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Erektionsstörungen: Was kann Frau tun? So unterstützt du deinen Partner!

Hat ein Mann Potenzprobleme, ist weder er selbst noch seine Partnerin daran Schuld. Du als Frau kannst deinen Partner beim sensiblen Thema Erektionsstörungen dennoch unterstützen.

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Erektionsstörung: Was ist eine erektile Dysfunktion?

Wer einmal keine Erektion bekommt, leidet nicht unter einer Erektionsstörung. Laut medizinischer Definition spricht man von einer erektilen Dysfunktion (ED), wenn ein Mann über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten in mehr als 70 Prozent der Fälle keine Erektion bekommt oder keine standhafte Erektion halten kann.

Erektile Dysfunktion: Ursachen variieren je nach Alter

Die meisten Menschen verstehen Erektionsstörungen als sexuelles Problem. Sie glauben, der Sex an sich sei ursächlich dafür, dass ein Mann keine Erektion bekommt oder halten kann. Das ist falsch. Die erektile Dysfunktion entsteht außerhalb des Bettes. Grob werden drei Ursachen für Erektionsstörungen unterschieden:

  • Psychische Ursachen, wie Depression, (chronischer) Stress, Burn-out etc.

  • Körperliche Erkrankungen, wie Testosteronmangel, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Herzprobleme etc.

  • Ein ungesunder Lebensstil, der von Alkohol, Nikotin, Zucker etc. geprägt ist

Als Faustregel gilt, dass eine erektilen Dysfunktion in jüngeren Jahren meist psychische Ursachen hat und im Alter meist körperlichen Ursprungs ist. Natürlich ist das aber nur ein erster Ansatzpunkt, den eine medizinische Fachkraft bei der Diagnose infrage stellen muss.

Die Ursachen für Potenzprobleme greifen ineinander über und bedingen einander. Die Behandlung der Dysfunktion findet deswegen ganzheitlich auf mehreren Ebenen statt.

Wie häufig leiden Männer unter Erektionsproblemen?

So sensibel das Thema Potenzprobleme für Männer ist, so schwierig ist es, eindeutige Zahlen zu Erektionsproblemen zu finden.

Die Autoren Oliver Stöwing und Volker Wittkamp schlüsseln in ihrem Buch "Gut aufgestellt. Alles über den Penis." auf Seite 231 auf, wie häufig Männer unterschiedlichen Alters von einer ED betroffen sind:

  • 30 bis 39 Jahre: 2 Prozent

  • 40 bis 49 Jahre: 10 Prozent

  • 50 bis 59 Jahre: 16 Prozent

  • 60 bis 69 Jahre: 34 Prozent

  • 70 bis 79 Jahre: 53 Prozent

PD Dr. Julia Velten und Dipl.-Psych. Umut C. Özdemir schreiben in ihrem Fachbuch "Sexuelle Funktionsstörungen bei Männern":

"Während bei jüngeren Männern bis 49 Jahren zu einem gegebenen Zeitpunkt zwischen 1 und 15 % unter Erektionsproblemen leiden, sind es bei älteren Männern zwischen 60 und 69 Jahren zwischen 20 und 40 %. Bei Männern über 70 leiden sogar 50 bis 100 % an einer Erektionsproblematik." (Velten und Özdemir: Sexuelle Funktionsstörungen bei Männern, S. 9.)

In einer Umfrage aus dem Jahr 2020, die auf Statista.de abrufbar ist, gaben indes 7 Prozent der befragten Männer im Alter von 18 bis 25 Jahren an, in den vergangenen 12 Monaten Erektionsprobleme gehabt zu haben. Auch in der Altersklasse der 26- bis 35-Jährigen waren es 7 Prozent, bei den 66- bis 75-Jährigen dann 34 Prozent.

Erektionsstörungen beim Mann: Bin ich als Frau Schuld?

