Beckenboden nach Geburt: Die wichtigsten Infos plus hilfreiche Übungen
Was passiert mit dem Beckenboden während der Schwangerschaft? Wie muss ich mich um meinen Beckenboden nach einer Geburt kümmern? Leiden alle Frauen nach einer Geburt unter Blasenschwäche? Wir haben die Antworten für dich.
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- Der Beckenboden: Warum er so wichtig ist
- Inkontinenz: schon in der Schwangerschaft ein weit verbreitetes Phänomen
- Beckenbodentraining: Nicht erst nach der Geburt empfohlen
- Wie kann ich meinen Beckenboden im Wochenbett entlasten?
- Wie finde ich heraus, ob mein Beckenboden schon wieder bereit für Sport ist?
- Wann kann ich nach der Geburt mit der Rückbildung beginnen?
- Mit welchen Sportarten kann ich nach der Rückbildung starten?
- Julianas Lieblingsübung für einen starken Beckenboden
Schwangerschaft und Geburt bringen viele Veränderungen mit sich, körperlich, emotional, mental. Einem Teil unseres Körpers schenken wir dabei nicht immer so viel Beachtung, wie er verdient hat: Die Rede ist vom Beckenboden.
Wir haben mit Juliana Afram, die zertifizierte Beckenbodentrainerin, YogaEasy-Coach und Autorin des Buches "Vom Wochenbett zum Workout" ist, unter anderem darüber gesprochen, wie sich der Beckenboden nach der Geburt verändert, was man gegen Inkontinenz tun kann und wie wichtig Beckenbodentraining ist.
Der Beckenboden: Warum er so wichtig ist
"Die Beckenbodenmuskulatur ist ein komplexes Gebilde und ist an nahezu all unseren Bewegungen beteiligt. Diese dünne Schicht bildet den untersten Abschluss des Beckens und sorgt dafür, dass ankommende Kräfte und Druck im Körper gleichmäßig weitergeleitet und verteilt werden. Der Beckenboden stützt die innersten Organe, verschließt die Harnröhre und den After reflektorisch (verhindert ungewollten Urin- und/oder Stuhlverlust). Und der Beckenboden muss die Fähigkeit haben, nachzulassen und zu entspannen", schreibt Juliana Afram in ihrem Buch.
Schwangerschaft und Geburt stellen eine große Belastung für diese Muskulatur dar.
Das A und O nach der Geburt ist es darum, die Muskulatur des Körpers und gerade den Beckenboden wieder richtig aufzubauen. Ansonsten kann es unter anderem zu folgenden Beschwerden kommen:
Häufige Beschwerden nach der Geburt
- Inkontinenz
- Rektusdiastase (seitliches Ausweichen der geraden Bauchmuskeln)
- Senkungsbeschwerden
Inkontinenz führt dabei die Liste ganz eindeutig an.
Bauch nach der Geburt: So sieht er wirklich aus & so bildet er sich schneller zurück
Inkontinenz: schon in der Schwangerschaft ein weit verbreitetes Phänomen
"Ja, Inkontinenz ist ein großes Thema in der Schwangerschaft, aber man muss das sehr differenziert betrachten, warum man es hat und was man dagegen tun kann", erklärt Juliana Afram. Während Inkontinenz in der Schwangerschaft auch bei Frauen auftritt, die zum ersten Mal schwanger sind, steigt die Anzahl der Betroffenen, wenn sie schon mindestens eine Geburt hinter sich haben. "Man spricht davon, dass ein Drittel der Frauen, die bereits ein Kind geboren haben, auch in der Schwangerschaft von Inkontinenz betroffen sind."
Nach Aussage von Juliana Afram gibt es ganz unterschiedliche Gründe dafür:
- erschlafftes, weiches Bindegewebe
- die veränderte Körperstatik mit fortschreitender Schwangerschaft
- vermehrte Wassereinlagerungen
- hormonelle Veränderungen
- Genetik
- zusätzliche Belastung im Alltag
- Sport, beispielsweise Krafttraining
Beckenbodentraining: Nicht erst nach der Geburt empfohlen
Juliana Afram empfiehlt, nicht erst nach der Schwangerschaft mit dem Beckenbodentraining zu beginnen, sondern schon vorher während der Schwangerschaft. "Es ist durch Studien belegt, dass Frauen, die auch schon während der Schwangerschaft mit dem Beckenbodentraining beginnen, eine geringere Wahrscheinlichkeit haben, hinterher an Inkontinenz zu leiden", so die Expertin.
