Das erste Lebensjahr

Schlafrhythmus bei Babys: Den Babyschlaf verstehen & verbessern

Wie sich der Schlafrhythmus deines Babys entwickelt und wie du ihn verbessern kannst, klären wir mit einer Expertin.

Baby schläft im Arm einer Frau.
Der Schlafrhythmus von Babys gehört zu den größten Herausforderungen für Eltern. Foto: iStock/Strelciuc Dumitru
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Es gibt diesen bekannten Ratschlag, denn alle Eltern (und vor allem Mütter) gesagt bekommen: "Schlaf, wenn dein Baby schläft". Was simpel klingt, ist in der Realität oft schwer umsetzbar. Denn zum einen können Mütter und Väter selten genau dann schlafen, wenn das Baby schläft, weil sie mit ihm in der Trage die Straße rauf und runter laufen, es nur im Kinderwagen bei absoluter Ruhe schläft oder neben dem Säugling einfach partout nicht einschlafen können. Zum anderen aber, haben Babys in den ersten sechs Wochen keinen zuverlässigen Schlafrhythmus.

Aber wann ändert sich der Schlaf des Babys und wie können Eltern ihn beeinflussen? Die Kinderärztin und Psychotherapeutin Dr. Dagmar Brandi aus Hamburg hat Antworten zu den wichtigsten Fragen rund um das Thema Schlafrhythmus bei Babys.

Babyschlaf verstehen: Wann entwickeln Babys einen Schlafrhythmus?

Die ersten sechs Wochen, also die Zeit des Wochenbetts, ist für Mütter eine herausfordernde Zeit mit vielen Unsicherheiten, die Überforderung und vor allem Übermüdung mit sich bringt. Eigene, individuelle Strukturen müssen erstmal erforscht und ausprobiert werden, einen Schlafrhythmus hat das Baby in dieser Zeit noch nicht. Lediglich der Schlafbedarf ist absehbar (siehe Infokasten).

"Erst mit sechs Wochen beginnen viele Babys einen Schlafrhythmus mit mehr Wachphasen am Tag und längeren Schlafzeiten n der Nacht zu entwickeln", sagt Dagmar Brandi. "Die Zeit vorher ist für viele Eltern anstrengend, weil ihr Baby gefühlt nie dann schläft, wenn sie selbst müde sind." Manche Babys schlafen um 21 Uhr ein und wachen um Mitternacht wieder auf, andere schlafen erst um Mitternacht ein und melden sich zwei Stunden später wieder.

Der Grund: "Alle körperlichen Vorgänge unterliegen durch Hormone gesteuert einem zirkadianen Schlaf-Wach-Rhythmus, der sich von der Geburt an allmählich an den Tag-Nacht-Rhythmus der Erwachsenen anpasst", erklärt die Kinderärztin. Hilfreich für das Einschlafen sind Ruhe und Rituale, um den Kindern Sicherheit zu geben. Je strukturierter und schöner die Wachphasen sind, desto entspannter kann es einschlafen.

Relativ verlässlich, ist der Schlafbedarf von Babys in den ersten Monaten:

Schlafbedarf von Babys in den ersten Monaten

Der Schlafbedarf von Babys ändert sich im Laufe der Entwicklung. "Der Schlafbedarf ist bei jedem Kind individuell verschieden", sagt Dagmar Brandi. "Die Eltern können ihn anhand eines Schlafprotokolls ermitteln."

Der Schlafbedarf in den ersten zwei Lebensjahren:

Neugeborene: 13 - 20 Stunden. Neugeborene schlafen in der Regel in Abständen von drei bis vier Stunden. Sie können 20 Stunden am Tag oder auch nur 13 Stunden schlafen.

0 – 3 Monate: 12 -19 Stunden. Mit 3 bis 4 Monaten machen die Babys zwei bis drei Tagesschläfchen.

Ab dem 4. Monat: 12 – 18 Stunden. Die Babys machen in der Regel zwei Schläfchen am Tag.

Ab 2 Jahren: 11 – 16 Stunden. Im 2. Lebensjahr machen die Kinder dann nur noch einen Mittagsschlaf.