Egal für wie aufgeklärt wir uns halten, sobald es um Sex und Sexualität geht, treten Unsicherheiten auf. Vor allem beim Thema Erektionsprobleme. Zum einen ruft das vermeintliche Versagen im Bett bei den meisten Männern Scham und Angst hervor, was sie mit Wut und Schuldzuweisungen reagieren lassen kann. Dann wird der Partnerin/dem Partner vorgeworfen, nicht sexy genug zu sein, um eine (harte) Erektion zu kriegen. Auch skurrile Vorwürfe, wie die Vagina wäre nicht eng genug für den Penis oder die Frau zu wenig abenteuerlustig im Bett, kommen häufig vor. Aussagen dieser Art sind ein No-Go und eine absolute Red Flag in der Beziehung.

Zum anderen lösen männliche Erektionsstörungen Selbstzweifel in der Partnerin/dem Partner aus, weil sie/er sich heimlich die Schuld daran gibt. Vor allem dann, wenn der Mann zwar beim Masturbieren, aber nicht beim Sex kommt. Es erscheint logisch: Gesellschaftlich werden Männer als Sexkrieger gesehen, die – mit dem richtigen Menschen – immer und überall Sex haben wollen und vor allem können. Ist dies nicht der Fall, muss etwas mit dem Gegenüber nicht stimmen. Diese Denkweise ist allerdings so überholt wie das Patriarchat selbst.

Ein richtiger und zugewandter Umgang mit Erektionsproblemen lässt die Schuldfrage komplett weg. Weder der Mann noch die/der Partner*in sind Schuld. Vielmehr geht es darum, mögliche Ursachen für Erektionsprobleme im Alltag zu erkennen und bestmöglich zu eliminieren.

Erektionsstörungen: Was kann Frau tun?

Genauso wenig wie die Frau Schuld an der erektilen Dysfunktion ihres Partners ist, kann sie die alleinige Lösung des Problems sein. Sie muss nicht sexier, enger, wilder, risikobereiter oder sonst was werden, um ihren Liebsten im Bett mehr anzutörnen und so die ED "wegzuvögeln". Gleiches gilt für männliche und diverse Partner*innen.

Was die Frau bei Erektionsstörung des Mannes tun kann: das Problem offen ansprechen, sensibel damit umgehen und die Wünsche und Grenzen des Partners respektieren. Ja, das ist ein Balanceakt, aber die Mühe wert. Denn als Partner*in kann man wertvolle Unterstützung bei einem so sensiblen Thema geben.

Erektionsstörung: So sprichst du darüber

Potenzprobleme sind komplex. Als Partner*in musst du zwei Hürden nehmen: der Moment, in dem es passiert, und das Gespräch danach.

In der Sekunde, in der er keine Erektion bekommt, solltest du undramatisch, aber nicht gleichgültig reagieren. Nimm ihn ernst, ohne ihn mit Mitleid zu überschütten. Mitleid ist für die meisten Menschen schwer zu ertragen. Auch, wenn es erstmal seltsam klingt: Frag ihn offen, was er braucht. Klar, du kennst ihn gut, aber du kannst keine Gedanken lesen. Lass deinen Partner entscheiden, was ihm gut tut. Er will sich zurückziehen? Dann gib ihm Raum. Er will darüber reden? Dann sprich mit ihm. Er möchte Ablenkung? Dann öffne eine Flasche Wein und schalt den Fernseher an.

Versuche nicht, die Situation irgendwie zu retten oder schön zu reden oder ähnliches. Es ist vollkommen okay, wenn es sich in dieser Sekunde richtig scheiße anfühlt und ihr beide nicht die richtigen Worte findet. Halte das mit deinem Partner zusammen aus.

Wenn du später das Gespräch suchst, wähle einen entspannten Moment, aber warte nicht zu lang. Zwei Wochen später darüber zu sprechen, steigert meist nur die Anspannung. Setz dich zuhause mit deinem Freund oder Mann hin. Niemand möchte über so intime Probleme in einem Restaurant sprechen. Verzichte auf Vorwürfe und Schuldzuweisungen. Auch wichtig: Zeichne keine Horrorszenarien. Wenn dein Freund nicht direkt zum Arzt gehen will, sag nicht sowas wie "…aber dann kriegst du vielleicht NIE WIEDER einen hoch!" Die meisten Menschen reagieren auf Druck mit Gegendruck – das gilt nicht nur für Männer mit erektiler Dysfunktion.

