2-Chlorethanol: So gelangt das tödliche Gift in unsere Lebensmittel
2-Chlorethanol ist hochgiftig und bei der Herstellung von Lebensmitteln verboten. Trotzdem gelangt es immer wieder hinein und es kommt zum Rückruf. Wie es dazu kommen kann und wie gefährlich es ist, erfährst du hier.
2-Chlorethanol hört sich erstmal nach Chemie an und dem Unterricht in der Schule. Der potentiell tödliche Stoff ist allerdings giftig und hat mitunter eine extreme Wirkung. Wieso er manchmal trotzdem in Lebensmittel gelangen kann und was du darüber wissen solltest, liest du im Artikel.
2-Chlorethanol: Giftiger Stoff, der in Lebensmitteln lauert
2-Chlorethanol klingt natürlich erstmal kryptisch, doch es ist tatsächlich ein Stoff, der es immer wieder in die öffentliche Aufmerksamkeit schafft. Er entsteht nämlich in Lebensmitteln und vergiftet sie. Wie ist das möglich?
Es gab vor langer Zeit ein Verfahren, das zur Sterilisation von Lebensmitteln eingesetzt wurde. Dabei wurden die Nahrungsmittel mit Ethylenoxid begast, um Bakterien, Pilze und andere Keime abzutöten. Das hat zwar erstmal ganz gut funktioniert, allerdings konnte sich in den Lebensmitteln dadurch etwas Gefährliches bilden: 2-Chlorethanol, auch unter dem Namen Ethylenchlorhydrin bekannt. Seit 1981 ist dieses Vorgehen bei Herstellern in Deutschland verboten.
Das aus dem Ethylenoxid gebildete 2-Chlorethanol ist ein Chlor-Derivat und eine Halogen-Verbindung. Wichtig für dich: Innerhalb derer ist es eine der giftigsten, die es gibt. So giftig, dass schon Menschen daran gestorben sind, wenn sie den Stoff über die Haut aufgenommen haben, was aber nicht beim Verzehr der Lebensmittel passieren kann.
Das Fiese an 2-Chlorethanol ist, dass es eigentlich einen eher angenehmen Geruch hat, der süßlich ist und an Äther erinnert. Viele bekannte Aromastoffe sind Äther, zum Beispiel Vanillin, Anethol (Anis - damit wird zum Beispiel Ouzo oder Raki aromatisiert) oder Eugenol (Gewürznelken-Geruch in Parfums).
Ein weiteres Problem - und das macht die Gefahr bei der Aufnahme über die Haut aus - ist die fehlende Reizwirkung auf der Haut. Du wirst also nicht von deinem Körper gewarnt, wenn es dort draufkommt. Außerdem ist der Stoff auch noch farblos und krebserregend.
Die Dämpfe lösen hingegen Reizungen der Augen und Schleimhäute aus. Allerdings kommen dann noch eine Lähmung des zentralen Nervensystems sowie Schäden an Leber und Niere hinzu. Aus toxikologischer Sicht ist 2-Chlorethanol also absolut gefährlich. Mehrere Studien wie diese japanischer Forscher haben zudem bewiesen, dass der Stoff auch eine leicht mutagene Wirkung hat - also zu Zellmutationen führen kann. Außerdem sind Ethylenoxid und 2-Chlorethanol erbgutverändernd. Einen Richtwert gibt es laut Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR) nicht, da jede Menge unerwünscht ist.
Bei all diesen schlimmen Dingen stellt sich dir vielleicht eine Frage: Wie kann so ein gefährliches Gift wie 2-Chlorethanol in unseren Lebensmitteln enthalten sein?
2-Chlorethanol: So gelangt es in Lebensmittel
Die Antwort ist denkbar einfach. Es liegt nicht an den deutschen Herstellern, sondern den Herstellern in anderen Ländern. Denn auch wenn das Begasungsmittel Ethylenoxid hierzulande schon längst verboten ist, ist es im Ausland eben oftmals noch immer der Standard. Das führt zur Verunreinigung durch die Entstehung von 2-Chorethanol, dadurch zum Nachweis und direkt im Anschluss zum Rückruf des betroffenen Produkts. Meist wenden Hersteller in Asien Ethylenoxid an, was dann zu den Rückständen in Lebensmitteln führt.
Betroffen von der Verunreinigung mit dem Gift 2-Chlorethanol sind hierzulande in erster Linie Gewürze und Produkte mit Verdickungsmitteln wie Johannisbrotkernmehl (E410) und Guarkernmehl (E412), aber auch bei Sesam aus Indien oder Gerstengraspulver aus China, wie die Verbraucherzentrale auflistet.
Diese Verdickungsmittel werden im Ausland oftmals mit Ethylenoxid begast und sterilisiert - aber dann nimmt das Unglück erst seinen Lauf. Guarkernmehl und Johannisbrotkernmehl kommen in erster Linie in Fertigprodukten zum Einsatz. Sind die Gifte enthalten oder es kommt bei einer Untersuchung der Verdacht auf, gibt es einen Rückruf.
Zudem soll laut SGS Analytics auch ein Problem mit Transportcontainern, wie sie auf Schiffen zum Einsatz kommen, bestehen. Diese werden mitunter auch mit Ethylenoxid begast und desinfiziert, wodurch es zu belasteten Lebensmitteln kommen kann, wenn diese darin transportiert werden. Daher können auch Lebensmittel mit Bio-Siegel das Gift als Rückstand enthalten. Aus diesem Grund gelten andere Desinfektionsmittel gegen Bakterien und Co. als besser geeignet im Umgang mit Lebensmitteln.
Da die beiden genannten Stoffe toxisch und gefährlich sind, gilt laut BfR für Sesam ein Grenzwert von 0,05 Milligramm Ethylenoxid und 2-Chlorethan zusammen pro Kilogramm der Samen. Sollte dieser Grenzwert erreicht, aber nicht überstiegen werden, wäre für Kinder ein Verzehr von mehr als 23,4 Gramm Sesam am Tag gefährlich, für Erwachsene hingegen 39,6 Gramm Sesam am Tag.
Werden 2-Chlorethanol oder Ethylenoxid in Lebensmitteln als Rückstände festgestellt und sind enthalten, werden sie daher in der Regel als nicht verkehrsfähig betrachtet und es kommt zum Rückruf, beispielsweise durch das Europäische Schnellwarnsystem RASFF.
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