Manche Kinder sind kleine Murmeltiere, andere Kurzschläfer – das bleibt meistens stabil, so Dagmar Brandi. "40 Prozent der Kinder können leicht abschalten und schlafen bei Müdigkeit ein, bei weiteren 40 Prozent erkennen die Eltern schnell, wie viel Begleitung sie ihrem Baby geben müssen, damit es sich regulieren lernt." Etwa 20 Prozent der Babys gelten als sehr reizoffen und bringen ihre Eltern an den Rand ihrer Belastbarkeit.

Wie lässt sich der Schlafrhythmus von Babys beeinflussen?

In den ersten Wochen muss das Baby ständig seine Energievorräte auffüllen und hat nur kurze Wachzeiten. "Bei Neugeborenen herrscht vor allem der aktive REM- Schlaf vor. Er ist ein Zeichen für intensive Hirntätigkeit", so Brandi. Manche Babys seien sehr ruhig im Wechseln von einer Phase zur anderen. Andere sind reizoffener und sehr unruhig oder schreien viel. "Eltern sind dadurch schnell verunsichert. Sie sollten dann ihrem Baby Nähe und Ruhe vermitteln, statt zu versuchen ihr Baby abzulenken", rät Brandi.

"Es ist wichtig, dass Eltern wissen, dass die biologischen Reifungsprozesse mit dem Aufbau des Nervensystems nicht beeinflussbar sind", betont die Kinderärztin Dagmar Brandi. Das bedeutet aber auch, dass Eltern ihren Babys helfen sollen, sich selbst regulieren zu lernen. "Diese Herausforderung mit einem schwierigen Baby müssen Eltern nicht allein bewältigen." Brandi rät dann zu einer Schlafberatung, die in allen Regionen kostenfrei unter www.elternsein.info in Anspruch genommen werden kann.

Einige Babys machen ihr Schlafbedürfnis immer wieder zu anderen Tages- und Nachtzeiten bemerkbar, andere entwickeln von selbst einen regelmäßigen Rhythmus.

Ab dem ersten großen Entwicklungsschritt im Alter von 3 Monaten haben Babys längere Wachzeiten am Tag. "Dies ist auch die Zeit der Reifung des Tag-Nacht-Rhythmus", erklärt Dagmar Brandi. Viele Eltern kennen das: Abends dreht das Baby noch einmal auf, obwohl es eigentlich müde ist. Was dann folgt, ist in der Regel eine abendliche Schreiphase, in der Babys das Gelernte verarbeiten.

Fazit: Richtig beeinflussen kannst du den Babyschlaf also nicht. Aber du kannst für bessere Bedingungen sorgen (Tipps dazu findest du weiter unten in diesem Artikel) und versuchen, die Zeichen deines Babys richtig zu deuten.

Der Schlafzyklus von Babys

Die Schlafphasen werden in Zyklen durchlaufen. Ein Zyklus dauert in der Säuglingszeit 20 bis 30 Minuten und nach sechs Wochen ca. 50 bis 90 Minuten. Während eines „Schläfchens“ werden mehrere Schlafzyklen durchlaufen:

  • relativ lange aktive oberflächliche Schlafphase, bekannt als "REM-Phase" (Rapid Eye Movement)

  • Übergangsschlaf,

  • ruhige Tiefschlafphase.

Gut zu wissen: Die Länge der Zyklen nimmt im Laufe der Monate und Lebensjahre zu. Der Schlafzyklus eines Erwachsenen dauert etwa 90 Minuten bis zwei Stunden. Die Fähigkeit, die Schlafphasen miteinander so zu verbinden, dass wir nicht wach werden, entsteht im Kindesalter. Ungünstiges Schlafverhalten behalten wir ein Leben lang, wenn wir es nicht früh mit Hilfe der Eltern lernen durften.

8 Tipps, wie du den Schlafrhythmus deines Babys verbessern kannst

Eltern können den Schlafrhythmus ihres Babys nicht direkt beeinflussen. Doch Mütter und Väter können dem Baby bei der Entwicklung eines Rhythmus' helfen, indem sie einem gewohnten Tagesablauf folgen. Babys und Kinder lieben Routinen und das können Eltern nutzen. Aber auch die äußere Umgebung spielt eine Rolle.