Was du sagen kannst:

  • Potenzprobleme sind vollkommen normal

  • Ich liebe den Sex mit dir und wir kriegen das zusammen hin

  • Es ist mir wichtig, dass es dir gut geht

  • Deine Gesundheit ist kein Selbstläufer, sie braucht ein wenig Pflege

  • Eine Erektionsstörung ist kein Dauerzustand

  • Was würde dir helfen?

  • Was kann ich tun?

  • Was willst du in dieser Situation auf keinen Fall von mir hören?

Wie lange bleibt eine Erektionsstörung?

Es gibt keine Pauschalantwort auf die Frage, wie lange Erektionsstörungen anhalten. Ein maßgeblicher Faktor dafür sind die individuellen Auslöser, die dazu führen. Fakt ist: Medizinisch gesehen spricht man erst von einer erektilen Dysfunktion, wenn die Probleme länger als sechs Monate in mindestens 70 Prozent aller Fälle auftreten.

Wer also ein- oder zweimal keine ausreichend harte Erektion bekommt, leidet nicht unter Potenzproblemen. Auch deswegen ist es wichtig, deinem Partner deutlich zu sagen: Nur, weil sein Penis einmal nicht hart (genug) geworden ist, muss es nicht beim nächsten Sex wieder passieren.

Wie wird eine erektile Dysfunktion behandelt?

  • Behandlung der körperlichen Ursache(n):

Liegen körperlichen Ursachen, etwa Diabetes, vor, werden diese vorrangig, wenn nötig medikamentös behandelt.

  • PDE-5-Hemmer:

Medikamente, die gezielt gegen Erektionsstörungen zum Einsatz kommen, werden PDE-5-Hemmer genannt. Dazu gehört die "blaue Pille" alias Viagra. Diese Medikamente blockieren das Enzym Phosphodiesterase-5 (PDE-5), das unter anderem Botenstoffe abbaut, die zur Erschlaffung des Penis führen.

  • Psychotherapie:

Erfolgversprechend sowohl bei psychischen Ursachen der ED als auch ergänzend zur Behandlung körperlicher Ursachen.

Potenzprobleme: Was kann Frau noch tun?

Eine wertvolle Art der Unterstützung: Hilf deinem Partner, den passenden Arzt zu finden. Das Thema Potenzprobleme ist so sensibel, da sollte dein Mann nicht bei einem Quacksalber landen. Der Hausarzt macht die erste Anamnese und überweist dann, wenn notwendig, an einen Urologen. Beide Ärzte könnt ihr im Vorfeld sorgfältig aussuchen. In den meisten Fällen lohnt es sich, auch einen längeren Anfahrtsweg in Kauf zu nehmen.

Ein Vorschlag, den du deinem Freund unterbreiten kannst: Es gibt Erektionsstörung-Selbsttests, die Mann vor dem Besuch beim Arzt machen kann. Beatrix Roidinger beispielsweise ist Sexualberaterin und klinische Sexologin mit Spezialisierung auf männliche Sexualität. Sie ist Mitbegründerin von "Best Lover", einem Zusammenschluss aus Sexualberatern, Sexologen und Urologen. Dort kann Mann online einen kostenlosen Erektionsstörung-Selbsttest machen. Nach elf, schnell zu beantwortenden Fragen wird das Ergebnis diskret per Mail geschickt – inklusive einer ersten Einschätzung zu möglichen Ursachen des Problems und ersten Tipps. Auf dieser Basis kann weitere Hilfe gesucht und in Anspruch genommen werden.

Wann immer dich die Frage "Erektionsstörungen, was kann Frau tun?" umtreibt, frag deinen Freund, was er sich von dir wünscht.

Quellen