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Wie kann ich meinen Beckenboden im Wochenbett entlasten?
Der Begriff Wochenbett kommt nicht etwa von ungefähr. In den ersten sechs bis acht Wochen nach der Geburt sollte man sich wirklich zurückhalten und es ruhig angehen lassen. "Gerade die ersten zwei Wochen nach der Geburt sind entscheidend für die Beckenbodengesundheit, da während der Geburt immer Mikrotraumata in der Beckenbodenregion auftreten", führt Juliana Afram weiter aus. Das gilt auch, wenn man sich nach der Geburt eigentlich gut und fit fühlt. "Die Hauptbelastung für den Beckenboden ist die neunmonatige Schwangerschaft, die Geburt ist immer nur das i-Tüpfelchen", erklärt sie.
Wer jetzt glaubt, dass der Beckenboden von Frauen, die ihr Kind mit einem Kaiserschnitt zur Welt bringen, unbedingt weniger beansprucht wird, irrt. Gerade wenn es um das Thema Inkontinenz geht, ist der Unterschied nur gering. "Die Anzahl der Frauen, die an Inkontinenz leiden und vaginal entbunden haben und solchen, die einen Kaiserschnitt hatten und darunter leiden, unterscheidet sich nur um 0,2 Prozent", informiert uns Juliana Afram.
Darum ist es so wichtig, dass sich Frauen generell im Wochenbett schonen. Afram: "Man kann zu diesem Zeitpunkt allerdings schon Wahrnehmungstraining für den Beckenboden machen, da dieser natürlich bei einer vaginalen Geburt stark überdehnt wurde. Denn bevor man einen Muskel trainieren kann, muss man wissen, wo er ist."
Obwohl es also wichtig ist, sich nach Möglichkeit im Wochenbett zu Hause aufzuhalten und sich zu schonen, ist dies eine gute Zeit für erste Übungen. Denn gerade jetzt ist der Beckenboden "sehr empfänglich" für diese Art von Reizen.
"Die Voraussetzung ist natürlich grundsätzlich, dass man das Okay von seinem Frauenarzt oder seiner Hebamme bekommen hat", macht Juliana deutlich. Wichtig ist auch, dass berücksichtigt wird, ob die Geburt unkompliziert verlaufen ist oder nicht. Kam es zum Beispiel zu einer Verletzung wie einem Dammriss, muss darauf Rücksicht genommen werden.
Wie finde ich heraus, ob mein Beckenboden schon wieder bereit für Sport ist?
"Ich empfehle allen Frauen, nach der Geburt eine Beckenboden-Physiotherapeut/in aufzusuchen, am besten sogar noch, bevor sie den Rückbildungskurs beginnen", sagt Juliana Afram. In einer solchen Therapiesitzung könne ganz genau überprüft werden, ob der Beckenboden richtig angespannt werden kann, ob die Organ richtig positioniert sind, ob der Uterus sich entsprechend zurückgebildet hat. Zum Teil ist eine solche Therapiesitzung auch eine Leistung, die die Krankenkassen zahlen.
Wann kann ich nach der Geburt mit der Rückbildung beginnen?
"Empfohlen wird heutzutage, schon nach vier Wochen mit der Rückbildung zu beginnen, und nicht erst nach sechs oder acht Wochen, sofern Frau fit ist und es zu keinen Verletzungen kam", sagt die Expertin. Bei einem Kaiserschnitt sollte allerdings zwölf Wochen gewartet werden, damit der Körper genug Zeit hat, um sich zu erholen und nicht nur die oberflächlichen, sondern auch die tiefen Narben abheilen können. Vorher können Frauen nach der Geburt wie bereits erwähnt schon mit den Wahrnehmungsübungen beginnen.
