Geburtskomplikation

Schulterdystokie: Wenn das Kind bei der Geburt am Schambein stecken bleibt

Eine Geburt geht meist gut, läuft aber leider nicht immer gut ab - manchmal kann es zu einer Schulterdystokie kommen. Das kann fürs Kind durchaus gefährlich werden - aber besonnenes Handeln löst die Situation meist auf.

Schulterdystokie: Trotz der Geburtskomplikation geht die Geburt in den allermeisten Fällen gut. (Symbolbild)
Schulterdystokie: Trotz der Geburtskomplikation geht die Geburt in den allermeisten Fällen gut. (Symbolbild) Foto: tatyana_tomsickova/iStock
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Bleibt das Baby während der Geburt mit der Schulter am Schambein (Symphyse) der Mutter hängen, wird von einer Schulterdystokie gesprochen. Was die Geburtshilfe in diesem Fall tun sollte und was auf keinen Fall gemacht werden darf, liest du hier.

Schulterdystokie: Geburtskomplikation aus verschiedenen Gründen

Die Zeit der Schwangerschaft hat viele Höhen und Tiefen - einerseits ist es wunderbar, beim Wachsen neuen Lebens dabei zu sein, andererseits bringt eine Schwangerschaft auch viele Prüfungen mit sich - sei es die Morgenübelkeit oder medizinische Schwierigkeiten, weil das Baby zum Beispiel nicht richtig im Bauch liegt. Für vieles gibt es heutzutage eine Lösung - zum Beispiel einen Kaiserschnitt.

Doch manchmal kommt es dann eben auch bei der vaginalen Geburt unerwartet zu Problemen. Eine solche Komplikation ist die Schulterdystokie, die etwa 0,2-3% aller Geburten betrifft und normalerweise nicht vorhergesehen werden kann. Für das Kind kann es gefährlich werden, wenn nicht gehandelt wird. Bei besonnenem Handeln gilt die Gefahr für das Kind allerdings als überschaubar.

Zur Schulterdystokie kommt es, wenn die Geburt eigentlich in vollem Gange ist - und es plötzlich zum Stillstand kommt. Der Kopf des Kindes ist schon geboren, aber dann bleibt es aufgrund einer Fehlstellung mit der Schulter am Schambein der Mutter hängen. Die Geburt ist quasi mittendrin unterbrochen, da es beim Kind nicht zur - für den reibungslosen Verlauf - notwendigen Schulterdrehung gekommen ist.

Für das Kind kann das schmerzhaft sein, weil eine hohe Spannung im Halsbereich entstehen kann. Das kann auch der Grund sein, dass die Sauerstoffversorgung unterbrochen wird - was aber nicht zwangsläufig passieren muss. Das neugeborene Kind kann aber - wie auch der Fötus während der Schwangerschaft - eine gewisse Zeit auf einen Sauerstoffmangel (Hypoxie) reagieren, indem der Gewebestoffwechsel zurückgefahren wird, wie die Zeitschrift "Die Hebamme" schreibt. Daher ist eine gut vorbereitete Geburtshilfe wichtig, die mit Ruhe und richtigem Handeln auf den medizinischen Notfall reagieren kann.

Die Gründe für eine Schulterdystokie sind vielfältig und reichen von einem hohen Geburtsgewicht und Größe der schwangeren Frau bis hin zur Art und Weise, wie die Geburt beginnt oder durchgeführt wird:

  • Geburtsgewicht ab 4.000 Gramm (Makrosomie)

  • keine optimale Geburtsposition

  • Körpergröße der Frau unter 1,55m

  • Übergewicht bei der Schwangeren

  • schmales Becken der Frau

  • Kopf des Kindes schmaler als die Schultern

  • Diabetes (auch Schwangerschaftsdiabetes)

  • eingeleitete Wehen

  • nach einer Geburt mit Schulterdystokie

  • Anwendung einer Saugglocke

  • Anwendung einer Geburtszange

  • zu frühes Mitpressen

  • übermäßiger Einsatz des Kristeller-Handgriffs (Druck auf die Gebärmutter von außen, der aber ohnehin sehr kritisch gesehen wird)

Bei eingeleiteten Wehen durch die Gabe von Wehenmitteln, dem Kristeller-Handgriff u.ä. ist allerdings ein sogenannter tiefer Schulterquerstand vorhanden - dann handelt es sich um eine sogenannte sekundäre Schulterdystokie. In den meisten anderen Fällen handelt es sich um einen hohen Schultergeradstand. Nicht als Schulterdystokie gewertet wird die Behinderung der Rotation des Kindes durch eine Nabelschnurumschlingung. In diesem Fall muss stattdessen die Nabelschnur durchtrennt werden, um die Geburt fortzusetzen.

