Vagina nach Geburt: Wie verändert sich die Scheide wirklich?
Als ob eine bevorstehende Geburt für uns Frauen nicht schon aufregend genug wäre, machen wir uns auch noch Sorgen über unseren Körper danach. Viele Befürchtungen betreffen die Vagina: Verändert sie sich nach der Geburt dauerhaft? Wird man etwas sehen oder beim Sex weniger fühlen? Wir haben Antworten.
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- Was passiert durch Schwangerschaft und Geburt mit der Vagina?
- Wie sieht der Scheideneingang nach der Geburt aus?
- Was passiert mit der Klitoris nach einer natürlichen Entbindung?
- Wann ist die Scheide nach der Geburt wieder normal?
- Kann meine Vagina nach der Geburt „ausgeleiert“ sein?
- Nach der Geburt: Ist der Sex anders oder sogar schlechter?
- Die Bedeutung des Beckenbodens kann nicht genug betont werden
- Dammriss, Dammschnitt und andere Geburtsverletzungen: Kann ich vorbeugen?
- Wunsch-Kaiserschnitt: Kann ich meine Vagina und meinen Beckenboden damit schützen?
- Scheiden-, Gebärmutter-, Beckenbodensenkung...: Auch vaginale Geburten bergen Risiken
- Husband Stitch, Mommy Makeover und Vagina-Verengung
- Vagina-Pflege nach der Entbindung: Kann ich die Regeneration beschleunigen?
- Blasenschwäche und Inkontinenz nach der Geburt
- Wochenbett: Weitere Veränderungen im Intimbereich
Was passiert durch Schwangerschaft und Geburt mit der Vagina?
Dass die Vagina bei einer Geburt einigen Strapazen ausgesetzt wird, ist vollkommen klar: Sie dehnt sich bis auf die drei- bis zehnfache Größe – schließlich muss ein ganzes, wenn auch kleines, Menschlein durch sie durch. Doch die Veränderungen rund um Vulva und Vagina beginnen nicht erst mit der Geburt - Dr. Gunter präzisiert in ihrer "Vagina-Bibel":
Und nicht nur das: Gunter führt weiter aus, dass sowohl die Haut als auch die Muskeln mit diesem Prozess beginnen weicher zu werden. Es kann aufgrund einer verstärkten Zellteilung im Gebärmutterhals außerdem zu einem vermehrten Ausfluss kommen. Kleine Blutungen sind ebenfalls möglich, wenn diese Zellen beim Sex oder auch einer gynäkologischen Untersuchung berührt werden. Zudem kommt es während einer Schwangerschaft öfter zu Hefepilz-Infektionen; die genauen Ursachen dafür sind bislang aber noch unklar (vgl. Vagina-Bibel, S. 59).
Bei der Geburt selbst muss der weibliche Körper Erstaunliches leisten. Dass das vor allem direkt danach deutliche Spuren hinterlässt, ist ganz natürlich:
Zudem kann sich am Damm eine Naht befinden, wenn während der Entbindung ein Dammriss entstanden ist oder ein Dammschnitt vorgenommen wurde. Hebamme Viresha Bloemeke erklärt, dass frau sich deswegen aber keine Sorgen machen muss:
"Die Nahttechnik vieler Ärztinnen und Hebammen ist inzwischen so kunstvoll, dass man Fäden und Knoten gar nicht mehr sieht. Das Nahtmaterial löst sich im Körper nach einiger Zeit auf und braucht nicht gezogen zu werden, wenn es keine Beschwerden macht. Manchmal ist die Naht noch längere Zeit wulstig, doch auch das gibt sich." (Alles rund ums Wochenbett, S. 108.)
Weitere Verletzungen wie Scheidenrisse sind verhältnismäßig selten und wenn sie auftreten (das Risiko besteht zum Beispiel vor allem bei Saugglocken- und Zangengeburten), heilen sie in aller Regel problemlos innerhalb weniger Tage, nachdem sie mit einer chirurgischen Naht versorgt wurden.
