Zeitmanagement: Effektive Methoden von Cordula Nussbaum
Cordula Nussbaum gehört schon seit längerem zu den Koryphäen auf dem Gebiet des Zeitmanagement-Coachings. Statt eines starren Konstrukts geht es ihr darum, die richtige Methode für den jeweiligen Persönlichkeitstyp zu finden. Uns hat sie ihre besten Tipps verraten.
Cordula Nussbaum ist selbst am Konzept mit klassischen To-do-Listen gescheitert. Daraufhin hat sie sich nach einem Psychologie-Studium reichlich mit dem Thema Zeitmanagement für unterschiedliche Persönlichkeitstypen beschäftigt und neue Methoden entwickelt. Mittlerweile zählt sie zu den absoluten Experten.
Im Interview erklärt die Zeitmanagement-Koryphäe, worauf es wirklich ankommt.
Was ist der Kern des Konzepts?
Cordula Nussbaum: "Ich bin darauf gestoßen, dass es völlig schwachsinnig ist zu sagen, wie man sich organisiert, sondern jeder einen anderen natürlichen Stil hat und Methoden braucht, die zu seiner Persönlichkeit passen. Hinzu kommt: Wie ist denn mein Alltag überhaupt? Ist er sehr gut planbar oder erfordert er viel Flexibilität?"
Was ist die größte Herausforderung in Bezug auf Zeitmanagement in der heutigen Zeit?
Cordula Nussbaum: "Früher gab es viel klarere Strukturen und weniger Störfaktoren. Da haben die klassischen To-do-Listen gut funktioniert. Heute haben wir so viele Kommunikationskanäle und Prioritäten verändern sich sehr schnell, deshalb macht es oft überhaupt keinen Sinn mehr, langfristig zu planen. Stattdessen müssen wir mit dieser Agilität umgehen, um uns keine Zeitfresser aufzubürden."
Wie lässt sich diese Herausforderung meistern?
Cordula Nussbaum: "Ein Kernstück, wenn ich in die Tagesgestaltung gehe, ist, dass wir unsere Tage wesentlich luftiger gestalten. In dem Sinne, dass wir viel Raum lassen für Überraschendes, für Dinge, die im Laufe des Tages kommen und dann super Prio haben. Wenn ich mich zu eng takte, komme ich sonst in Stress und mache Überstunden."
Warum sind To-do-Listen nicht für jeden was?
Cordula Nussbaum: "Die Liste ist bei vielen Menschen so besetzt, dass sie denken, sie schreiben eine Liste und müssen die dann abarbeiten. Wenn das zu deinem Umfeld und deinem Organisationsstil passt, ist das auch völlig ok. Wenn du aber eher der kreative Chaot bist, wird dir die Liste nicht helfen. Dann stresst dich die Liste an sich so sehr, weil sie ganz schnell mit Dingen vollgeschrieben wird, die gemacht werden müssen, die du tun könntest, die du längst versprochen hast und was dir sonst noch einfällt. Und schon ist das Brainstorming mindestens 5 DIN A-4-Seiten lang. Wenn du dann denkst, du musst das alles abarbeiten, ist der Stress da, bevor er überhaupt kommt."
Welche Methode sollten wir statt der klassischen Liste verwenden?
Cordula Nussbaum: "Deshalb empfehle ich stattdessen eine reisende To-do-Sammlung zu machen. Mit der Idee, schreibe alles auf, was dir durch den Kopf schießt, halte alles fest. Hab aber nicht den Anspruch an dich selber, wenn etwas aufgeschrieben ist, musst du es auch tun, sondern sieh es wirklich als Sammlung mit der Idee 'Ich habe meine Aufgaben im Griff, ich habe es im Blick.'
Dann picke ich mir ein To-do raus, erledige das, kommt nichts Neues, picke ich mir das Nächste raus und kommt doch was dazwischen, ist es kein Problem, denn sie reisen immer mit mir. So kommen wir raus aus der Nummer, unerledigtes Zeug immer anpacken zu müssen.