Dagmar Brandi hat 8 Tipps zur Verbesserung des Schlafrhythmus bei Babys:

  1. Den Schlaf beobachten: Anhand des 24 Stundenprotokolls können Eltern erkennen, wie groß das Schlafbedürfnis des Babys ist und ob das Kind eher eine Lerche (Frühaufsteher) oder eine Nachtigall (Langschläfer) ist. Dementsprechend können der Tagesschlaf und die Mahlzeiten früher oder später gegeben werden.

  2. Ruhige und reizarme Umgebung schaffen: In den ersten Wochen benötigen die alle Babys besonders viel Nähe, Ruhe und Geborgenheit. Die Ansprache mit Blickkontakt und die Berührung der Eltern kann das Gehirn des Babys verarbeiten. Zu viele Reizangebote mögen kurz ablenken, bewirken aber auf die Dauer eher das Gegenteil. Herunterfahren von zu vielen Reizen rechtzeitig vor der Nachtruhe fördert eine ruhige Nacht.

  3. Zu regelmäßigen Zeiten schlafen legen: Wenn sich der Schlafrhythmus des Babys allmählich etabliert, dein Baby also zu festen Zeiten sein Tagesschlaf macht, halte die Zeiten ein. Ein Baby, das am Tag in regelmäßigen Abständen an einem festen Ort geschlafen hat, schläft auch nachts besser. Doch Achtung: Ab 8 Monaten ist es wichtig, das Baby nicht mehr nach 17:00 Uhr schlafen zu legen, damit es abends zur Ruhe kommt.

  4. Schlafplatz nicht verändern: Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein Baby, welches an der Brust eingeschlafen ist und sich in anderer Position im Schlaf wieder findet, eher irritiert und ängstlich wird, weil etwas „anders“ ist. Jede Veränderung führt zu erhöhter Wachsamkeit.

  5. Fester Tagesablauf: Gebe deinem Kind Orientierung geben, indem du es an einen regelmäßigen Tagesablauf gewöhnst. Das beinhaltet u.a. feste Aufstehzeiten, Schlafenszeiten, Essenszeiten, Spaziergänge und Spielzeiten.

  6. Viel Tageslicht: Je aktiver die Kinder bei Tageslicht sind und je mehr Tageslicht sie bekommen, desto mehr wird im Gehirn von dem Schlafhormon Melatonin des Babys produziert.

  7. Begleitung beim Schlafen und Regulationshilfe: In der Zeit, in der das Baby selbständig wird, wachsen seine Trennungsängste. Dies kann mit neun Monaten das Einschlafen erschweren. Hier hilft das gestufte Trösten nach Brazelton, beim Beruhigen: Blickkontakt, das Baby ansprechen und anfassen (z.B. Hand auf Brust), Hände und Füße zusammenlegen, hochnehmen und wiegen. Schnuller, Flasche oder Brust anbieten. Jede Stufe sollte mindestens eine Minute lang ausprobiert werden.

  8. Müdigkeitszeichen erkennen: Etwa 40 Prozent aller Babys schlafen selbstständig ein, wenn die Eltern die Müdigkeitszeichen erkennen. Das Erkennen der Anzeichen verhindert auch, dass dein Baby bereits "über den Punkt kommt" und dann nur schwer in den Schlaf findet. Anzeichen für Müdigkeit sind Augenreiben, Gähnen oder "aus einer Unterhaltung aussteigen" (etwa, wenn Eltern Blickkontakt mit ihrem Baby haben oder mit ihm sprechen), indem das Baby seinen Kopf wegdreht.

Übrigens: Ob dein Baby nachts ausreichend Schlaf bekommt, merkst du, wenn es tagsüber munter, aktiv und ausgeglichen ist.

Einschlafhilfen für Babys: Sinnvoll oder nicht?

Nachts aufzuwachen ist für Babys normal. Ebenso natürlich ist es, dass es Babys manchmal schwerfällt einzuschlafen. Viele Hersteller bieten Einschlafhilfen für Babys an. Aber sind Gadgets wie elektrische Bettchen oder schnarchende Kuscheltiere sinnvoll?