Wie sieht der Scheideneingang nach der Geburt aus?
Direkt nachdem du ein Kind vaginal zur Welt gebracht hast, werden deine Vulva und dein Scheideneingang verändert aussehen und Spuren dessen zeigen, was du und dein Körper geleistet haben. Die Scheide beziehungsweise Vulva kann geschwollen sein, Rötungen und auch blaue Flecken und kleinere Verletzungen, eine Dammnaht - all das ist normal. Hebamme Viresha J. Bloemeke empfiehlt in ihrem Buch über das Wochenbett, den Genitalbereich jeden Tag mit einem Handspiegel zu betrachten und dem Heilungsverlauf zuzusehen. So kannst du diesem Körperteil und seiner enormen Leistung die gebührende Anerkennung schenken und gleichzeitig entsprechend reagieren, wenn Unterstützung notwendig ist (vgl. Bloemeke: Alles rund ums Wochenbett, S. 108 f.).
Grundsätzlich überwacht aber deine Hebamme den Heilungsprozess deines Intimbereiches - den Zeitpunkt, an dem du hinsehen und hinfühlen möchtest, kannst du also ganz frei entscheiden (vgl. Alles rund ums Wochenbett, S. 109).
Was passiert mit der Klitoris nach einer natürlichen Entbindung?
Laut der Deutschen Hebammenzeitschrift sind Verletzungen (wie Risse) der Klitoris bei einer Geburt mit 0,5 Prozent sehr selten. Wie der gesamte Vulva-Bereich kann auch die Klitoris nach einer natürlichen Entbindung empfindlich und geschwollen sein.
Da die Klitoris sehr viel größer ist, als sich auf den ersten Blick erahnen lässt, ist es möglich, dass Schmerzen und Druckgefühle sich auch auf den Nervenbereich der Klitoris ausweiten.
Wann ist die Scheide nach der Geburt wieder normal?
Direkt nach einer vaginalen Entbindung sieht der Intimbereich einer Frau verändert aus, zeigt Spuren und Blessuren der enormen Leistung, die der Körper leisten musste. Zusätzlich zu allem oben beschriebenen können zum Beispiel auch die Schamlippen etwas hängen und ähnliches. Veränderungen wie diese bilden sich in der Regel jedoch nach ein paar Wochen wieder zurück und alles ist wieder beim Alten.
Grundsätzlich solltest du deinem Körper aber (nicht nur in Bezug auf den Bereich der Vagina) Zeit geben. Der Spruch 'Neun Monate kommt es, und neun Monate geht es' macht durchaus Sinn (vgl. Nach der Geburt, S. 164.). Dein Körper hat in dieser Zeitspanne Stück für Stück die Vorbereitungen getroffen, die es möglich machen, dass dein Baby zur Welt kommt. Gib ihm also auch jetzt die Zeit, sich sorgfältig wieder zurückzusortieren.
Kann meine Vagina nach der Geburt „ausgeleiert“ sein?
Die Vagina muss sich für eine Geburt enorm ausdehnen und viele Frauen haben die Sorge, dass das bleibende Veränderungen bewirkt, dass ihre Vagina durch den Geburtsvorgang also „ausleiern“ könnte. Tatsache ist jedoch: Die Vagina ist dafür gemacht, dass sie sich ausdehnen und ein Kind gebären kann, deswegen ist sie auch dafür gemacht, dass sich diese notwendige Dehnung wieder zurückbildet – Mutter Natur ist ja schließlich nicht von gestern. Bereits eine Stunde nach der Entbindung ist es beinahe unvorstellbar, dass die Scheide kurz zuvor von einem kleinen Menschen passiert wurde.