Besteht ein hohes Geburtsgewicht, wird aber im Normalfall - auch durch die Gefahr eine Schulterdystokie - ein Kaiserschnitt in Erwägung gezogen. Denn nicht in jedem Fall ist eine normale Geburt für Mutter und Baby risikofrei. Im Fall der Schwangerschaftsdiabetes kann die Gefahr einer Makrosomie beim Kind aber minimiert werden - sprich damit am besten mit deiner Ärztin oder eurer Hebamme über das Thema. Diese können dich bei Sorgen zum Thema generell gut beraten.

Schulterdystokie: So kann die Verkeilung der Schulter sicher gelöst werden

Doch die Schulterdystokie kann auch gelöst werden. Im Falle der Notfallkomplikation beim Geburtsvorgang gibt es in Krankenhäusern in der Regel einen Notfallplan, der dann in Kraft gesetzt wird. Zum Beispiel können weitere Geburtshelfer zur Entbindung gerufen werden. Im optimalen Fall ist auch ein Kinderarzt anwesend, der auf neugeborene Babys spezialisiert ist, der sogenannte Neonatologe.

Allerdings sollten alle Geburtshelfer mit der Schulterdystokie vertraut sein, da die Komplikation theoretisch bei jeder Geburt auftreten kann. Die nach dem codierten Hilferuf kompetenteste Person für die Situation sollte die folgenden Manöver zur Lösung der Schulterdystokie durchführen. Das muss nicht zwangsläufig Arzt oder Ärztin sein - deren Anwesenheit ist aber im Falle einer Schulterdystokie wichtig, da das Kind mitunter nach der Geburt deprimiert ist und ärztliche Hilfe braucht, wie in "Die Hebamme" angemerkt wirkt. Allerdings könne zunächst auch die nächste Wehe abgewartet werden, da sich die Schulter von selbst lösen könne.

Eine Möglichkeit, wie die Schulterdystokie gelöst werden kann, ist die Veränderung der Lage der Schwangeren, zum Beispiel in die sogenannte "Hirtenpostion" oder auch eine Seitenlage und weitere Möglichkeiten, wie der Vierfüßlerstand (das sogenannte Gaskin-Manöver). Ein weiterer Eingriff ist das sogenannte McRoberts-Manöver. Dabei werden die Beine der Frau bauchwärts angewinkelt, um den Beckeneingang ("Durchtrittsplanum") um bis zu 15 mm zu weiten.

Bei weiteren Eingriffen wie dem Rubin-Manöver und dem Woods-Manöver wird versucht, die Schulterlage des Kindes zu verändern, jedoch auf unterschiedliche Weise. Kommt es bei einer Wassergeburt zur Schulterdystokie, sollte das Wasser laut "Die Hebamme" sofort abgelassen werden. Es gibt noch weitere Manöver oder Maßnahmen, die inzwischen aber nicht mehr so häufig benutzt werden, da die Gefahr für Schäden beim Kind oder für die Mutter zu groß sind. Falls zum Beispiel zu spät oder falsch gehandelt wird, hat die Frau oft auch Anspruch auf Schmerzensgeld - wozu es aber hoffentlich nicht kommen muss.

Der Einsatz eines Dammschnittes ist umstritten, da dieser den Beckenausgang nicht vergrößert und daher der praktische Nutzen in diesem Fall angezweifelt wird. Wichtig ist, dass die anwesenden Geburtshelfer und Geburtshelferinnen Ruhe bewahren und nicht in Panik verfallen. Mit eine besonnenen Geburtshilfe kann die Geburtskomplikation also meist gut gelöst werden - und dann kann nach dem Gebären des Kopfes auch der weitere Geburtsverlauf so ablaufen, wie er soll.

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Artikelbild und Social Media: tatyana_tomsickova/iStock (Symbolbild)