Bei der Sammlung geht es darum das Hirn frei zu machen. Ich nenne die Sammlung auch gerne Could-do-Sammlung, um es noch mehr zu verdeutlichen."
Sie unterscheiden vier unterschiedliche Typen in punkto Zeitmanagement. Welche sind das?
Cordula Nussbaum: "Ja, ich arbeite mit vier Typen:
- Igor Ideenreich sprudelt über vor Ideen, sieht überall Chancen und Möglichkeiten und in Meetings ballert er ständig Ideen raus. Dieser Typ braucht viel Abwechslung. Veränderung ist sein Lebenselixier.
- Hanni Herzlich ist mitfühlend, empathisch und hilfsbereit. Sie blüht auf, wenn sie anderen Menschen helfen kann. Sie kann sehr gut zwischen den Zeilen lesen. Oft schütten Kollegen ihr das Herz aus, dass sie so viel zu tun haben, so dass sie ihnen hilft und ihre eigenen Projekte auf der Strecke bleiben.
- Ottmar Ordentlich liebt Ordnung, einen aufgeräumten Schreibtisch, ein ordentliches Zuhause, aber auch Zeitpläne zu erstellen und sich daran zu halten. Er mag Routine und alles, was sich bewährt hat.
- Doktor Anneliese Logisch legt viel Wert auf Zahlen, Daten und Fakten. Sie ist klar und kühl in der Kommunikation. Sie arbeitet gerne detailliert und hat Probleme, wenn Daten und Fakten fehlen.
Jeder von uns ist in einem oder auch zwei dieser Verhaltenstypen Zuhause und braucht deshalb spezielle Organisationsformen."
Welche Zeitmanagement-Bedürfnisse haben die einzelnen Typen?
Cordula Nussbaum: "Die Ottmars und Annelieses kommen mit klassischem Zeitmanagement gut klar, denn das Planende und Analytische liegt ihnen.
Igor und Hanni brauchen da eine andere flexiblere Form. Ein gewisses Gerüst ist zwar gut für sie, aber sie brauchen mehr Freiräume innerhalb fester Strukturen. Wenn die Strukturen zu fest sind, sind sie zu eingepfercht und sollten darüber nachdenken, wie sie sich jobmäßig verändern können, sonst ist der Stresspegel zu hoch.
Mindestens 70 Prozent des Arbeitstages solltest du mit Dingen verbringen, die zu dir passen."
Gibt es eine ultimative Zeitmanagement-Methode für alle Charaktertypen?
Cordula Nussbaum: "Der ultimative Tipp lautet: Finde deinen eigenen Weg. Das ist das, was die totale Entlastung bringt. Mir begegnen immer wieder Menschen, die sich an Methoden abarbeiten, die nicht ihr Ding sind. Hab den Mut, Dinge auszuprobieren und dann aber auch zu sagen, das funktioniert bei mir nicht. Diese Methode klappt nicht, ich suche weiter. Achte mehr auf dich, was sind deine Stressoren, dann weißt du auch, wo du Stress rausnehmen kannst."
Was ist Ihr persönlicher Lieblingstyp?
Cordula Nussbaum: "Einer meiner Lieblingstipps ist folgender: Setz dich mal hin und schreibe eine Not-to-do-Liste, also was möchte ich heute oder morgen (gerne in kleineren Etappen denken), nicht tun? Das klingt erst mal negativ, aber in dem Moment, wo wir Dinge streichen, sprich, Nein sagen lernen, kann es auf einen Schlag viel Ruhe und Gelassenheit reinbringen. Denke auch gleich darüber nach, was du mit dieser gewonnenen Zeit tust. Überlege, was gerade zu kurz kommt, wie einen schönen Herbstspaziergang, ein gutes Buch lesen, etc. Also bewusst, zum Beispiel nicht zum Elternabend gehen, sondern etwas für dich tun."
Wir danken Cordula Nussbaum für die tollen Tipps!
Die Zeitmanagement-Expertin gibt auch Online-Kurse. Die Auswahl siehst du auf ihrer Homepage.
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