Ängste bezüglich einer ausgeleierten Scheide beziehen sich oft auf das Sexleben nach der Geburt - nicht zuletzt durch die Porno-Industrie hat sich die Vorstellung verbreitet, eine Frau müsse möglichst "eng" sein, um selbst viel Spaß beim Sex zu haben und auch dem Mann besondere Lust zu schenken. Mit dem sogenannten "Lost Penis Syndrom" ist das Schreckgespenst dann komplett, aber bevor du dich verrückt machst: Das Gefühl, zu weit zu sein, kann direkt nach dem Entbinden eines Babys durch die vorübergehende Veränderung des Beckenbodens entstehen. Diesem Teil deines Körpers darfst und solltest du gerne sehr viel Aufmerksamkeit schenken - und das nicht nur, wenn du gerade ein Baby zur Welt gebracht hast, wobei es dann ganz besonders wichtig ist.
Bisher ist die Studienlage zu dem Thema noch verhältnismäßig dünn. Eine Studie stellte anhand von 168 Probandinnen jedoch heraus, dass die Qualität des Sexlebens nach einer natürlichen Geburt gegenüber einer Geburt mit Kaiserschnitt nicht als schlechter empfunden wird. Tatsächlich folgt diese Aussage aber der Feststellung, dass der Geburtskanal durch natürliche Geburten durchaus nachhaltig verändert wird - dieses Ergebnis wurde durch Druckmessungen erreicht. Auch Angela Heller stellt in Bezug auf die Vagina in Nach der Geburt fest:
Denkt man an die Tatsache, dass Frauen es in der Regel bei der Geburt des zweiten Kindes schon etwas leichter haben, macht es Sinn, dass der Geburtskanal nachhaltig verändert ist. Aber halten wir mal fest: Etwas nachgiebiger - wie auch die Druckmessung der Studie nahelegt? Ja. Aber "ausgeleiert" und nicht mehr eng genug, um beim Sex Lust zu empfinden oder zu schenken? Nein!
Nach der Geburt: Ist der Sex anders oder sogar schlechter?
Für das Sexleben sind in erster Linie die eben beschriebenen Geburtsverletzungen wie ein Dammriss vorübergehend einschränkend. Aber wenn möglicherweise entstandene Geburtsverletzungen abgeheilt sind, sollte sich für dich und deinen Partner alles anfühlen wie vorher - sobald du auch mental ganz bereit für lustvolle Erlebnisse bist.
Wenn du beim Sex das Gefühl hast, weniger zu spüren als vor der Geburt, dann liegt das sehr wahrscheinlich am Beckenboden – in diesem Fall sollten dir aber Beckenbodenübungen zurück zu alter Form helfen, denn der Beckenboden besteht aus Muskeln, die gezielt trainiert werden können. Und entgegen dem weitverbreiteten Glauben sind der Kopf und Lust auf Sex sowie die Muskeln des Beckenbodens weit wichtiger für ein tolles Liebesleben als die Vagina selbst.
Wer sich um seinen Partner Sorgen macht, genauer darum, dass er die Vagina als zu weit empfinden könnte, der kann den direkt hierüber liegenden Absatz lesen und ebenfalls aufatmen: Das einzige, was nach der Geburt auch im Normalfall durchaus mal dauerhaft verändert bleibt, ist die Nachgiebigkeit des Scheidenkanals - weswegen auch auf die erste Geburt folgende oft etwas einfacher sind. Das kannst aber wenn überhaupt nur du bei der Menstruation oder beim Einführen eines Tampons merken. Von außen ist es nicht sichtbar und den Geschlechtsverkehr mit deinem Partner beeinflusst es nicht. In der Regel kann in diesem Fall aber auch über die Rückbildungskurse hinausgehendes, gezieltes Beckenbodentraining helfen.
Mehr zum Thema kannst du hier weiterlesen: Sex nach der Geburt: Das solltet ihr beachten
Die Bedeutung des Beckenbodens kann nicht genug betont werden
In den ersten Tagen beziehungsweise in den ersten Wochen, nachdem dein Baby auf die Welt gekommen ist, solltet ihr euch ganz auf euch konzentrieren. Eltern und Kind müssen sich auf die neue Lebenssituation einstellen - du stehst vor vielen körperlichen und hormonellen Veränderungen, die Gebärmutter bildet sich zurück, vielleicht stillst du... Das Wochenbett solltest du so entspannt wie möglich angehen, denn in den meisten Fällen ist es - wenn auch wunderschön - sicher eine besondere Herausforderung.