Dagmar Brandi hat eine klare Meinung: "Das Schaukeln in einer Federwiege kann kurz beruhigen, aber auch aufregen, wenn die Wiege stillsteht. Jede Veränderung macht Babys wachsamer. Alle Hilfsmittel helfen nicht dem Baby, wenn die Wirkung nicht darin besteht, dass das Baby es nicht schafft, sich selbst zu beruhigen."

Die größte Sicherheit gewinnen Babys dadurch, dass sie die Erfahrung machen, dass die Eltern für das Baby da sind, wenn es Hilfe braucht, so Brandi. "Und, dass sie ihm durch ihre Begleitung auch die Möglichkeit geben, sich allein zu beruhigen. Was ebenfalls nicht zur Beruhigung dienen sollte, ist die Nahrungsaufnahme – es sei denn,

Daher ist von Einschlafhilfen eher abzusehen, denn Eltern können ihr Baby dabei unterstützen, leichter wieder in den Schlaf zu finden, in dem sie es wiegen, mit beruhigender Stimme reden (das kann auch vorlesen sein) oder singen.

Wann schlafen Babys durch?

"Babys müssen erst lernen, länger am Stück zu schlafen", sagt die Kinderärztin Dagmar Brandi. Eine längere zusammenhängende Schlafdauer beginnt mit 3 Monaten, bildet sich in der Regel ab einem Alter von sechs Monaten heraus. Im Alter von 12 Monaten klappt es dann noch besser und die Schlafzeit beträgt bei 80 Prozent der Babys 6 bis 8 Stunden am Stück.

"Allerdings ist Schlafen etwas Individuelles – auch bei Babys", gibt Brandi zu bedenken. Wenn also dein Kind keine sechs Stunden durchschläft im Alter von einem Jahr (oder älter), besteht erstmal kein Grund zur Sorge. Sind die Nächte aber für längere Zeit am Stück sehr unruhig und unterbrochen und Schlaftipps (wie etwa die oben erwähnten) helfen nicht, kann eine Schlafberatung sinnvoll sein.

Mehr zum Thema Babyschlaf findest du in diesen hilfreichen Büchern:

Schlafregression: Gibt es das wirklich?

Schlafregression bedeutet einen Rückgang oder Umkehr des Schlafs. Das Baby schläft nicht mehr zu gewohnten Zeiten ein, wacht öfter auf und ist unruhiger oder haben plötzlich Schwierigkeiten beim Einschlafen. Das ist völlig natürlich, denn generell verläuft der Schlaf deines Babys in den ersten zwei Jahren selten linear. Es kann auch sein, dass dein Baby auf einmal nicht mehr in der Trage schlafen möchte, sondern nur noch im Kinderwagen zur Ruhe kommt – oder umgekehrt.

"Die Hirnreifung bei Babys verläuft in Phasen, die vorübergehend zu Verhaltensveränderungen führen, die die Eltern verunsichern", erklärt Dagmar Brandi. Je älter die Babys werden, desto wichtiger sind die Wachphasen am Tag. Tagsüber macht das Baby neue Erfahrungen, die es im REM-Schlaf verarbeitet.

"Je nach Temperament des Babys, kann dies nachts zu großer Unruhe führen. Mit 8 Monaten schlafen viele Babys vor allem in der zweiten Nachthälfte nicht durch. "Für Eltern ist dies eine Schlafstörung – vor allem ihres eigenen Schlafs", sagt Brandi. Um herauszufinden ob eine Schlafstörung vorliege, helfe es, ein Schlafprotokoll zu führen. Aus dem lässt sich erkennen, wie das tatsächliche Schlafverhalten des Kindes ist. "Möglicherweise schläft das Kind nämlich doch ausreichend, nur nicht zu den Zeiten, die sich die Eltern wünschen."

Unsere Expertin

Dr. med. Dagmar Brandi ist Kinder- und Jugendärztin. Ihr Schwerpunkt ist u.a. Entwicklungsdiagnostik. Zudem bietet sie eine tiefenpsychologische fundierte Psychotherapie für Kinder und Erwachsene sowie integrative Eltern-Säuglings-Psychotherapie an. Dagmar Brandi ist zweite Vorstandsvorsitzende des Vereins "Von Anfang an e.V.", die sichere Eltern-Kind-Bindung durch Entwicklungspsychologische Beratungen fördert.

Artikelbild und Social Media: iStock/Strelciuc Dumitru