muskulatur fördern. Dazu solltest du aber vorher unbedingt mit einem Arzt*einer Ärztin sprechen.

Ist auch eine medikamentöse Therapie erfolglos und der Leidensdruck der Betroffenen sehr groß, kann eine operative Straffung (fälschlicherweise auch "Scheidenverjüngung" genannt) der Beckenbodenmuskulatur und der umliegenden Bänder vorgenommen werden. Intimoperationen sollten aber immer der letzte Ausweg sein und nur mit ausreichender Beratung und keinesfalls vorschnell durchgeführt werden.

Beckenbodenschwäche

In den meisten Fällen liegt dem Lost-Penis-Syndrom eine Beckenbodenschwäche zugrunde, die mithilfe des richtigen Trainings behoben werden kann. Hierfür gibt es natürlich auch einige Übungen, von denen wir dir ein paar vorstellen möchten. Dazu brauchst du manchmal ein paar Gegenstände, wie eine Trainingsmatte, einen Pilatesball, etc. Einige Übungen stammen aus dem Buch "Der kleine Beckenboden-Coach" von Franziska Liesner, in dem zahlreiche Übungen für den Beckenboden zu finden sind:

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Entlastungsbrücke in 6 Schritten
Foto: valentinrussanov/iStock

Entlastungsbrücke in 6 Schritten

Lege dich auf den Rücken und nimm einen Pilates-Ball zwischen deine angewinkelten Knie.

  1. Füße von dir weg andrücken, bis du einen Zug im unteren Becken spürst. Einige Atemzüge halten.

  2. Wiederholen, beim Ausatmen aber die Knie in den Ball drücken.

  3. Wiederholen und das Becken so hoch anheben, wie es nicht weh tut. Halten und dann wieder ablegen.

  4. Wiederholen und beim Ausatmen imaginären Reißverschluss vom Steißbein übers Schambein bis zum Bauchnabel schließen, Wirbel hochrollen und dabei den Po anheben. Halten und dann wieder ablegen.

  5. Wie Schritt 4, aber am Ende nicht direkt ablegen, sondern Wirbel für Wirbel langsam abrollen.

  6. Beckenboden, Po und Kiefer vollständig entspannen.

Diese Übung sollte insgesamt 10 Mal gemacht werden, wobei die ersten 6 Tage jeweils ein Schritt hinzukommt.

Saugnapf
Foto: Onfokus/iStock

Saugnapf

Für diese bürogeeignete Übung eignet sich bspw. ein Stuhl mit gerader Sitzfläche.

  1. Stell dir vor, du sitzt mittig auf einem Saugnapf. Atme tief ein.

  2. Atme aus und versuche dabei, den festgesaugten Saugnapf mit aller Kraft vom Stuhl zu lösen.

  3. Einatmen und langsam wieder entspannen.

Je nachdem, wie lange du diese Übung schon machst, empfiehlt Franziska Liesner bspw., die Übung 10x zu wiederholen (ab Woche 3).

Der Beckenboden setzt sich zuletzt
Foto: TuiPhotoengineer/iStock

Der Beckenboden setzt sich zuletzt

Diese einfache Übung ist ebenfalls fürs Büro und als Integration in den Alltag geeignet.

  1. Stelle dich mit dem Rücken zur Sitzfläche des Stuhls und atme ein.

  2. Sehr langsam beginnen auszuatmen und den After sehr stark zusammenziehen. Oberkörper nach vorne, Knie beugen und den Po auf die Sitzfläche setzen. Ausatmen Ende

  3. Einatmen und die Anspannung loslassen.

Mindestens 10x täglich, am besten bei jedem Hinsetzen und als Routine in den Alltag einbauen.

Keine volle Anspannung
Foto: Onzeg/iStock

Keine volle Anspannung

Diese einfache Übung kannst du ebenfalls als Alltagsroutine nutzen.

  1. Setze dich aufrecht hin und spanne den Beckenboden an, ohne die Körperöffnungen stark anzuspannen.

  2. Beckenboden in Richtung Bauch ziehen.

  3. Immer drei Einheiten mit etwa 15 Wiederholungen machen.

Fahrstuhl
Foto: Charday Penn/iStock

Fahrstuhl

Die Fahrstuhl-Übung heißt so, weil du dir das Anspannen des Beckenbodens wie einen Lift vorstellen sollst.

