Warum ist es so schrecklich für uns, die eigene Stimme zu hören?

Warum ist es so schrecklich für uns, die eigene Stimme zu hören?
Warum ist es so schrecklich für uns, die eigene Stimme zu hören? Foto: Voyagerix / iStock
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Das ist der Grund, warum wir den Ton unserer eigenen Stimme nicht mögen

"Was? So klinge ich?!?" Wer seine Stimme auf einem Tonband hört, ist meist entsetzt: "Meine Stimme klingt doch ganz anders ... oder?" Warum wir es so schrecklich finden, die eigene Stimme zu hören...

Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: Weil wir es nicht gewohnt sind, unsere Stimme so zu hören. Alle anderen schon. Denn spielen wir anderen die Tonaufnahme unserer Stimme vor und fragen sie "Klinge ich immer so?", ist die Antwort meist "Ja."

Wir haben eine "innere" und eine "äußere" Stimme.

Wenn Menschen sprechen, wird der von den Stimmbändern erzeugte Schall über das Jochbein, den Unterkiefer und die Schläfe vom Knochen direkt ans Innenohr weitergeleitet. Muskeln und Gewebe dämpfen die Schwingungen und verändern so die Klangfarbe. Darum hören wir unsere eigene Stimme tiefer.

Dieser Effekt entfällt bei aufgezeichneter Sprache, denn ein Tonband zeichnet natürlich nur die "äußere" Stimme auf: Ohne die eigenen Schwingungen im Körper klingt die Stimme auf einmal ganz fremd.

Und diese "äußere" Stimme mögen wir oft so gar nicht, was hauptsächlich damit zu tun hat, dass wir diesen Stimmklang einfach nicht gewohnt sind und deshalb überrascht sind. Das Phänomen, dass wir weniger gewohntes nicht mögen (bzw. gewohntes eher mögen), nennt sich "Mere-Exposure-Effekt" und ist auch der Grund, warum wir uns selbst auf Fotos nicht leiden mögen. Aber es steckt noch mehr dahinter:

Die Macht der Stimme

Wer angenehm klingt, kommt bei anderen Menschen gut an: Untersuchungen belegen, dass der Gesamteindruck einer Person stark von der Stimme abhängt. Das Forsa-Institut befragte 1000 Männer und Frauen: Worauf achten Sie bei einem ersten Treffen? Immerhin gaben rund vierzig Prozent an, auf die Stimme zu achten. Noch wichtiger sind den Befragten bei einer neuen Bekanntschaft nur Gesicht und Kleidung.

"Ob wir wollen oder nicht: Unbewusst verbinden wir mit verschiedenen Stimmarten bestimmte Persönlichkeits-Merkmale”, bestätigt Sprecherzieherin Renate Schiffers aus Hamburg.

Menschen mit dünner Stimme hält man für unsicher. Sprecher, die näseln, gelten dagegen als arrogant oder weinerlich. Und Leute mit tiefen, warmen Stimmen wirken dafür besonders angenehm und glaubwürdig.

Hören wir unsere Stimme auf einem Tonband, bekommen wir plötzlich auch die "Außenwirkung" unserer Stimme mit. Rede ich echt so undeutlich? Habe ich so eine wackelige Stimme? Bin ich immer so schnell / laut / leise / schrill...?

So wie wir im Spiegel jeden kleinen "Makel" an unserem Aussehen entdecken (und zwar viel mehr Makel, die wir auch als viel schlimmer empfinden, als jeder andere Mensch sie an uns sieht), so hören wir auf einem Tonband auch jede vermeintliche "Schwäche" in unserer Stimme.

Aber so, wie wir unser Aussehen pflegen, können wir auch unsere Stimme pflegen:

Renate Schiffers erklärt: "Jeder kann mit etwas Technik und Übung eine klare Aussprache lernen. Jede Stimme ist ein individuelles Instrument.”

So trainierst Du deine Stimme

"Es gibt keine guten und schlechten Stimmen, sondern nur untrainierte und geschulte”, erklärt Sprecherzieherin Renate Schiffers aus Hamburg. Hier verrät sie Tricks für die richtige Schulung:

  • Die Stimme spiegelt Wohlbefinden oder Angst wieder. Auch Selbstsicherheit ist hörbar. Versetzen Sie sich vor dem Sprechen (bei einer Rede zum Beispiel) in eine gute Stimmung.
  • Haltung bewahren: Eine gerade Körperhaltung verhilft zu mehr Stimmvolumen. Vor dem Sprechen tief durchatmen und dann auf die eigene Körpermitte konzentrieren.
  • Die Kunst der guten Aussprache kann man täglich üben. Lesen Sie einfach fünf Minuten laut und deutlich. Achten Sie dabei auf Betonungen und Wortendungen.
  • Einen volleren Klang können Sie mit der Sirenenübung trainieren. Das geht so: gerade und locker hinsetzen und langsam in den Bauch hineinatmen, damit das Zwerchfell die Stimme unterstützen kann. Mit den Fingerkuppen leicht auf den Brustkorb trommeln: Beim Ausatmen Ooo-ööö-ooo-Töne ausstoßen. Etwa drei Minuten lang üben.
  • Sie sprechen zu schnell? Wenn Sie es nicht genau wissen, nehmen Sie ein Buch, und zählen Sie 120 Wörter ab. Lesen Sie diese, und stoppen Sie die Zeit. Sie sprechen ein normales Tempo, wenn Sie etwa eine Minute brauchen.
  • Gewöhnen Sie sich an, Ihre Stimme vor wichtigen Gesprächen aufzuwärmen, damit Ihre Stimmmuskeln gut schwingen. Singen oder sprechen lockert auf.
  • Mehr Stimmkraft bekommen Sie durch "Höflichkeitsgähnen” - das heißt: gähnen mit geschlossenen Lippen. So werden Hals- und Rachenraumgeweitet. Dieser Trick wirkt gegen einen verkrampften Kehlkopf.
  • Volkshochschulen bieten oft spezielle Kurse an. Gemeinsam in der Gruppe zu lernen macht Spaß und ist nicht so teuer wie Einzelstunden.