Bloemeke empfiehlt in puncto Beckenbodenmuskulatur dennoch:
„[…] nehmen Sie schon in den ersten Tagen nach der Geburt wieder liebevoll Kontakt zu ihrer Beckenbodenmuskulatur auf – durch Hinspüren, leichtes Bewegen, Betrachtung von Verletzungen und sorgsame Pflege. Täglich werden Sie so beobachten, wie die Fähigkeit zu bewusster Spannung und mehr Beweglichkeit zunimmt.“ (Alles rund ums Wochenbett, S. 114.)
Die Hebamme betont jedoch auch, dass frisch gebackene Mütter sich Zeit geben sollten, „denn das Heilen und Sich-wieder-Festigen darf sechs Wochen dauern, und auch danach verändert sich das Gewebe noch!“
Frühestens nach sechs bis acht Wochen kann nach einem Untersuchungstermin bei der Gynäkologin mit gezielten Rückbildungsübungen begonnen werden - und das in der Regel auch nur, wenn keine größeren Geburtsverletzungen oder Schmerzen vorliegen. Im Fall eines Dammrisses oder eines Dammschnitts kannst du dir zum Beispiel auch 1-2 Wochen mehr Zeit nehmen. Wie immer gilt: Sei achtsam mit dir und deinem eigenen Körper! Sobald du spürst, dass dein Körper wieder bereit ist für kleinere Aufgaben, solltest du in Abstimmung mit deiner Hebamme oder Ärztin mit sanften und gezielten Rückbildungsübungen und Beckenbodentraining beginnen, denn nicht nur für deine Sexualität sind Beckenboden und Co. enorm wichtig, zum Beispiel auch eine bleibende Inkontinenz, Probleme mit der Blase oder dem Darm oder aber Schmerzen in Unterleib und Rücken gilt es unbedingt zu vermeiden. Je länger du damit wartest, desto schwerer hat dein Körper es auch mit der Rückbildung.
Und wie lange braucht der Beckenboden dann tatsächlich für die Regeneration? Das ist wie so vieles von Frau zu Frau verschieden. Voll belastbar ist der Beckenboden aber erst wieder ca. sechs bis neun Monate nach der Geburt.
Übrigens: Je trainierter dein Beckenboden ist, desto leichter und schneller funktioniert in der Regel auch die Rückbildung nach der Geburt. Deswegen machen Beckenbodenübungen schon vor und auch während der Schwangerschaft viel Sinn.
Die Kosten für einen Rückbildungskurs werden in der Regel von den Krankenkassen übernommen, achte nur darauf, dass der Kurs von einer anerkannten Hebamme geleitet wird, beispielsweise Rückbildungskurse von Physiotherapeuten werden nicht unbedingt von der Krankenkasse bezahlt, in einem solchen Fall solltest du Rücksprache mit deiner Krankenkasse halten.
Dammriss, Dammschnitt und andere Geburtsverletzungen: Kann ich vorbeugen?
Bei einer natürlichen Geburt kann es zu einem Dammriss kommen oder notwendig sein, den Damm einzuschneiden. Ein Dammschnitt wird heutzutage aber nur noch in Ausnahmefällen praktiziert. Dammrisse ersten und zweiten Grades kommen am häufigsten vor. Sie sind aber in den meisten Fällen keine gravierenden Verletzungen und verheilen in der Regel in drei bis sechs Wochen. Auch wenn ein solcher Riss genäht werden muss, bleibt mit der richtigen Pflege nur eine unauffällige Narbe zurück (die Größe ist natürlich abhängig von dem entsprechenden Riss). Mit einer Dammmassage kannst du schon vor der Entbindung versuchen, das Gewebe ein wenig vorzubereiten und somit versuchen einem Riss vorzubeugen. Die Wirksamkeit ist mittlerweile durch Studien belegt.