Zusätzlich zu den Übungen im Rückbildungskurs empfiehlt es sich auch, das Erlernte zuhause weiter zu trainieren. Übungen, die sich jetzt auch anbieten und die Juliana Afram in ihrem Buch "Vom Wochenbett zum Workout zeigt, sind zum Beispiel:
- Side-Plank-Variationen
- Swimming
- Halbkniestand
- Cook Hip Bridge
Letztere zeigt Juliana selbst hier im Video:
Eine weitere Übung, die sich super für die Rückbildung eignet, ist diese hier:
Auf dem Kissen sitzen
Du benötigst ein dickes Kissen, Bolster oder Stillkissen. Alternativ kannst du die Übung auch auf einem Ball machen.
Ausgangsstellung: Setze dich rittlings auf ein Kissen. Lasse dein Kreuzbein leicht sinken und platziere deine Schultern über dem Becken. Lege deine Hände ineinander.
Bewegungsanweisung:
- Schaffe einatmend Weite in Brustkorb, Rücken und Becken.
- Ausatmend schnürst du bewusst die Muskeln um den After, die Scheide und die Harnröhre zusammen und hebst deinen Damm in den Bauchraum. Während du das machst, fließen deine Hände entlang der Körpervorderseite bis zum Kinn.
- Beim Einatmen bringst du sie kontrolliert wieder zurück. Stelle dir vor, dass du bei der Ausatmung das Kissen mit dem Damm anhebst, um über den Boden zu schweben.
- Beachte: Halte deine Oberschenkelinnenseiten- und Gesäßmuskulatur entspannt. Kiefer und Gesichtsmuskeln bleiben locker.
Es gibt Frauen, die auch schon während der Rückbildung wieder mehr Sport machen wollen. "Ich bin ein Fan davon, dass man mit Sport nach der Rückbildung beginnt", sagt uns Juliana.
Mehr Workouts und Übungen von Juliana bietet auch YogaEasy.de an. Melde dich über diesen Link an, und trainiere 14 Tage lang kostenlos mit der Online-Yoga-Plattform.
Mit welchen Sportarten kann ich nach der Rückbildung starten?
Ist die Rückbildung erst einmal abgeschlossen rät die Beckenbodenexpertin zu Sportarten wie Schwimmen oder auch Krafttraining. Sogenannte Low-Impact-Sportarten sollten nach der Meinung von Juliana Afram im Idealfall den Trainingsplan bis ein Jahr nach der Geburt bestimmen. Dann kann Frau auch wieder mit Sportarten wie Joggen und anderen High-Impact-Workouts starten.
"Man weiß beispielweise auch, dass die Bauchmuskulatur erst ca. ein Jahr nach der Entbindung wieder ihre bisherige Kraft zurückgewinnt. Außerdem gibt es Studien, die zeigen, dass der Beckenboden bei Frauen, die mehr als zweimal entbunden haben, sogar bis zu 2,5 Jahre braucht, um wieder annähernd, also zu 80 Prozent, so wiederhergestellt zu sein wie zuvor."
Julianas Lieblingsübung für einen starken Beckenboden
"Ich finde es gut, wenn man Übungen im Sitzen macht, weil das überall machen kann", erklärt die Expertin. Sie würde folgende Übung empfehlen:
- Versuche den Bedckenboden im aufrechten Sitz anzuspannen.
- Die Körperöffnung verschnürst du nur ganz leicht und ziehst den Beckenboden Richtung Bauch.
- Mache drei Sätze á 12 bis 15 Wiederholungen.
Wichtig: Bei dieser Übung ist nicht entscheidend, dass der Beckenboden maximal angespannt wird. Arbite besser mit 40 bis 60 Prozent der Maximalkraft.
Wenn du dich weiter informieren möchtest, findest du mehr Infos auf Juliana Aframs Internetseite oder auch in ihrem Buch "Vom Wochenbett zum Workout" (Trias Verlag). Das Buch ist für 19 Euro unter anderem auf amazon.de erhältlich. Außerdem gibt es viele verschiedene Videos von Juliana Afram auf YogaEasy.de.