  1. Einatmen: Die Türen schließen sich und mit jedem Stockwerk spannst du den Beckenboden stärker an.

  2. Weiteratmen und immer weiter nach oben fahren.

  3. Oben angekommen die Spannung halten und kurz warten, bis sich die Fahrstuhltüren öffnen, dann ein- & ausatmen.

Zehn Wiederholungen, dann eine Minute Pause und das ganze Prozedere drei Mal machen. Die drei Serien kannst du bis zu 3x täglich wiederholen.

Erektionsprobleme

Erektionsprobleme haben vielfältige Gründe. All diese können eine Partnerschaft auf Dauer belasten - und zwar nicht nur auf Seiten der Männer. Auch für Frauen kann es Probleme geben, wenn der Partnern "keinen hoch kriegt", wie umgangssprachlich oft gesagt wird. Wie schon beschrieben und du dir sicherlich vorstellen kannst, ist das Liebesspiel mit einem zu weichen Penis nur bedingt oder eben auch gar nicht möglich.

Die Gründe für die erektile Dysfunktion reichen von Übergewicht über Durchblutungsstörungen bis hin zu psychischen Ursachen. Dazu schreiben Julia Velten und Umut C. Özdemir in ihrem Buch "Sexuelle Funktionsstörungen bei Männern": "Die meisten Störungen werden durch eine Vielzahl prädisponierender, auslösender und aufrechterhaltender Faktoren beeinflusst. Psychische und körperliche Faktoren können ebenso wie partnerschaftliche Einflüsse dafür sorgen, dass sexuelle Probleme entstehen bzw. einen chronischen Verlauf nehmen."

Sollte es also häufiger vorkommen, dass dein Partner zumindest beim Sex keinen erigierten Penis haben kann, sollte er sich besser einmal ärztlich untersuchen lassen. "Bei einem situativen Störungsbild tritt das Problem nur in bestimmten Situationen auf. Besonders häufig berichten Patienten davon, dass das Erlangen und Aufrechterhalten von Erektionen bei der Selbstbefriedigung und beim sog. Vorspiel unproblematisch sind, das Problem jedoch vor bzw. während penetrativem Geschlechtsverkehr auftritt. Leistungsdruck und Versagensängste wirken in diesen Fällen oft als aufrechterhaltende Faktoren", schreiben Velten und Özdemir.

Erektionsstörungen: 9 Ursachen, für die Frau nichts kann

Ohne das Gehirn kann keine Lust entstehen

Die Rolle des Kopfes beim Sex darf also nicht in Vergessenheit geraten. Schließlich ist der Geschlechtsakt mehr als der mechanische "Rein-Raus-Prozess" und das Gehirn die wichtigste erogene Zone. Gerade bei Frauen spielt der Kopf eine wichtige Rolle und es kann sein, dass sie nicht abschalten und sich voll und ganz auf den Sex einlassen können. Auch daraus kann resultieren, dass der Penis nicht richtig zu spüren ist.

Das Lost Penis Syndrom ist somit eine sehr individuelle sexuelle Funktionsstörung, die dadurch auch ganz unterschiedlich behandelt werden muss. Daher sollte immer eine Expertin*ein Experte zu Rate gezogen werden.

Artikelbild und Social Media: fizkes/iStock (Themenbild)

Quellen

  • Lenzen-Schulte, Martina (2022): Untenrum offen - Der Beckenboden nach der Geburt. Eden Books/Edel Verlagsgruppe, Hamburg.

  • Liesner, Franziska (2022): Der kleine Beckenboden-Coach. TRIAS in Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart.

  • Velten, Julia/Özdemir, Umut C. (2023): Sexuelle Funktionsstörungen bei Männern. Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Göttingen.

  • Gommesen, Ditte et al. (2019): Obstetric perineal tears, sexual function and dyspareunia among primiparous women 12 months postpartum: a prospective cohort study. In: https://bmjopen.bmj.com/content/9/12/e032368