Dammmassage - so funktioniert's:
Du kannst schon vor der Geburt versuchen einem Dammriss vorzubeugen, indem du oder dein Partner/deine Partnerin deinen Damm etwa ab der 34. Schwangerschaftswoche regelmäßig mit Öl aus der Apotheke massiert.
Verwende ein Weizenkeim-Öl oder Vitamin-E haltiges Öl und massiere deinen Damm damit zweimal täglich für ein paar Minuten.
Trag das Öl entlang der äußeren Schamlippen und am Damm auf und führe den Daumen etwa so tief wie einen Tampon in deine Scheide ein.
Anschließend massierst du mit einem Finger zum Daumen hin.
Achte darauf, dass beim Massieren ein leichter Gegendruck entsteht, damit das Gewebe nicht nur geschmeidig, sondern auch bereits ein wenig gedehnt wird. Wenn die Schwangerschaft sehr weit fortgeschritten und der Bauch sehr groß ist, kann dein*e Partner*in die Massage übernehmen.
Wunsch-Kaiserschnitt: Kann ich meine Vagina und meinen Beckenboden damit schützen?
Wunsch-Kaiserschnitte sind ein schwieriges Thema, so gilt doch für viele die natürliche Geburt fraglos als bester Weg, ein Kind zu gebären. Fakt ist: Leichtfertig sollten werdende Mütter einen Kaiserschnitt ohne medizinische Notwendigkeit nicht in Erwägung ziehen. Denn ein Kaiserschnitt birgt Risiken, hinterlässt ebenfalls körperliche Spuren und kann die Lebensqualität verändern.
Es gibt jedoch Hinweise, dass es Risiko-Patientinnen für Beckenbodenverletzungen bei natürlichen Entbindungen gibt. In etwa 10-20 Prozent der natürlichen Geburten kann es zu einem Abreißen des Beckenbodens kommen (Levator-Avulsion), eine solche Verletzung ist bisher nicht heil- oder "reparierbar". Kaven Baeßler, die Leiterin des Berliner Beckenboden- und Kontinenzzentrums, plädiert in diesem Sinne in Zeit-Online dafür, dass bei Frauen, bei denen ein erhöhtes Risiko für einen Riss des Beckenbodens besteht, ein Kaiserschnitt angeboten werden sollte. Risiko-Faktoren sind zum Beispiel eine sehr kleine Körpergröße der Mutter in Kombination mit Übergewicht oder aber verhältnismäßig große Babys.
Über jegliche Bedenken oder Fragen zu dem Thema, solltest unbedingt mit deiner Hebamme und/oder deiner Ärztin/deinem Arzt sprechen. Neben den Risiken gibt es in puncto Kaiserschnitt leider auch zu bedenken, dass die Krankenkassen die Kosten für den Eingriff in der Regel nur übernehmen, wenn die behandelnde Ärztin/der behandelnde Arzt eine medizinische Notwendigkeit feststellt.
Scheiden-, Gebärmutter-, Beckenbodensenkung...: Auch vaginale Geburten bergen Risiken
Vaginale Geburten sind natürlich und werden deshalb oft automatisch als Geburtsart bevorzugt. Anders als im Fall von Kaiserschnitten wird hier oft nicht umfassend darüber aufgeklärt, dass besonders in Bezug auf Schäden rund um den Beckenboden Risiken bestehen - die Wahrscheinlichkeit dafür variiert von Fall zu Fall stark und hängt zum Beispiel damit zusammen, ob eine Frau zum ersten Mal gebärt, wie alt sie zu diesem Zeitpunkt ist und wie groß das Baby oder eben auch die Frau selbst ist.
Vor allem ernsthafte Schäden, die den Beckenboden betreffen, können lebenslang schwerwiegende Folgen haben, die nicht nur das Sexleben, sondern die Lebensqualität insgesamt massiv einschränken und oft irreversibel sind. Die Möglichkeit derartiger Geburtsverletzungen scheint leider trotz einer keinesfalls geringen Wahrscheinlichkeit (siehe dazu den hierüber liegenden Absatz) selten offen kommuniziert zu werden. Hier scheint noch viel Aufarbeitung notwendig zu sein, die aber unter anderem durch offene Briefe betroffener Frauen oder auch Autorinnen und Ärztinnen wie Dr. med. Martina Lenzen Schulte schon vorangetrieben wird.
Fakt ist, dass es in Deutschland "keine etablierten Standards zur Erfassung von Beckenbodenbeschwerden nach der Geburt" gibt, wie Sebastian Ludwig, Leiter des Kontinenz- und Beckenbodenzentrums an der Frauenklinik der Universität zu Köln gegenüber Spektrum feststellt. Hier sei die Mithilfe betroffener Frauen notwendig, Online-Umfragen dazu lägen jedoch nahe, dass dazu nur eine Minderheit bereit sei.
Husband Stitch, Mommy Makeover und Vagina-Verengung
Die körperlichen Veränderungen des Körpers einer Frau durch das Gebären eines Kindes sind Teil kontroverser Diskussionen - zwischen Tabus und den unrealistischen Anforderungen einer durch Social Media und Co. geprägten Gesellschaft fällt es manchmal schwer, sich als Frau, als Mutter, als (Sexual-)Partnerin einzuordnen.
Der "Husband Stitch", also ein enger Nähen des Scheideneinganges nach einer Geburt, kann und muss sehr direkt als frauenverachtendes Phänomen eingestuft werden, das weder die Vagina enger macht, noch ihm oder ihr mehr sexuelle Lust bereiten kann.
Ästhetische Chirurgie und verschiedene Eingriffe zur Veränderung des Äußeren sind heutzutage nichts Ungewöhnliches. Kein Wunder also, dass auch sogenannte "Mommy Makeovers" und Vaginalstraffungen nach einer Geburt als Option in Erwägung gezogen werden. Eine nach dem Stillen hängendere Brust, ein weniger straffer Bauch, das Gefühl, dass die Vagina weiter oder sexuell nicht alles beim Alten ist als vor der vaginalen Geburt... Hier muss jede Frau ihren eigenen Weg gehen und ihrem eigenen Wohlbefinden folgen. Wichtig ist nur, solche (durchaus risikobehafteten) Eingriffe nicht für andere vornehmen zu lassen und sich nicht einreden zu lassen, die Spuren von Schwangerschaft und Geburt seien ein Makel oder gar nicht liebenswert - wenn überhaupt, dann sind sie eine Auszeichnung für das, was der Körper geleistet und erlebt hat.
Vagina-Pflege nach der Entbindung: Kann ich die Regeneration beschleunigen?
Eine gezielte Pflege der Vagina nach einer Entbindung ist vor allem wichtig, wenn du eine Dammnaht oder stärkere Verletzungen hast - dabei unterstützt dich in jedem Fall deine Hebamme. Aber auch in puncto Wochenfluss (auch Wochenbettblutung) kann eine sorgfältige Hygiene-Routine helfen, die strapazierte Scheidenflora gegen Infektionen zu schützen. Während des Wochenflusses, der ca. vier bis sechs Wochen anhält, ändert sich der pH-Wert der Scheide vorübergehend, was sie anfälliger macht.
Für die Reinigung selbst solltest du nur klares, leicht warmes Wasser verwenden und möglichst kein Duschgel oder ähnliches. Es kann auch hilfreich sein, den Bereich der Scheide nach jedem Toilettengang einmal vorsichtig abzuspülen. Was die Unterwäsche angeht, tust du deinem Intimbereich mit atmungsaktiven, locker sitzenden Materialien, zum Beispiel aus Baumwolle, jetzt etwas Gutes. Auch "Luftbäder" (eine Beschreibung dazu findest du in Alles rund ums Wochenbett auf S. 109) können den Regenerationsprozess unterstützen.
Blasenschwäche und Inkontinenz nach der Geburt
Keine äußerliche, aber eine umso störendere Nachwirkung der Geburt kann eine Blasenschwäche bis zu Inkontinenz sein. Etwa ein Drittel aller Frauen leidet nach einer Geburt unter Blasenschwäche – wie schwer und wie lang ist allerdings ganz unterschiedlich. Grundsätzlich ist das aber ganz normal und in der Regel vorübergehend: Die Organe und auch die Blase müssen erst einmal wieder alle an ihren Platz finden. Letztere kann sich endlich auch wieder besser füllen und dann kommt auch mal wieder der alles entscheidende Beckenboden ins Spiel...
Mehr zu Blasenschwäche nach der Geburt und warum auch hier Beckenbodengymnastik unverzichtbar ist
Wochenbett: Weitere Veränderungen im Intimbereich
Bei diesen und anderen Problemen in der ersten Zeit gilt: Hab keine Scheu mit deiner Frauenärztin oder deinem Frauenarzt zu sprechen! Vor allem bei Schmerzen, Fieber oder auffällig riechendem Ausfluss solltest du nicht zögern und deine Beschwerden sofort fachärztlich abklären.
Der Wochenfluss hält etwa vier bis sechs Wochen an und kann dafür sorgen, dass du danach erst einmal eine recht trockene Scheide hast. Das sollte sich jedoch mit dem Einsetzen der ersten Periode nach der Schwangerschaft auch regulieren.
Wie die Blase muss auch der Darm sich auf den nun wieder veränderten Körper nach der Entbindung einstellen: In den ersten Tagen kommt er oft nur sehr mühsam in Gang und es ist wichtig, ihn in diesem Fall zum Beispiel gezielt mit einer bestimmten Ernährung zu unterstützen. Wertvolle Tipps hierzu bekommst du von deiner Hebamme, aber auch in Viresha Bloemekes Alles rund ums Wochenbett findest du ab Seite 101 viele Hinweise und Methoden, um deinen Darm wieder in Schwung zu bringen.
Quellen
Angela Heller: Nach der Geburt - Wochenbett und Rückbildung. Thieme: 1. Edition (1. Januar 2002); 435 Seiten.
Dr. Jen Gunter: Die Vagina-Bibel. Vulva und Vagina – Mythos und Wirklichkeit. Südwest Verlag (2. März 2020); 480 Seiten.
Viresha J. Bloemeke: Alles rund ums Wochenbett: Hebammenwissen für die ersten 100 Tage nach der Geburt. Mankau-Verlag GmbH: 1. Edition (12. September 2022); 388 Seiten.
https://www.aerzteblatt.de/archiv/202437/Beckenbodenschaeden-Besser-als-bisher-ueber-Risiken-vaginaler-Geburten-aufklaeren
Studie: Does vaginal delivery affect postnatal coitus? https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23676889/
Is Mode of Delivery Associated With Sexual Response? A Pilot Study of Genital and Subjective Sexual Arousal in Primiparous Women With Vaginal or Cesarean Section Births: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31859234/
https://www.uphoff.de/wp-content/uploads/2019-08_gynaekologe_aufklaerung-ueber-risiken-natuerlicher-geburt.pdf
https://www.zeit.de/news/2019-02/27/kaiserschnitt-koennte-manche-frauen-vor-schaeden-bewahren-190226-99-141446
https://www.joho.de/neuigkeiten/artikel/geburtshilfe-und-beckenboden-diese-risiken-erhoehen-funktionsstoerungen
https://www.spektrum.de/news/vaginale-geburt-geburtsverletzungen-und-folgeschaeden/2207374
https://www.dhz-online.de/news/detail/artikel/risiken-fuer-geburtsverletzungen-der-klitoris/
https://www.netdoktor.de/krankheiten/scheidenriss/
https://medizin-transparent.at/damm-massage/
https://www.stadtlandmama.de/content/beckenbodenschaeden-betroffene-frauen
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